Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod
werdende Mutter wünschte vaginal zu gebären.
»Ich möchte so gern, dass Claes herkommt«, bat die werdende Mutter, die Veronika Lundborg hieß. »Es ist sein erstes Kind.«
»Geben Sie mir seine Telefonnummer, dann versuche ich ihn zu erwischen. Ich muss Sie nur erst untersuchen«, sagte die Hebamme und holte sich einen Plastikhandschuh. »Und ziehen Sie die Unterhose aus«, erklärte sie, worauf die werdende Mutter brav gehorchte. »So, ja, und jetzt legen Sie die Hände unter den Po und spreizen die Beine.« Sie beugte sich vor und führte vorsichtig die Finger in die Scheide, ganz tief, so dass die Fingerspitzen auf den Kopf stießen, dann tastete sie den Gebärmutterhals ab: im Großen und Ganzen verstrichen, zwei bis drei Zentimeter geöffnet, fast zentral.
Die werdende Mutter jammerte, kniff die Augen zusammen, sagte aber nichts.
»Wir haben noch ein bisschen Zeit«, sagte Yvonne, zog die Hand heraus und warf den Plastikhandschuh fort. »Der Gebärmutterhals ist verstrichen, und die Gebärmutter hat angefangen, sich zu öffnen, aber der Kopf steht noch ziemlich weit oben. Das Kind springt noch nicht gleich raus.« Sie lachte, und ihr Lachen wurde unterstützt von der Hilfsschwester, die lächelte, worauf Veronika erleichtert war.
»Vielleicht können wir dann noch Claes auftreiben«, sagte sie hoffnungsvoll, und dann wurde sie wieder ganz ernst, schloss die Augen und versuchte die nächste Wehe zu bewältigen, die über sie hinwegrollte.
Die Frau war unter einer Tanne gefunden worden, als es draußen noch hell war. Von Kindern, was besonders schlimm war, mit Sicherheit kein schöner Anblick.
Kriminalkommissar Claes Claesson und Inspektorin Louise Jasinski standen nebeneinander, hoben die untersten Zweige hoch und leuchteten mit ihren Taschenlampen über den toten Körper, der zum Teil aus dem Schnee ausgegraben worden war. Die tote Frau hatte nur ein Kleid an, ein dünnes Kleid ohne Ärmel, das eher aussah wie ein Nachthemd, das am Körper klebte. Keine Strümpfe, keinen BH und auch keine Unterhose und keine Schuhe. Vielleicht lagen die Schuhe ja irgendwo unter der Schneedecke. Ihr Gesicht war halb nach oben gewandt und zerfetzt. Geronnenes Blut, schwarzbraune Flecken um mehrere offene Wunden am Hals. Das Alter war schwer festzustellen. Vielleicht in den Dreißigern, aber möglicherweise auch jünger oder älter.
Sie sagten nichts.
»Wo sind die Kinder«, fragte Claesson schließlich.
Einer der Polizisten, die als Erste am Tatort gewesen waren, zeigte auf das nächstgelegene Mietshaus und erklärte, dass sie dort bei ihren Eltern seien. Zwei Jungs so um die sechs Jahre.
»Gut. Dann fangen wir da an«, sagte er zu Louise, die zustimmend nickte, dann gingen sie beide zu dem Haus.
»Kannst du sagen, wann es zuletzt geschneit hat?«, fragte er, als sie sich dem Hauseingang näherten.
»Ich habe auch gerade daran gedacht. Das ist schon eine Weile her«, antwortete sie, nahm die Mütze ab und schüttelte das Haar. »Wir werden nachfragen.«
Claessons Handy klingelte. Er schaute auf den Display, kannte die Nummer aber nicht.
»Hier Claesson«, meldete er sich, sagte dann nichts mehr, blieb wie angewurzelt stehen.
Louise hatte bereits eine Hand auf der Türklinke, als sie bemerkte, dass Claesson nicht mehr neben ihr war. Sie drehte sich um und ließ die Tür los.
»Was ist denn?«, fragte sie, begriff aber sofort. »Ist es Veronika?«
»Ja«, bestätigte er, »sie rufen aus dem Krankenhaus an.« Er schaute sie verzweifelt an. »Was mach ich denn jetzt?« Vollkommen überfordert breitete er hilflos die Arme aus.
»Fahr hin«, sagte sie.
»Aber das hier«, sagte er, nickte in Richtung Haus und sah wirklich aus, als hätte man ihm die Butter vom Brot genommen und alle Taschen ausgeräumt. »Wir haben schließlich einen Mord hier«, sagte er und war immer noch nicht in der Lage, sich vom Fleck zu rühren.
»Hau ab«, sagte Louise, ging entschlossen auf ihn zu und packte ihn am Arm. »Nun verschwinde endlich. Ich schaffe das schon. Lundin kommt bestimmt auch gleich«, erklärte sie, drehte ihn um hundertachtzig Grad und gab ihm einen kräftigen Schubs, so dass er ein paar Schritte vorwärts stolperte und dann weiter zum Auto ging. »Und viel Glück!«, schrie sie ihm noch nach.
Er drückte fest mit dem Daumen auf die Klingel und hörte, wie ein langes Läuten auf der anderen Seite der Tür widerhallte. Er wusste nicht, wie es da drinnen aussah, Veronika und er waren nicht zu der allgemeinen
Weitere Kostenlose Bücher