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Luther. Die Drohung

Luther. Die Drohung

Titel: Luther. Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Cross
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dass sein Verhalten Howie verstört hat. Aber er wird es ihr
auf dem Weg zum Holloway-Gefängnis erklären. Wenn es sein muss, wird er sich
entschuldigen.
    Er erreicht das Auto. Kein Schlüssel in seiner Tasche.
    Als er sich umdreht, sieht er DS Howie auf der Betongalerie, nur ein
Schatten in der nebeligen Finsternis. Sie telefoniert. Vermutlich ist es ihr
nicht bewusst, aber sie geht auf und ab.
    Das Auf-und-Ab-Gehen ist das Zeichen.
    Luther weiß, dass er in Schwierigkeiten steckt.
    Er duckt sich in die dunkleren Schatten der Siedlung und eilt davon.
    Fünf Minuten später ist er in der Lavender Hill Road.
    Nach weiteren drei Minuten sitzt er in einem Taxi unterwegs zum
Holloway-Gefängnis.
    Caitlin kennt die Bar nicht, Café Piccolo . Sie war
noch nie hier. Das Lokal hat ein altmodisches, italienisches Flair, eher
kitschig als retro. Es ist voll mit früher Abend- und After-Work-Kundschaft.
    Sie setzt sich in eine Ecknische und nimmt sich eine Flasche Wein
vor. Beim dritten Glas denkt sie darüber nach, Carol anzurufen, sie zum
Ausgehen zu überreden und Spaß zu haben. Aber sie weiß, wenn Carol tatsächlich
vor ihr steht, wird sie zusammenbrechen. Und sie könnte Carol nicht sagen,
warum. Und das wäre nicht gut.
    Sie steckt ihr Handy weg.
    Sie überlegt, nach oben zu flitzen, ein Päckchen Silk Cut zu kaufen,
sich auf eine Bank zu setzen und es leer zu rauchen. Sie entscheidet sich
dagegen. Draußen ist es kalt und hier drinnen warm, sogar ein wenig schwül.
    Der Kellner wirft ihr neugierige Blicke zu, als der erste Besoffene
sie anmacht und fragt, ob sie auf jemanden wartet oder einfach einen schlechten
Tag hatte.
    Es klingt, als würde noch eine Pointe kommen, aber es kommt keine.
Er will nur das Terrain erkunden, versucht herauszufinden, ob sie sitzen
gelassen wurde, ob sie so eine Psychotussi ist.
    Sie antwortet mit einem vernichtenden Blick, und er verpisst sich
wieder zu seinen Kumpels.
    Caitlin kocht innerlich, während sie weitertrinkt, dann gibt sie
sich Mühe, das Mitgefühl eines Samariters aufzubringen. Sie schaut zu ihm
hinüber und deutet ein reumütiges Winken an. Es soll »Entschuldigung« heißen,
aber so kommt es nicht rüber, es kommt rüber wie ein Siegeswinken.
    Caitlin wird ganz heiß vor Scham und sie trinkt noch einen Schluck
Wein. Sie spürt jetzt, wie er schwer in ihrem Magen herumschwappt.
    Sie denkt an die Daltons, die eine elfjährige Tochter haben.
    Sie verdrängt den Gedanken.
    Sie scrollt durch ihre Kontakte, wohl wissend, dass sie kurz davor
steht, einen Kardinalfehler zu machen. Aber irgendwas muss sie tun. Mit
irgendjemandem muss sie reden. Also ruft sie Gavin an.
    Er meldet sich mit: »Hey, Cate. Was geht?«
    Sie hasst die Art, wie er das sagt. Sie bereut jetzt schon, ihn
angerufen zu haben. Aber was soll sie sonst machen?
    »Hey, Gav«, antwortet sie.
    »Na«, sagt Gav.
    »Na«, sagt sie. »Wie läuft’s bei dir so?«
    »Megastressig. Arbeit und alles. Bei dir?«
    »Megastressig.«
    »Okay«, sagt Gavin. »Also …«
    »Also, ich bin in dieser Bar«, sagt sie, »einer Trattoria.«
    Sie artikuliert das Wort ›Trattoria‹ übertrieben deutlich, als wäre
es eine Art Insiderwitz zwischen ihnen. Das ist es nicht.
    »Okay«, sagt er.
    »Und ich bin ein bisschen angetüdelt«, fährt sie fort, »ein kleines
bisschen woo-hoo, und ich dachte, ich ruf mal an und sag hallo. Also: hallo!«
    »Okay«, sagt er, »es ist nur so, …«
    Sie will nicht hören, was danach kommt, denn es beinhaltet, dass Gav
mit ihr Mitleid hat; er hat seine Kumpels da oder irgendein Mädel oder beides.
Gav hat Spaß, denn Gav liebt es, Spaß zu haben.
    Sie will etwas Zickiges und Sarkastisches sagen, aber ihr fällt beim
besten Willen nichts ein. Also sitzt sie einfach da, mit ihrer
Griechische-Göttin-Hochsteckfrisur und dem iPhone in der Hand, und will mit ihm
die Ungeheuerlichkeit des Geheimnisses teilen, in das sie eingeweiht wurde. Die
Dinge, die vielleicht genau jetzt, in genau dieser Sekunde, bei einer Familie
namens Dalton geschehen, zu der ein elfjähriges Mädchen gehört.
    Sie hat sich genügend unter Kontrolle, um »Tschüs!« zu sagen und
aufzulegen, womit sie ihn völlig baff und insgeheim erfreut über den Nervenzusammenbruch
zurücklässt, den sie als Folge ihrer Trennung durchzumachen scheint.
    Sie leert ihr Glas und lässt sich die Rechnung bringen. Kann sich
nicht mehr an ihre PIN-Nummer erinnern. Sie muss den Kellner bitten, kurz zu
warten, es wird ihr noch einfallen. Schließlich

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