Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod
paar Worte konnten die Situation vollkommen verändern, und diese Worte hatte sie formuliert. Sie hatte gesagt, wie es war. Gern hätte sie das umgangen.
Überhaupt gab es eine ganze Menge, was sie gern vermeiden würde. Als sie die Leiterin der Klinik wurde, hatte sie das Gefühl, einen Nachlass zu übernehmen, der verwaltet werden musste, ein Sammelsurium sowohl mit wertvollen Anteilen als auch weniger schönen Ingredienzen. Eines der größeren Probleme war jetzt gestorben. Dennoch überfiel sie die schreckliche Ahnung, dass das Problem damit nicht gelöst sein würde. Wenn sie hier fertig war, würde sie augenblicklich den Kollegen Carl-Magnus Meisser zu einem Gespräch aufsuchen.
Für den Bruchteil einer Sekunde schweiften ihre Gedanken ab, waren dann sofort wieder zurück auf der Station, in dem kombinierten Sprech- und Behandlungsraum, und sie registrierte, dass auf der Untersuchungsliege das Papier zerknittert war. Sie ermahnte sich selbst, nicht zu vergessen, es auszuwechseln, bevor sie ging. Mehr oder weniger nur um des Anscheins willen hatte sie den Patienten gebeten, sich hinzulegen, damit sie den Blutdruck messen und sein Herz abhorchen konnte. Beide Untersuchungen fielen normal aus, und etwas anderes hatte sie auch gar nicht erwartet. Es war dennoch gut, dass sie sich die Mühe machte. Der Patient freute sich, dass zumindest etwas so funktionierte, wie es sollte. Sie schaute auf ihre Schuhe hinunter. Weinrot mit einer kleinen goldenen Metallschnalle. Sie hatte Strumpfhosen genau im gleichen Ton gefunden. Ihre eine Schuhspitze stieß gegen den braunen Ecco-Schuh des Mannes. Er putzte sich die Nase. Seine Augen waren feucht geworden.
»Dann ist es wohl am besten, wenn ich nach Hause gehe«, sagte er. »Gesünder als jetzt werde ich wohl nicht mehr.«
Laura gab keine direkte Antwort, legte nur das Journal auf den Schreibtisch und ließ die Hände in den Schoß sinken.
»Aber Sie sind doch nicht allein zu Hause?«, fragte sie, obwohl sie wusste, dass dem so war, doch ein wenig Fürsorge konnte der Sohn ja wohl leisten.
»Doch, aber Pelle schaut manchmal rein.«
»Wenn Sie möchten, rede ich gern einmal mit Pelle, oder wenn er möchte«, sagte sie.
»Das ist nicht nötig. Ich werde mit ihm selbst reden«, sagte der Mann und stand auf.
»Sie wissen, wir sind immer für Sie da.«
Letzteres sagte sie wie eine Art Trost. Nachdem der Patient sie verlassen und die Tür hinter sich geschlossen hatte, diktierte sie schnell den Bericht und verließ dann die Station.
Das weit entfernte Geräusch von Sirenen eines Unfallwagens drängte sich mit einem heftigen Schmerz direkt in Tomas Bengtssons Kopf hinein. Er zwinkerte ein paar Mal, kniff die Augen zu und war gezwungen, eine kurze Pause in der Untersuchung zu machen, bevor der Peitschenhieb ausklang. Die Patientin merkte nichts. Sie lag auf einer Liege in dem nur schwach beleuchteten Untersuchungszimmer mit dem Rücken zu ihm und nacktem Po. Sie befanden sich im siebten Stock des Hauptgebäudes des Krankenhaustraktes, der insgesamt neun Stockwerke aufwies.
Plötzlich wurden die Sirenen abgestellt, und er wusste, dass der Wagen in die Notaufnahme hineingerollt war, aber das war auch egal, Hauptsache, dass der Blitzschlag in seinem Kopf abebbte, doch der zurückbleibende dumpfe, eher donnernde Schmerz war auch nicht viel besser. Er brauchte ein Migränemedikament, aber zuerst musste er die Untersuchung abschließen. Die Sonde wurde tiefer in den Darm hineingeführt, die Patientin protestierte vorsichtig, indem sie versuchte, die Pobacken zusammenzukneifen. Er bat sie mit sanfter Stimme, sich doch zu entspannen, und schaute sich die Dickdarmwände an, während er gleichzeitig die Sonde langsam zur Darmöffnung herunterzog.
»Immer noch leicht angeschwollene Darmschleimhaut«, erklärte er mit gepresster Stimme der Patientin. »Aber es sieht besser aus als beim letzten Mal. Die Entzündung hat sich gelegt. Ist noch nicht ganz gut, aber schon besser.«
Es kostete ihn eine fast unmenschliche Anstrengung, wie immer zu klingen, während es in seinem Kopf hämmerte. Jetzt kommt es wieder, merkte er und versuchte keinen Widerstand zu leisten, das hatte gar keinen Zweck, das wusste er. Ein Feuerwerk aufblitzender Lichter explodierte in seinem gesamten Blickfeld, und er zog die Sonde jetzt ganz heraus, gab sie seiner Assistentin, die ihn schweigend und neugierig musterte. Er war schon während des ganzen Vormittages nicht gerade sehr fröhlich gewesen, doch jetzt
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