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Lustnebel

Lustnebel

Titel: Lustnebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Paul
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Selwick wackelte entschuldigend mit dem Kopf. „Vergebt mir, Lady Rowena. Man ist beim Yard uneins über diese Möglichkeit.“ Seine Miene drückte Bedauern aus. Rowena wollte etwas sagen, doch sie fühlte, dass jedes weitere Wort nur zu einem Tränenausbruch führen würde. So nickte sie dem anderen Mann grüßend zu und lief an den beiden vorbei zu ihrer Mutter, die die schluchzende Ophelia stützte und tröstete.
    Mit Haltung die Bestattungsfeierlichkeiten zu überstehen, kostete Rowena mehr Kraft, als sie glaubte zu besitzen. Und nun noch die Information, dass ihre Freundin an einer Vergiftung gestorben sei. Vom ersten Moment an hatte Rowena Claires Tod in Verbindung zum Hellfire Club gesehen. Sei es, weil Claire allein durch die Straßen wanderte und so ein leichtes Opfer für Räuber abgab, oder weil ein Gespiele  ihr Gewalt antat. Die Möglichkeit einer Vergiftung zog sie selbstverständlich nicht in Betracht. Doch dies verstärkte ihren Verdacht gegen den Hellfire Club .
    Rowena rieb sich über die geröteten, geschwollenen Augen. Seit Tagen schlief sie kaum, und wenn, dann erwachte sie aus Träumen, in denen Claire ihren Namen schrie. Es war Rowenas Schuld. Ihre Selbstvorwürfe drückten sie schier nieder, hingen wie schwere Bleigewichte an ihren Füßen. Eisige Stiche durchfuhren ihr Herz. Sie fühlte sich geistig und körperlich gelähmt. Hätte sie nur nicht dem Hausmädchen im Hellfire Club vertraut! Vielleicht hatte ihre Cousine zu diesem Zeitpunkt in einem der Räume gelegen und verzweifelt auf Rowenas Hilfe gewartet. Claires Zofe war ein weiteres Puzzleteilchen zu dem ganzen Unglück gewesen. Offenbar hatte ihr jemand eine gefälschte Nachricht zukommen lassen. Die gutgläubige Dienstbotin vertraute der Botschaft und deckte Claire, sodass die Täter genug Zeit gehabt hatten, alle Spuren zu verwischen und die Angehörigen in Sicherheit zu wiegen.
    Alle mochten Claire. Rowena verbesserte sich: Alle hatten ihre Cousine gemocht. Trotz all ihrer Fehler war sie ein liebenswertes Geschöpf gewesen. Rowena schluckte. Man glaubte ihrer Geschichte von dem Versuch, den schnellsten Heimweg herauszufinden. Claire, so vermutete man, sei dabei Straßenräubern in die Hände gefallen. Ihre Freundin war tot, und niemandem war geholfen, käme nun die Wahrheit ans Licht. Im Gegenteil, Claires und der Ruf ihrer gesamten Familie wäre ruiniert. Nein, Rowena konnte nicht die Wahrheit aussagen, und sie hätte auch keine hilfreichen Informationen liefern können. Eine Adresse, maskierte Menschen und ein blinder Butler. Welch nutzlose Hinweise! Sie sah zum Sarg und beobachtete einen blonden Mann, der dort auffällig lange stand. Als er sich umdrehte, stockte Rowena der Atem. Silbermaske! Der Anführer aus dem Hellfire Club , der Mann, der Claire und sie ihren Mitspielern zugeführt hatte. Ihr Magen schien sich zu verknoten, und die Kapriolen riefen Sodbrennen in Rowena hervor. Sie zwang den sauren Geschmack hinunter und hob mehrmals zu sprechen an, ehe sie die Worte hervorpressen konnte: „Dieser Mann dort, bei … am Sarg, wer ist das?“
    Agatha Coinsworth, eine Freundin ihrer Mutter, sah hoch. „Oh, das.“ Sie blinzelte Rowena verschwörerisch zu, offensichtlich hielt sie Rowenas Interesse für romantischen Ursprungs. „Passable Partie, Liebes, das ist Sir Geoffrey Turnbull. Sehr reich, beste Familie, ich könnte euch einander vorstellen, wenn du möchtest.“
    Geistesgegenwärtig nickte Rowena. „Aber nicht hier und heute, Lady Coinsworth“, bat Rowena. Aufgeregt beobachtete sie den Mann, der sich diskret in den Hintergrund zurückzog, ganz wie jemand, der aus Sympathie und Mitgefühl bei einer Aufbahrung erschien.
    Was, wenn er Claire ermordete hatte? Wenn er gekommen war, um sein Werk zu begutachten? Oder nachzuprüfen, ob alle Spuren beseitigt waren?
    Oder um zu sehen, ob Claires Begleitung anwesend war? Ob er sie ebenso erkannte hatte wie sie ihn? Sie zwang sich, Haltung zu bewahren. Sie konzentrierte sich ganz auf die einfachsten Handlungen. Kopf hoch, Schultern zurück, Brust raus und durchatmen.
    Es hatte einen Vorteil, eine junge Lady in Gesellschaft zu sein: Sie stand jederzeit unter Beobachtung. Er konnte ihr gar nichts antun, wenigstens nicht, ohne sich selbst zu verraten. Sie weigerte sich, auf das leise Stimmchen zu hören, das sie darauf aufmerksam machte, Claires Status hatte diese auch nicht vor einem elenden Tod bewahrt.
    Rowena entdeckte eine alte Freundin abseits der anderen Trauergäste. Froh,

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