Lustnächte
Amtsenthebung und ging nach Axat. Saunière allerdings wandte sich an Rom und wurde wieder in seine Ämter eingesetzt. Ohne dass der Bischof erfuhr, was er wissen wollte. Er muss einflussreiche Fürsprecher gehabt haben. Und wenn Boudet sich nun an den neuen Bischof wandte, musste Saunière befürchten, dass er plaudern würde.“
„Deine Ansichten decken sich mit dem, was Madame Junot uns bereits erzählte.“ Pierre lehnte sich an die Wand. „Glaubst du, dass Saunière sie alle auf dem Gewissen hat?“
„Gut möglich.“ Jean-Luc zuckte die Achseln. „Andererseits …“
„Was?“
„Wusstest du, dass seine Haushälterin schon Tage vor seinem Tod einen Sarg für ihn bestellt hat? Warum? Er erfreute sich doch ganz offensichtlich bester Gesundheit.“
„Bist du sicher?“
„Allerdings. Die Rechnung für das Teil existiert noch. Und zwar im Original.“
„Dann könnte sie es gewesen sein, die nachgeholfen hat. Aber ich weiß nicht, wie sie die anderen Morde inszeniert haben sollte.“
„Ich glaube, sie ist nur für den von Saunière verantwortlich. Saunière starb 1917. Frankreich befand sich mitten im Ersten Weltkrieg und Saunière scheint mir zu dieser Zeit bereits ein wenig größenwahnsinnig geworden zu sein, was seine Geldausgaben betrifft. Vielleicht war es die einzige Möglichkeit, die die Dénarnaud sah, ihn zu stoppen. Aber ich bin sicher, dass alle beide nur die Handlanger bei diesen ganzen Morden waren. Die Auftraggeber sind an ganz anderer Stelle zu suchen.“
„Der Vatikan?“
„Das glaube ich nicht. Auch wenn man dort ein berechtigtes Interesse daran haben muss, dass dieses Geheimnis um den Schädel nicht die Runde macht. Aber ich bin sicher, dass hier eine andere Organisation, die nicht weniger mächtig ist, dahintersteckt.“
„Da fällt mir nur der Orden von Sion ein, falls er tatsächlich immer noch besteht.“
„Genau das. Dieser Orden lässt sich bis in die Zeit Salomons zurückverfolgen. Ich denke, dass er die Jahrhunderte überdauert hat. Und mit ihm das geheime Wissen um diesen Schädel.“
„Dazu würde sogar der Autounfall von Corbu in den 1950erJahren passen, als er herumposaunte, er habe das Geheimnis des Abbé Saunière entdeckt.“
„Eben.“
Pierre lief ungewollt eine Gänsehaut über den Rücken.
„Vielleicht sollten wir niemandem erzählen, zu welchem Schluss wir gekommen sind. Ich habe nicht vor, allzu frühzeitig das Zeitliche zu segnen.“
„Seit wann hast du denn die Hosen voll? Ich erkenne dich in den letzten Tagen kaum wieder. Seit wann weißt du überhaupt, was moralische Bedenken sind?“
„Ich habe keine moralischen Bedenken.“
„Na also.“
Aber Pierre spürte deutlich, dass Gefahr im Verzug war. Er war kein Feigling. Doch da war schließlich noch Beatrix. Und ihr durfte auf keinen Fall ein Leid geschehen. Wenn der Rest der Christenheit feststellen sollte, dass ihr Glaube im Nirwana versank, dann war ihm das egal. Genau wie seine Sicherheit. Aber nicht die von Beatrix.
Es dämmerte bereits, als Pierre den Geländewagen in Madame Junots Einfahrt manövrierte. Jean-Lucs Sportwagen parkte am Straßenrand. Fast hätte Pierre vor Freude, Beatrix gleich wiederzusehen, den Mann zwischen den Häusern auf der anderen Straßenseite nicht bemerkt. Doch ein zweiter Blick in den Rückspiegel sagte ihm, dass er diesen Typ im schwarzen Anzug sehr wohl kannte. Kein Zweifel. Es war der Kerl, der sie schon einmal beobachtet hatte. Ein Spanner. Na, dem würde gleich das Lachen vergehen.
„Geh schon mal rein. Ich hab noch was zu erledigen.“
Er musste Jean-Luc nicht zweimal bitten. Schließlich wartete drinnen Beatrix. Vielleicht nicht sehr klug in Anbetracht der Dinge, aber er hatte ein deutliches Wörtchen mit diesem Kerl zu reden, bevor er sich in Luft auflöste. Niemand bespitzelte Beatrix und ihn. Er ging durch Madame Junots Garten, schlug einen weiten Bogen über zwei Gartenzäune hinweg, überquerte die Straße hinter der Kurve und brachte sich durch die Gärten auf der anderen Straßenseite in den Rücken des Mannes. Der Kerl stand noch immer dort, beobachtete Madame Junots Haus und telefonierte. Zumindest so lange, bis Pierres schwere Pranke auf seine Schulter niederdonnerte, ihn herumriss und mit einer ordentlichen Geraden auf das Kopfsteinpflaster schickte. Pierre packte ihn am Jackenaufschlag und hob ihn mühelos hoch. Der schwarz gekleidete mit dem Priesterkragen verlor den Boden unter den Füßen. Dafür konnte Pierre ihm jetzt in die
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