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Luther. Die Drohung

Luther. Die Drohung

Titel: Luther. Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Cross
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sondern nur
mit schwarzen Schlieren überzogen.
    Luther schaut in die Speisekammer. Konserven. Er schaut in die
Schränke. Töpfe und Pfannen. Er schaut in den hohen Schrank direkt neben der
Küchentür. Ein Flaschen-Sterilisierungs-Set.
    Mehrere Flaschen. Alle geschwärzt.
    Er öffnet den Kühlschrank. Und dort, so gut wie unbeschädigt, stehen
Reihen um Reihen von Milchfläschchen für Babys.
    Er nimmt eins der Fläschchen aus dem Kühlschrank. Schüttelt es. Hält
es sich direkt vors Gesicht. Aber er sieht es durch einen Schleier.
    Sein Herz schlägt.
    Er durchsucht den Kühlschrank. Ganz hinten findet er eine Tafel
Schokolade, halb aufgegessen. Zahnabdrücke.
    Ein Feuerwehrmann führt ihn durch eine verstärkte Tür hinunter in
den Keller. Luther spürt das Gewicht des Hauses über sich. Sie tasten sich
einen dunklen, stark verrauchten Korridor entlang. Er konzentriert sich auf
seine Atmung, fürchtet, hier unten in Panik zu geraten.
    Sie gelangen zu einem Raum, der möglicherweise einmal eine
Lagerkammer für Gemüse war. Eine weitere verstärkte Tür.
    Der Feuerwehrmann öffnet sie.
    Ein Bett. Ein Bücherregal.
    Luther betrachtet die Bücher. Von Wasser beschädigt. Er weiß, dass
er sie ungern ohne Handschuhe anfassen würde. Er glaubt nicht an Geister, aber
es scheint ihm, dass Dinge, die mit menschlichem Leid vollgesogen sind, Spuren
davon in sich tragen.
    Er verlässt den schrecklichen Keller, sein Atem geht schnell und
laut in seinen Ohren. Er eilt die Treppe hinauf und ins Freie. Das Wasser aus
den Löschschläuchen bildet einen Nebel über seinem Kopf. Überall sind rutschige
Schlammpfützen. Ein Hubschrauber über ihm.
    Hinter einem Regenbogen im Nebel steht Rose Teller. »Irgendwas?«
    »Er ist weg. Mia ist bei ihm.«
    »Gut, danken wir Gott für kleine Gaben.«
    Er grummelt etwas. Betrachtet die Rauchschwaden, die vom Haus
aufsteigen, sich ausbreiten und immer dünner werden vor dem blassen Zelt des
Londoner Himmels.
    »Er wird London verlassen müssen«, sagt Luther.
    »Glauben Sie, der Sohn kann uns helfen? Uns sagen, wohin er sich
wahrscheinlich wendet?«
    »Madsen hat ihm nichts gesagt.«
    Er runzelt die Stirn.
    Er betrachtet die Hundeleichen, die wie Pilze überall auf dem nassen
Rasen verteilt sind.
    Er hält sich eine Hand vor den Mund.
    Er geht zur nächsten Hundeleiche.
    Er kniet sich hin.
    Ihm schießt etwas durch den Kopf – eine Erinnerung, neben der Leiche
eines Hundes zu knien, eines gelbbraunen Hundes, eines Retrievers in einem
seltsamen Flur. Und dann ist die Erinnerung – wenn es eine Erinnerung war –
wieder verschwunden.
    Dieser Hund, ein Pitbull Terrier, wurde an der Schulter von einem
Schuss getroffen. Danach ist jemand von der Armed Response Unit herübergelaufen
und hat ihm eine Kugel durch den Kopf gejagt, als Gnadenakt.
    Die Kugel ist durch den Schädel des Hundes in den Boden gedrungen.
    Der Hündin fehlt auf einer Seite ein Stück der Oberlippe. Aber das
ist eine alte Wunde, längst verheilt. Ihre Schnauze ist verstümmelt.
    Luther streckt einen Zeigefinger aus, fährt ihr damit übers Fell. Sie
ist noch warm. Er spürt es durch den Latexhandschuh.
    Ihre Brust und ihre Flanken sind kreuz und quer mit alten Narben
übersät.
    Er tätschelt die Hündin liebevoll. Er streicht gegen die
Wuchsrichtung ihres Fells. Spürt den leichten, angenehmen Widerstand.
    Dann geht er durch den Garten zu einem anderen Hund: hellbraun mit
einer weißen Blesse. Die Kugel hat ihm das halbe Gesicht zerfetzt. Es ist
unmöglich, irgendwelche Vernarbungen darauf zu erkennen. Aber ein ganzes
Geflecht von Narbengewebe überzieht seinen Rücken und seine Rippen. Er hat schwere
Verletzungen an den Hinterläufen.
    Der dritte Hund hat mehr von einem Staffordshire als von einem
Pitbull. Luther hat eine Schwäche für Hunde, so wie Reed für alte Soldaten. Vor
allem für Staffies. Staffies verfügen über Eigenschaften, die Luther bewundert.
Ein Staffie würde bis zum Tod kämpfen, um ein Kind zu beschützen. Er beißt zu
und lässt nicht mehr los.
    Luther trottet ums Haus herum zur Doppelgarage. Er geht hinein.
Findet Käfige voller panischer, weißäugiger Hunde. Sie springen am Gitter hoch.
Sie fletschen die Zähne. Sie rollen die wahnsinnigen, blutrünstigen Augen.
    Sie bellen nicht.
    Luther beobachtet sie. Er verspürt die perverse Versuchung, eine
Hand durch die Stangen des Käfigs zu stecken. Nur um zu sehen, was sie damit
machen.
    Dann dreht er sich um und geht.
    Teller wartet in dem Rechteck aus

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