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Lux Aeterna 2 (Die Abenteuer des Vampirs Jason Dawn) (German Edition)

Lux Aeterna 2 (Die Abenteuer des Vampirs Jason Dawn) (German Edition)

Titel: Lux Aeterna 2 (Die Abenteuer des Vampirs Jason Dawn) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Grayson
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zum Mörder“, spottete er zynisch. Erst einmal würde er den Erzbischof im Ungewissen lassen. Eine Antwort auf diesen Brief wollte er erst nach ihrem Abenteuer am anderen Ende der Welt geben.
    Ein Glück, dass er Jason nicht mitgenommen hatte. Vielleicht wäre dieser ihm nach Erhalt eines solchen Schreibens sogar mit Misstrauen begegnet. Fast amüsiert erinnerte er sich an ihr erstes Zusammentreffen in der Bibliothek von Glasgow. Seitdem hatten sie so manches Abenteuer gemeinsam durchgestanden. Aber dieser junge Mann hatte es ihm als Mentor nicht gerade einfach gemacht. Aus der anfänglich eher feindseligen Atmosphäre zwischen ihnen war nach und nach Sympathie und Freundschaft geworden. Hätte Leander selbst nicht so eigennützige Pläne am Anfang verfolgt und Jasons Blut getrunken, wer weiß, ob sich nicht alles ganz anders entwickelt hätte. Aber diesen Fehler würde er niemals wieder gut machen können. Jetzt galt es erstmal, dem jungen Fürsten zu helfen, seinen fatalen Fehler wieder auszumerzen – im wahrsten Sinne des Wortes.
    †

II. Schläfer
     
    Nachdem Leander verschwunden war, hatte auch Jason die Gemächer des alten Abtes verlassen und war ziellos durch die Gänge des zugigen Gebäudes gewandert. Die ihm entgegenkommenden Mönche grüßten ihn höflich mit zusammengefalteten Händen und gesenktem Kopf wie einer der ihren. Kein Mensch hatte ihn jemals so respektvoll behandelt. Schließlich begab er sich in den quadratischen Innenhof, der jetzt still und ruhig da lag. Einzelne palmenartige Grüngewächse in tönernen Töpfen standen zwischen den Säulen und verbreiteten eine fast mediterrane Atmosphäre. Es dämmerte bereits und für eine Zeit standen die untergehende Sonne und der aufgehende Mond gemeinsam am Himmel. Die ersten Sterne drängten sich schüchtern dazwischen. Von dem riesigen Gebirgszug hinter dem Kloster zog die schneekalte Luft bis hinunter ins Tal.
    Die wenigen Kinder, die auch nachts hier im Kloster blieben und zu Mönchen erzogen wurden, waren längst in ihren Schlafsälen verschwunden. Jason setzte sich auf eine steinerne Bank. Hinter ihm, durch das geschlossene Holzportal hörte er das rhythmische Surren der Gebetstrommeln und die fremdartigen Laute, die von den Mönchen dazu gemurmelt wurden.
    Ein fremdartiger Frieden hatte sich über das alte Gemäuer gelegt. Der junge Vampirfürst stützte die Ellbogen auf die Knie und vergrub sein Gesicht in den Händen. In seinen Gedanken versunken bemerkte er nicht, wie sich im Seitengang eine der Holztüren leise öffnete und ein vorwitziges Gesicht durch einen Spalt schaute. Ayleen Knight hatte sich aus dem Bett im Mädchenschlafsaal geschlichen. Sie hatte die Anwesenheit des Fremden gespürt und dieser saß jetzt nur wenige Meter entfernt! Sie konnte ihn zwischen den Säulen gut erkennen. Ihre Amethystaugen forschten nach seinem Gesicht, das er in den Händen verbarg. In diesem Augenblick setzte er sich wieder aufrecht hin und starrte hinauf in den Himmel, der jetzt im letzten Schein der Sonne seine Farbe zwischen Blau, Orange und Rosa wechselte. Offenbar hatte er sie nicht entdeckt. Eine ganze Weile starrte die Kleine Jason so an, berührt von der tiefen Melancholie in seinen Augen.
    Wie es allen Vampiren und Engel möglich war, so konnte ihr Geist mit dem seinen eine telepathische Verbindung aufnehmen. Ayleen tat das, ohne es zu wollen, nur durch ihre konzentrierte Aufmerksamkeit. Sie sah einen unerfahrenen Soldaten im ersten Weltkrieg, seine Verwundung, seine Wandlung zum Vampir, seine Enttäuschungen über die Menschen und seine Erfolge auf der Bühne. Es schien, als liefe Jasons ganzes bisheriges Leben wie ein Film vor ihrem geistigen Auge ab. Sie sah seine Tode und die Wiedererweckungen, die Freundschaft zu ihrem Vater, den Verrat um ihn herum und die Verzweiflung in ihm.  Ayleen verspürte mehr als Mitleid, sie fühlte seinen Schmerz. In diesem Moment war es eine tiefe Zuneigung, die in diesem außergewöhnlichen Wesen wuchs. Ihr wurde bewusst, dass ihr Vater und sie selbst mit diesem Vampir schicksalhaft verbunden waren. Schließlich schloss sie den Spalt der Türe wieder und huschte zurück in ihr einfaches Bett, wo sie sich unter den Decken vergrub. Lange Zeit dachte sie noch über die Bilder seiner Vergangenheit nach, die Jason ihr unbewusst gezeigt hatte.
     
    †
     
    Am nächsten Morgen kurz nach Sonnenaufgang traf Leander Knight wieder in Tibet ein. Die Mönche waren bereits seit dem ersten Hahnenschrei auf den Beinen.

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