Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod
würde keine Witterung von ihr aufnehmen. Sie konnte nicht sehen, in welche Richtung der Hund gelaufen war, und sie hörte ihn auch nicht, die entlaubten Zweige knackten und knarrten überall um sie herum.
Der Mann drückte seine Zigarette aus, stellte sich in die Türöffnung und pfiff kurz. Offenbar hatte der Hund das erledigt, was er zu erledigen hatte und wollte wieder hinein. Nicht einmal der Hund kümmerte sich um sie.
Niemand kümmerte sich mehr um sie.
Sie atmete aus, drehte endlich um, wobei sie noch einen letzten Blick in Lauras Wohnzimmer warf. Sie sah die Frau in dem bauschigen Hausanzug mitten im Raum zusammen mit einem Mann stehen. Wo kam der her? Sie war so mit dem Hund beschäftigt gewesen, dass sie nicht mitbekommen hatte, dass jemand gekommen war.
Er stand mitten im Zimmer, trug eine aufgeknöpfte, schwarze Steppjacke, sein rotblondes Haar sah so zerzaust aus, als habe er gerade seine Mütze abgenommen. Das Gesicht war verkniffen! Kein Wunder! Lena sah in letzter Zeit meistens verbissene Gesichter. Niemand war von Herzen froh.
Lena wusste, wer der Mann war, ganz sicher. Sie hatte ihn nie kennen gelernt, ihn nur von weitem gesehen, als sie einmal in der Stadt gewesen waren und Johan ihr seinen Feind gezeigt hatte. Wenn sie sich nicht irrte, dann war das Tomas, der Mann, der vielleicht davonkommen würde. Er war auf einen Sessel gesunken, verbarg das Gesicht in den Händen und saß ganz still da. Laura strich ihm unkonzentriert über den Kopf.
Louise Jasinski fuhr Erika nach Hause, die schweigend neben ihr saß. Es war spät geworden, Nebel hatte eingesetzt. Um die Straßenlaternen war der Schein zu matten Lichtbällchen geworden. Der Asphalt kam in den Fahrspuren zum Vorschein, schwarz in breiten Rinnen zwischen dem schmutzigen Schnee.
»Das können auch kleine Eierdiebe gewesen sein«, sagte Louise Jasinski und wandte sich an Erika, während sie am Kvantum vorbei Richtung Stadt fuhren. »Obwohl das kein Dumme-Jungen-Streich mehr ist, sondern eher ein Mord«, fügte sie hinzu und merkte selbst, wie stark sie dieses Wort immer noch beeindruckte.
Mord, Totschlag, Tötungsabsicht, umbringen.
»Ja, sicher«, sagte Erika und sah die jungen, hart angespannten Gesichter vor sich, Gesichter von Jungen und jungen Männern, die zu früh verhärtet worden waren. Keine ermunternde Vorstellung.
Sie freute sich auch nicht gerade auf das, was sie wohl zu Hause erwartete. Rickard hatte nur einen Zettel vorgefunden, auf dem sie ihm mitteilte, dass es wohl spät werden würde. Das hatte sie mit einem einfachen E unterschrieben. Kein Küsschen oder Bussi davor, und sie überlegte, ob er diese subtile Botschaft wohl verstehen würde.
Es war nicht mehr weit, sie kamen an der Bibliothek und der Schwimmhalle vorbei. Ihr war kalt, sie bohrte die Nase in ihren Schal und warf einen Blick aus dem Autofenster. Eine schlanke Frau überquerte die Straße. Sie hatte langes, dickes Haar, das ihr bis auf den Rücken hing und mit den fast springenden Schritten im Takt hüpfte. Erika verfolgte den Rücken der Frau, bis diese in einer Seitengasse verschwand. Irgendwie hatte sie das Gefühl, als kenne sie sie von früher. War das nicht diese arme junge Witwe, deren Mann überfahren worden war?
Erika konnte nicht einmal ihre Dienstjacke ausziehen, bevor er schon anfing.
»Wo zum Teufel bist du gewesen?«, fragte er mit Verhörstimme und stellte sich ihr breitbeinig im Flur in den Weg.
»Bei der Arbeit«, antwortete sie trotzig und schaute ihm störrisch in die Augen. »Übrigens, willkommen daheim, erst einmal!«
Diesmal gebe ich nicht klein bei, dachte sie und ballte die Fäuste.
»Da kommt man nach Hause, und du bist natürlich nicht da«, sagte er, machte einen Schritt auf sie zu und nahm gleich wieder seine bedrohliche Körperhaltung ein, die Arme wie Schläger herabhängend, und sie hörte, wie sein Atem laut durch die Nasenflügel strich.
Die kurzen Ärmel seines weißen T-Shirts schienen in seine aufgepumpten Oberarme einzuschneiden. Der Brustkorb hob und senkte sich, die Muskeln schwollen an und wurden hart, die Augen verengten sich und wurden dunkler. Der Blick war nicht so leicht zu ertragen, er war rabenschwarz und sagte ihr, dass sie diesmal nicht so einfach davonkommen würde. Dieses Mal nicht. Er schaute sie schweigend an, er verzog keine Miene, und da fiel ihr ein, dass sie anders aussah als vor ein paar Tagen, als er abgefahren war. Das Haar war anders, und dass sie diese Veränderung ausgerechnet
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