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Lustnebel

Lustnebel

Titel: Lustnebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Paul
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fühlte sich heiß an. Ihr Kopf schmerzte, und sie war durstiger als vorher. Ihre Augen brannten, und so blinzelte sie. Ein Pferd galoppierte die Straße aus Richtung Finsthworth heran. Selbst auf die Entfernung erkannte sie, dass es sich um Chayton handelte.
    Sie beobachtete den scharfen Ritt, den Chayton von seinem Hengst forderte. Er wirkte wie verwachsen mit dem Pferderücken. Als er sich vorbeugte, verdeckte er für einen Moment den Kopf des Reittieres, und nun schien ein menschlicher Oberkörper mit einem Pferdeleib verschmolzen. Der Gedanke eines Zentauren drängte sich Rowena auf. Bestimmt entstanden auf diese Weise die Legenden von wilden Wesen, halb Mann, halb Pferd. Wie die Beobachter damals stiegen in Rowena Faszination und Unbehagen hoch. Sie schüttelte über die Eingebungen den Kopf. Weshalb sollte sie Chaytons Anblick mit unguten Empfindungen erfühlen? Sie rappelte sich auf, auch weil es langsam unangenehm wurde, im feuchten Gras zu hocken.
    Sie setzte sich wieder in Bewegung, der nasse Stoff klebte an ihrer Haut, und obwohl sie eine ganze Weile im Gras gesessen hatte, war sie kein bisschen erholt. Sie quälte sich Schritt für Schritt nach Barnard Hall zurück.
     
    „Mylady!“ Cain stürzte ihr entgegen, als sie die Eingangshalle betrat. „Meine Güte, hattet Ihr einen Unfall? Seid Ihr wohlauf? Benötigt Ihr einen Arzt?“
    Erschöpft ließ sie zu, dass er ihr den Mantel abnahm und ein Dienstmädchen herbeirief. „Ich brauche ein heißes Bad und Tee. Und meine Ruhe. Ich wünsche, bis morgen früh nicht gestört zu werden“, wies sie Cain an.
    Sie humpelte in ihre Gemächer und wurde dort von Helen, ihrer neuen Zofe, empfangen. „Das Bad ist jeden Moment bereit, Mylady. Wollt Ihr einstweilen eine Tasse Tee?“ Helen stand bereits am Tisch, wo eine Silberkanne auf einem Stövchen wartete.
    „Unbedingt, Helen. Doch erst möchte ich aus den nassen Kleidern heraus“, entgegnete Rowena und zog sich mit Helens Hilfe nackt aus. Sie seufzte erleichtert, als die letzte nasse Kleiderschicht zu Boden fiel. Während Helen sich bückte und die Schmutzwäsche aufsammelte, gab Rowena einen behaglichen Laut von sich und schlüpfte in Pantoffel und Morgenmantel.
    Sie ließ sich auf den Stuhl am Fenster sinken und nippte an ihrem Tee. Sie schloss ihre Hände um die Tasse und wärmte sie am warmen Porzellan. Der herb-orangige Geruch stieg Rowena in die Nase, und die Vertrautheit des Aromas entspannte sie so sehr, dass sie, müde und erschöpft wie sie war, erst merkte, dass Helen neben ihr weilte, als diese sie anredete.
    „Lady Windermere, Euer Bad ist bereit“, sagte sie und senkte ihren Kopf.
    Rowena lächelte und trank den letzten Schluck Tee.
    Im Waschraum dampfte in der Wanne parfümiertes Wasser. Rowena schnupperte, während sie den Morgenmantel von ihren Schultern gleiten ließ. Der kühle Baumwollstoff wurde ihr von Helen abgenommen.
    „Rose und Lavendel?“, vergewisserte sich Rowena.
    „Jawohl, Mylady. Ich habe ein Fläschchen Badeöl im Schrank gefunden“, gestand Helen.
    Rowena drehte sich zu dem rothaarigen Mädchen um, das erwartungsvoll ausharrte.
    „Wunderbar, Helen“, lobte sie.
    Die junge Zofe strahlte erleichtert. „Kann ich noch etwas für Euch tun, Mylady?“
    Rowena hob ihr Bein und versenkte ihren großen Zeh im Wasser der Wanne, ehe sie hineinstieg. In leichten Wellen umschmeichelte das Wasser Rowenas Schenkel, als sie in die Wanne glitt, schmiegte sich das duftende Öl wie ein samtiger Schleier um ihren Körper. Sie seufzte genießerisch, ehe sie sich an Helen wandte. „Sei so gut und bring mir den Tee hierher“, bat sie ihre Zofe.
    „Sofort, Mylady.“ Helen entschwand, und Rowena lehnte sich zurück. Rosen-Lavendel-Duft durchzog den Raum, und die blumige Note umgarnte sie. Die Wärme des Wassers und der Geruch entfalteten ihre Wirkung. Rowenas Muskeln entspannten sich, Schläfrigkeit überkam sie. Sie bewegte ihre gespreizten Finger durch das Wasser, sah zu, wie das Badewasser am Wannenrand kleine Wellen schlug, wie die so ruhige Oberfläche ungleichmäßige Muster bildete.
    Helen tauchte auf. Sie stellte Teekanne und Tasse auf einem Beistelltisch neben der Wanne ab, schenkte die Tasse voll und verschwand nach einem Knicks. Rowena hörte sie eine Weile lang im Nebenzimmer herumrumoren.
    Rowena griff nach der Tasse und trank. Im Warmen, die drängendsten Bedürfnisse befriedigt, empfand sie sich in der Lage, den Nachmittag Revue passieren zu lassen. Alice und Wilson

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