Lux Aeterna 2 (Die Abenteuer des Vampirs Jason Dawn) (German Edition)
15. Jahrhundert, wurde also zu einer Zeit gegründet, als die Vampire das Licht noch zu fürchten hatten. Seine Mission schlief ein, als die modernen Menschen immer mehr an die Technik und immer weniger an das Übersinnliche glaubten und die Macht der Kirche zu bröckeln begann. Allerdings war der Orden im Untergrund nie ganz untätig gewesen. In seinen Händen befand sich zum Beispiel eine Abschrift der „Liste der Seelenlosen“, aber auch weit mehr als das.
In den Katakomben des Vatikans, verborgen in einem geheimen Gewölbe, hatten die „Aschesammler“ aus vielen Jahrhunderten die Urnen der vernichteten Vampire in kleinen Nischen gesammelt, sorgfältig beschriftet und archiviert. Viele der Nischen waren bereits von jahrhundertealtem Staub und Spinnweben fast unkenntlich gemacht. Hier also fanden sich die Überreste der Namensträger auf dieser Liste wieder.
Der Schlüssel zu dieser geheimen Kammer lag in den Händen des „Hüters der Gräber“, heute in denen von Erzbischof Di Maggio. Lange hatte er diesen Schlüssel nicht mehr benutzt, jetzt stellte er Isabellas Urne in die Reihe von vielen hundert anderen. Sein Spion in Paris hatte die Asche nach Leanders Verschwinden eingesammelt und ihm zugesandt. Ein paar größere Sammelbehälter enthielten die Asche aus den Krematorien, die Alberani für seine Vernichtungsaktion genutzt hatte. Aber die modernen Vampire waren dem Orden nicht so wichtig wie die alten Meister. Sie erschienen fast harmlos gegenüber dem Schrecken früherer Zeiten. Später sollte einmal Pater Vincenzo diese Aufgabe und das Archiv weiterführen. Aber noch war dieser viel zu jung für eine solche Verantwortung.
* * *
Fast zu gleicher Zeit fiel Jason Dawn die „Liste der Seelenlosen“ bei ihrer Aufräumaktion wieder in die Hände. Besser, er vertraute dieses wertvolle Gut wieder seinem Freund an. „Gut, dass du dich meldest. Ich wollte eh mit dir reden. An die Liste habe ich gar nicht mehr gedacht. Ich bin in einer Stunde bei dir“, war Leanders Antwort am Telefon. Seine Stimme klang seltsam aufgeregt.
Mit Verwunderung und Anerkennung betrachtete der Halbengel bei seiner Ankunft die Veränderungen, die Annas Hand im und um das alte Haus bewirkt hatten. Frische Blumen standen in den Vasen. Der Garten war gepflegt und neu bepflanzt, das Grab mit der Einhornstatue darauf liebevoll mit Steinen umrahmt. Jason hatte Anna allerdings nicht erzählt, dass seine ehemalige Gefährtin dort begraben lag, sondern nur etwas von „ein geliebtes Wesen“ gemurmelt. Anna war daraufhin der Meinung gewesen, dass es sich um einen Hund oder ein anderes Haustier gehandelt hatte und gab sich besondere Mühe, diesen kleinen Flecken im Garten herauszuputzen. Es hatte Tage in Anspruch genommen, das Unkraut zu jäten und das tote Holz zu entfernen, die Rosenbüsche zu beschneiden und neue Blumen zu säen, aber die Studentin war voll und ganz darin aufgegangen. Jason hatte ihr freie Hand gelassen und half, wo er konnte, obwohl er nie auch nur einen Gedanken an solch irdische Dinge verschwendet hatte.
Leander dagegen lobte ihr Werk ganz offen, und Anna Welsch strahlte über das ganze junge Gesicht. Ihre Augen leuchteten, und der Atlanter erkannte ganz klar darin, dass diese junge Frau Jason liebte. Anna dagegen freute sich, endlich einmal einen von Jasons Freunden kennen zu lernen, und hoffte insgeheim auf die Gelegenheit, allein mit diesem großen, blonden Mann sprechen zu können, um etwas mehr über ihre heimliche Liebe zu erfahren. Was seine Vergangenheit anging, so war Jason sehr verschwiegen. Aber zunächst hatte Leander mit seinem Freund allein zu reden. Anna hatte dafür Verständnis und machte sich zu einem Spaziergang in den Hügeln auf.
„Was ist los? Du hast am Telefon recht merkwürdig geklungen“, leitete Jason die Unterhaltung ein und überreichte dem Freund die alte Pergamentrolle, die er gut geschützt in einer Ledertasche aufbewahrt hatte.
„Ich hatte gedacht, dass unser Problem erledigt wäre, wenn ... du weißt schon. Aber mein Instinkt sagt mir, dass uns immer noch Gefahr droht und zwar nicht von deinen Vampiren. Außerdem habe ich das Gefühl, beobachtet zu werden, deshalb wollte ich auch nicht am Telefon reden.“
„Beobachtet?“, wiederholte Jason erstaunt. Wer sollte Interesse an einem Weingutbesitzer haben? Es sei denn, jemand wusste, wer bzw. was Leander wirklich war. Dieser nickte auf seine Frage hin stumm.
„Maria läuft auffällig oft in die Kirche. Sie sagt, es sei
Weitere Kostenlose Bücher