Lust kennt kein Tabu
ist nur – ich hatte das Gefühl, du würdest mich verurteilen.“
„Ich kümmere mich um dich. Weil ich dich kenne. Manchmal glaube ich, dich besser zu kennen als du dich selber.“
„Aber du bist es, die mich mit Nicholas bekannt gemacht hat! Und jetzt drängst du mich dauernd, ich soll es mit Wendell treiben. Welchen Sinn ergibt das denn?“
Plötzlich drehte Alexis sich um und zog ihren Rollkragen nach unten. „Willst du wissen, warum ich so ein Top trage? Deshalb! Weil der Sex mit Brock so verdammt heiß ist! Schau dir diesen Knutschfleck an!“
Das tat Zienna. Doch sie entdeckte noch etwas, das – wie Fingerabdrücke aussah? „Was ist das?“, fragte sie besorgt.
„Ein Riesenknutschfleck.“
„Und die anderen Spuren? Hat er dich so fest gewürgt?“
Alexis senkte die Wimpern und zerrte den Rollkragen hoch.
„Was machst du nur?“, stöhnte Zienna. „Hast du ihm das tatsächlich erlaubt?“
„Es war wunderbar. Aufregend.“
„Oh, mein Gott!“
„Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich lebendig.“
Entgeistert starrte Zienna ihre Freundin an. „Du sagst, du kennst mich besser als ich mich selber. Nun, ich kenne dich . Und das bist nicht du, Alex. Erst nimmst du Drogen und jetzt lässt du dir auch noch von einemKerl wehtun …“
„Das ist mein neues Ich.“
„Was?“, flüsterte Zienna und schüttelte den Kopf.
„Schau mich nicht so an! Wie du gesagt hast – in manchen Dingen können wir uns nicht einigen.“
Resignierend zuckte Zienna die Achseln. „Okay, du hast recht. Solange du weißt, was du tust …“
„Das weiß ich. Alles unter Kontrolle.“
„Gut. Gehen wir wieder hinein zu unserer Pediküre?“
Ein paar Sekunden verstrichen. Dann wandte Alexis sich zur Tür. Zienna folgte ihr in den Salon und hoffte, sie würden sich bald wieder vertragen.
Nicht nur das bereitete ihr Kummer. Sie misstraute der Behauptung ihrer Freundin, sie hätte alles im Griff. Plötzlich hatte sie schreckliche Angst um Alexis.
Ganz eindeutig – Brock übte einen sehr gefährlichen Einfluss auf ihre beste Freundin aus.
Am Montag ging Zienna etwas früher zur Arbeit, um mit Donald zu telefonieren. Sie hatte mehrmals auf seinen Anrufbeantworter gesprochen, aber nichts von ihm gehört. Deshalb fürchtete sie, er würde seine Drohung wahr machen und vor Gericht gehen. Inzwischen hatte sie beschlossen, sie würde ihm die Kosten für die bisherige Therapie selber ersetzen, da Margaret nicht dazu bereit war.
Einen langwierigen, unangenehmen, teuren Prozess wollte Zienna vermeiden, selbst wenn sie vermutlich mit einem Freispruch rechnen konnte. In ihrem Büro holte sie Donalds Krankenblatt hervor, suchte seine Telefonnummer und rief ihn wieder einmal an.
Nach dem zweiten Läuten meldete er sich. „Hallo?“
„Hi, Donald.“ Ihr Puls raste. „Hier ist Zienna Thomas, Ihre Kinesiologin.“
„Ach ja.“
Das klang nicht unfreundlich und beruhigte ihre strapazierten Nerven ein wenig. „Was die beiden kostenlosen Behandlungen betrifft, die Ihnen angeboten wurden, habe ich nichts von Ihnen gehört. Ich wüsste gern, ob Sie damit einverstanden sind.“
Nun entstand eine Pause, und Zienna hielt die Luft an.
„Nein“, erwiderte Donald, „dieses Angebot möchte ich nicht akzeptieren.“
„Nein?“, wiederholte sie schweren Herzens.
„Nicht aus den Gründen, die Sie vermuten, Miss Thomas. Ich – ich habe mit den Übungen angefangen, die Sie mir vorgeschlagen haben. Und ich fühle mich besser.“
„Tatsächlich?“ fragte sie vorsichtig und wagte kaum, Hoffnung zu schöpfen.
„Ja, sogar viel besser.“
„Großartig!“ Zienna atmete maßlos erleichtert auf. Da ihr ein Prozess erspart blieb, fiel eine bleischwere Last von ihrer Seele. „Warum haben Sie mich nicht zurückgerufen?“
„Um ehrlich zu sein – weil ich mich geschämt habe. Bei unserer letzten Begegnung war ich so unhöflich zu Ihnen. Und deshalb – wollte ich dieSache einfach auf sich beruhen lassen.“
„Ich habe verstanden, warum Sie wütend waren, Donald.“
„Nett von Ihnen, das zu sagen. So freundlich waren Sie immer zu mir, und Sie haben meinen Wutausbruch sicher nicht verdient.“ Sein leiser Seufzer klang ziemlich zerknirscht. „Ständig hat meine Exfrau mir meinen Jähzorn vorgeworfen. Und ich glaube, ich muss ihr zustimmen.“
Ja, sein unbeherrschtes Temperament hatte die Schmerzen zweifellos verstärkt. Doch das wollte Zienna nicht erwähnen. „Nun, es freut mich, dass es Ihnen besser geht, und
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