Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition)
Polizei und die Hoffnung, dass diese ihr in irgendeiner Weise helfen
konnte. Sybille war sich nicht sicher, ob es überhaupt eine juristische
Möglichkeit gab, gegen solche Schweinereien im Internet vorzugehen. Denn schließlich
hörte man doch immer wieder, dass sich das weltweite Netz praktisch noch in einer
rechtlichen Grauzone befand.
Sybille schnaubte verächtlich.
Hatte sie nicht selbst ihre Schülerinnen und Schüler immer wieder vor den Gefahren
des Internets gewarnt? Und hatte nicht sie selbst in regelmäßigen Abständen
sachkundige Polizisten in ihren Unterricht geladen, damit diese den jungen
Heranwachsenden eindringlich ins Gewissen redeten, jegliche Angriffsfläche auf
den einschlägigen Plattformen zu vermeiden? Vor diesem Hintergrund war es doch
geradezu eine Ironie des Schicksals, dass es nun ausgerechnet sie selbst
erwischt hatte.
Ohne es bewusst wahrzunehmen,
nestelte Sybille bereits seit geraumer Zeit an den Knöpfen ihrer Bluse herum, mit
dem Ergebnis, dass sich zwei der mittleren Knöpfe bereits deutlich gelockert
hatten und, lediglich noch an einem dünnen Faden hängend, gewillt waren, mehr
und mehr den Gesetzen der Schwerkraft zu folgen. Gott war das alles peinlich! dachte sie sich zum wiederholten Male. Was nur würde Hauptkommissar Büttner von
ihr denken, wenn sie ihm das pikante Foto präsentierte? Bei diesem Gedanken
krampften sich die Finger ihrer rechten Hand so fest um ihr Tablet, als könnte
es ihr dadurch gelingen, dieses verdammte Bild aus dem mobilen Computer herauszupressen.
Zuerst die Sache mit dem Slip, dann das peinliche Eingeständnis, auf Raffael
Winter hereingefallen zu sein – und nun sollte sie dem Kommissar auch noch
freiwillig einen Blick zwischen ihre Schenkel gewähren!
Sybille schaute nervös den Gang
hinab, ohne dabei jedoch von den Knöpfen ihrer pinkfarbenen Bluse abzulassen.
Noch war Zeit zu gehen. Noch hatte sie niemandem etwas gesagt. Noch konnte sie
der hochnotpeinlichen Situation entgehen. Doch schon im nächsten Augenblick sah
sie Hauptkommissar Büttner im Gespräch mit seinem Adlatus Hasenkrug um die Ecke
biegen und direkt auf sie zukommen. Sofort schoss ihr in einer heißen Welle das
Blut ins Gesicht, und sie erhob sich wie auf einen geheimen Befehl hin von der
Bank, auf der sie Platz genommen hatte – mit dem Ergebnis, dass sich genau in
dem Augenblick, als Kommissar Büttner vor ihr stand und ihr zur Begrüßung die
Hand hinstreckte, zwei Knöpfe von ihrer Bluse lösten und mit einem leisen Klickern
zu Boden fielen. Da die Bluse aber über ihren ausladenden Brüsten sowieso schon
recht eng bemessen gewesen war, sprang sie jetzt auseinander und bescherte den
Polizisten einen unfreiwilligen Blick auf den darunter zum Vorschein kommenden,
mit Blümchen gemusterten Büstenhalter.
Während
Hasenkrug peinlich berührt auf seine Fußspitzen starrte und seinerseits rot
anlief, räusperte sich Büttner nur kurz und sagte dann: „Frau ... ähm, was kann
ich für Sie tun?“ Doch statt einer Antwort sackte Sybille wie ein Häufchen
Elend auf die Bank zurück und gab sich einem erneuten Weinkrampf hin.
Eine Packung Kleenex und drei
Tassen beruhigenden Kamillentee später sah sich Sybille Ravensburger endlich in
der Lage, den Kommissaren mitzuteilen, was ihr auf dem Herzen lag. Zwar wurde
sie inzwischen von einem hartnäckigen Schluckauf gequält, der ihre mühsam
hervorgebrachten Sätze regelmäßig in einem Hicks! enden ließen, aber
Büttner war froh, dass sie in der Sache endlich weiterkamen. Weinende Frauen
waren ihm ein Gräuel, er hatte damit noch nie umzugehen gewusst. Seine Tochter
Jette war das natürlich nicht verborgen geblieben, und sie hatte es weidlich
ausgenutzt. Sobald ihr Vater ihr einmal einen Wunsch versagte, schaltete sie
ihre Sirene ein, was in der Regel nach nicht allzu langer Zeit Früchte trug und
sie im Laufe ihres Lebens – davon war Büttner überzeugt – zu einem der mit
allem modernen Firlefanz am besten ausgestatteten Teenagern von ganz
Ostriesland gemacht hatte.
„Sie werden also erpresst, Frau
... Rabenberg“, sagte er, während Sybille mit beschämt vor der Brust
verschränkten Armen vor ihm saß.
„Ravensburger“, korrigierte sie
ihn schniefend und nickte.
„Können Sie sich vorstellen von
wem?“
„Ich kenne nur ... er nennt sich Geile
Kröte .“
Während Büttner sich sichtlich
bemühte ernst zu bleiben, bekam Hasenkrug gerade noch die Kurve, indem er sein
lautes Herausprusten als einen plötzlichen
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