Lustakkorde - Ostfrieslandkrimi (German Edition)
Straflager wären da wohl angebracht, denke
ich.“
Durch das darauf einsetzende
Gelächter angezogen, schob im nächsten Moment der Direktor des Gymnasiums,
Hermann Meenders, den Kopf zur Tür herein. „Oh“, rief er erstaunt, „wir haben
hohen Besuch!“ Mit ausgestreckten Armen lief er auf Büttner zu und reichte ihm
die Hand. „Darf ich fragen, was wir für Sie tun können?“
„Der will Frau Ravensburger
verhaften“, rief diesmal Mareike.
„W-was?“ Der Direktor schaute
irritiert von einem zum anderen.
„Ja“, rief Renke, „weil sie auf
übelste Art die Schüler beleidigt!“
Sybille zog den Kopf ein. Mit
solch einer Eskalation hatte sie nicht gerechnet.
„Ich wollte Magdalena Fehnkamp
wegen einer wichtigen Zeugenaussage aufs Präsidium bitten“, überhörte David
Büttner die Bemerkungen und wandte sich an den Direktor. „Ich hoffe, Sie haben
nichts dagegen.“
„Nein. Nein, überhaupt nicht“,
beeilte sich Meenders zu sagen und nickte Magdalena zu als Zeichen, dass sie
jetzt gehen könne. „Und“, fügte er dann mit zusammengekniffenen Augen hinzu,
„Frau Ravensburger sowie Renke und Mareike möchte ich bitte sofort in meinem
Büro sehen.“ Er drehte sich auf dem Absatz um, um den Raum zu verlassen, als er
im nächsten Moment auf einen weiteren Gast prallte, der ihn mit seinem
beachtlichen Körpergewicht beinahe zu Fall brachte.
„Moin“, sagte Onno Fehnkamp knapp,
schob den Direktor wie ein lästiges Insekt beiseite und steuerte, ohne nach
links und rechts zu schauen, schnurstracks auf seine Tochter zu, die sich
gerade erhoben hatte und sich anschickte, mit den beiden Polizisten den Raum zu
verlassen. Er fasste sie hart am Arm und brüllte: „Und du kommst jetzt sofort
mit nach Hause, sonst ...“
„Sonst was?“, rief Hauptkommissar
Büttner mit schneidender Stimme dazwischen und bedeutete Hasenkrug mit einem
Blick, den Vater von der Tochter zu trennen.
Onno Fehnkamp starrte den
Polizisten an wie eine Erscheinung, während alle anderen um ihn herum die Luft
anhielten. Hier wurde heute ja was geboten! schien der ein oder andere
Blick der Schüler zu sagen. Verdattert ließ Fehnkamp vom Arm seiner Tochter ab,
ohne dass Hasenkrug zur Tat schreiten musste.
„Und Sie, Herr Fehnkamp“,
bemerkte Büttner gallig, „Sie knöpfe ich mir mit Vergnügen vor, wenn ich Ihre
Tochter befragt habe. Halten Sie sich bitte zu unserer Verfügung.“ Er musterte
ihn abschätzend von oben bis unten und fügte dann schnaubend hinzu: „Sie
scheinen ja heute sowieso frei zu haben. Bestimmt waren Sie auf dem Weg zu
Ihrer Frau, die ja so unglücklich die Kellertreppe hinuntergefallen ist,
nicht wahr?“ Das Wort Kellertreppe schien in der Art, wie Büttner es aussprach,
eine ganz neue Bedeutung zu bekommen, die sich den Anwesenden im Raum jedoch
nur vereinzelt erschloss.
„Ich ... schicke dann mal einen
Vertretungslehrer“, stammelte ein nun vollends verstörter Direktor Meenders vor
sich hin und bedeutete Sybille Ravensburger sowie Renke und Mareike ihm zu
folgen. Auch Büttner und Hasenkrug verließen, Magdalena im Schlepptau, den
Klassenraum und ließen einen völlig perplexen Onno Fehnkamp inmitten der gaffenden
Schülerschar einfach stehen.
25
Das Leben von Katharina Eckstein
war wahrlich kein Zuckerschlecken gewesen. In den letzten Jahren aber, nach dem
Tod ihres pervers veranlagten Ehemannes, hatte sie sich mit ihrem Dasein
arrangiert. Hier mal ein paar Zigaretten, da mal ein wenig Alkohol zuviel. Das
war, so befand sie angesichts ihres unglücklichen Karmas, akzeptabel. Es
könnte alles noch viel schlimmer kommen hatte sie sich, ihren gemachten
Erfahrungen entsprechend, zum Lebensmotto erkoren – und im Stillen gehofft,
dass es das nicht würde.
Doch nun war es soweit. Das Leben
schlug wieder erbarmungslos zu und ließ ihr keine Chance auszuweichen. Nervös
nestelte Katharina an ihrer Zigarettenschachtel herum. Diese verdammten Finger!
Von Tag zu Tag zitterten sie ein wenig mehr, manchmal gelang es ihr kaum noch,
ihre Bewegungen zu kontrollieren. Sie wusste, dass dies eine Folge ihres
ungezügelten Alkoholkonsums war. Sei’s drum. Vor vielen Jahren schon hatte ihr
schleichender Suizid begonnen, und er würde sie bis zum Ende ihres beschissenen
Lebens begleiten. Jeder ist seines Glückes Schmied schoss es ihr durch
den Kopf. Pah! Katharina fluchte leise vor sich hin. Irgendwann, in einem
fernen Leben, hatte auch sie sich noch eingebildet, viele Eisen im Feuer zu
haben, die sie nach
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