Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod
Schuppen wie ein Glorienschein um seinen Kopf herum herunterrieselten. »Es hat keinen Sinn, jetzt darin herumzubohren«, erklärte er schließlich.
»Was du nicht sagst«, meinte Tomas Bengtsson. »Natürlich, das Geschehene kann nicht ungeschehen gemacht werden, aber manchmal ist es ganz heilsam, sich selbst ein bisschen kritisch zu betrachten.«
»Möglich«, bemerkte Meisser nachdenklich. »Aber was soll das bringen?«
»Diese Gerüchte von Kinderpornos waren ziemlich raffiniert, findest du nicht?«
Meisser schaute ihn an. Er wartete auf die Fortsetzung.
»Kinderpornobilder in Söderlunds Computer. Völlig unsinnig, auch wenn man natürlich nicht immer sagen kann, wer so alles Dreck am Stecken hat. Aber doch keine Kinderpornos bei Söderlund. Das passte irgendwie überhaupt nicht zusammen«, sagte Bengtsson noch einmal mit Nachdruck.
»Nein? Woher willst du das denn wissen?«
»Kann ich nicht sagen. Aber ich spüre es«, verdeutlichte Bengtsson.
»Mein Gott, was bist du feinfühlig!«
»Ja, denk dir nur! Aber sag mal – warst du das?«, er schaute Meisser dabei direkt an, der bloß verneinend den Kopf schüttelte.
»Warst du es?«, wiederholte Bengtsson.
»Nein, das war ich nicht.«
»Sicher?«
»Verdammt noch mal, Bengtsson. Hör auf! Wenn ich sage, dass ich das nicht war, dann war ich das nicht, und welchen Sinn hat es überhaupt, jetzt darin noch herumzugraben?«
»Wenn du es nicht warst und ich auch nicht, wer war es dann?«, blieb Bengtsson bei seiner Frage.
Der Wind hatte nachgelassen. Die glühende Abendsonne spiegelte sich in Meissers Pupillen, der Blick brannte, und es sah aus, als würden die Augen jeden Augenblick schmelzen.
»Dann muss es wohl Laura gewesen sein«, erklärte Meisser schließlich, und seine Stimme klang brüchig und leise. »Wenn es keiner der anderen Kollegen war, aber das erscheint mir kaum denkbar«, fuhr er fort, während er mit der Handfläche gegen den Schenkel klopfte. »Es wäre das Beste gewesen, wenn Söderlund aufgegeben hätte und abgehauen wäre. Manchmal ist es das Beste aufzugeben. Bestimmte Schlachten verliert man immer.«
»Ja, oder wir anderen hätten abhauen sollen«, warf Bengtsson ein.
»Stimmt, wie gesagt, manchmal ist es besser, abzuhauen, als sich einzubilden, dass man an der gleichen Stelle weitermachen kann. Auf jeden Fall, wenn es schon so weit gekommen ist, so krank …«
»Du gibst es also auch zu? Dass wir an einer kranken Arbeitsstelle gejobbt haben?«, fragte Bengtsson. »Und keiner von uns konnte herauskommen. Und weißt du warum?«
Meisser schüttelte den Kopf.
»Aber ich«, sagte Bengtsson und schien fast vor Erregung zu glühen. »Ich weiß, worum es ging, nämlich um etwas ganz Simples, das kannst du mir glauben. Es ging darum, dass wir alle von etwas Größerem geträumt haben. Von dem sinnlosen Kampf um Macht, darum, sich über die Menge zu erheben. Und war das eigentlich so ein erstrebenswertes Ziel? Keiner hat es erreicht, vielleicht Laura, aber wir wissen ja, was mit ihr passiert ist. Zum Teufel. Wir konnten nicht zusammenarbeiten, nur als es darum ging, Söderlund wegzumobben, waren wir alle drei teuflisch effektiv. Du, ich und Laura. Niemand konnte uns auseinander bringen, solange wir die Front geschlossen hielten. Aber ansonsten waren wir einsame Wölfe.«
»Mag schon sein«, nickte Meisser und klang dabei ziemlich müde. Das Bier war ausgetrunken. »Eigentlich alles ziemlich sinnlos«, fügte er dann hinzu.
»Ziemlich katastrophal würde ich eher sagen«, sagte Bengtsson. »Ich habe ein Leben auf dem Gewissen, und da denke ich erst einmal an Johan Söderlund. Vielleicht sind es sogar zwei. Genau wie du.«
Meisser schaute auf den Terrassenboden hinunter. Mehr wurde nicht gesagt.
Claesson ließ die Tasche auf den Flurboden fallen und spürte, dass sein Körper Erholung brauchte. Eine Joggingrunde wäre jetzt schön. Die kurze Radstrecke nach Hause reichte nicht, aber er konnte ja nicht gleich wieder abhauen, schon gar nicht, wenn er erst so spät kam.
Veronika lag fast auf dem Sofa. Der Fernseher lief, und ein Buch ruhte auf ihrem Nasenrücken. Doppelte Aufnahme, oder besser gesagt gar keine, denn sie schlief.
Er schaltete den manisch quatschenden Moderator ab, der putzmunter eine Antwort nach der anderen auf eine sinnlose Frage nach der anderen aus den Kandidaten hervorkitzelte. Quizsendungen in allen Ehren, aber es waren einfach zu viele geworden.
»Veronika«, sagte er, nahm das Buch weg und streichelte ihr
Weitere Kostenlose Bücher