Lux Aeterna 2 (Die Abenteuer des Vampirs Jason Dawn) (German Edition)
Geruch ausströmte – Chloroform. Vor Schreck riss sie die Augen weit auf und nahm einen tiefen Atemzug. Das genügte, um sie ohnmächtig werden zu lassen.
Alexa hatte leichtes Spiel, die ahnungslose Studentin zu einer vergessenen Klosterruine zu bringen, in dessen Kellergeschoß sie eine Liege vorbereitet hatte, wie sie auch in Krankenwagen üblich war. Die breiten Lederriemen an beiden Seiten würden Alexas Opfer ruhig halten. Um die Liege herum hatte die angehende Ärztin eine Art kleinen Operationssaal vorbereitet. In dieser Umgebung erwachte die Studentin als es bereits stockdunkel war. Dort drüben ging es ein paar Stufen hoch zu einem Gittertor, durch das der Mond nun herein schien. Von ferne konnte sie den Schrei eines Käuzchens hören. Entsetzt blickte sie sich um. Zunächst glaubte sie an einen Alptraum, doch dann entdeckte sie die Transfusionsnadel, die in ihrem Arm steckte. Aber dort floss nichts hinein – sondern hinaus. Ein einziger Tropfen Blut alle fünf Minuten. Ein Timer regulierte das Geschehen. So konnte sie sich selbst beim Sterben zusehen! Anna Welsch schrie – aber hier hörte sie niemand. An der Decke über ihrem Kopf blinkte ein kleines rotes Licht, das sie in ihrer Qual zu beobachten schien.
Zur gleichen Zeit saß Alexa mit einem Glas Sekt in ihrem Hotelzimmer vor dem Laptop und prostete dem Bildschirm zu. „Auf dein Wohl, Kleines“, sagte sie und hob das Glas. „Das hast du übrigens alles deinem Jason zu verdanken.“ Dann trank sie das Glas mit einem Zug leer.
†
„Folgen Sie mir!“, forderte der Bischof seinen Gast auf und erhob sich aus dem Renaissance-Sessel. Leander stand ebenfalls auf und beobachtete, wie der Kirchenmann zu dem riesigen Wandbild irgendeines längst verstorbenen Papstes hinüberging. Er betätigte offenbar einen Schalter, denn das Gemälde sprang an der linken Seite leicht von der Wand ab. Hinter dem Spalt konnte Leander einen Durchbruch erkennen. Es musste sich also um einen Geheimgang handeln. Er wusste, dass Vatikanstadt von diesen Gängen durchzogen war, also verblüffte ihn diese Tatsache nicht. Di Maggio schwenkte das Bild nun wie eine Tür zur Seite und winkte ihm. Der Halbengel folgte dem Bischoff einige alte Steintreppen hinab bis zu einem Gang. Er konnte noch die Halterungen für die Fackeln erkennen, heute hatte hier man eine Art Notbeleuchtung installiert, die für ein schwaches Licht sorgte und mehr Schatten als Helligkeit produzierte. Die Luft hier unten war so trocken wie altes Pergament.
Immer tiefer ging es hinab bis in eine Art Säulenhalle, an deren Ende sich ein zweiflügeliges Portal befand. Di Maggio zog aus seinem Gewand einen überdimensionalen Schlüssel, steckte diesen in das Messingschloss, drehte ihn herum und öffnete die Türe. Hinter dem Portal ging die Halle weiter, doch statt Säulen befanden sich hier zahllose Nischen unterschiedlicher Größe, die bis zur Decke hin reichten. In jeder dieser Nischen befanden sich Urnen, einige kaum noch erkennbar vor Staub und Spinnwegen, andere relativ neu. Allein an der Form und Machart dieser Grabgefäße konnte Leander erkennen, dass deren Inhalte teilweise mehrere Jahrhunderte alt sein mussten. Namen waren nur schwerlich zu entziffern, schienen aber alle Nationalitäten zu umfassen. Die Zahlen darunter beschränkten sich auf das Sterbedatum. Leander schaute sich interessiert um. Bei einem Namen, den er in den Urnenreihen entdeckte, zuckte er zusammen: Marcus Carolus – einer der letzten alten Fürsten, der im Duell mit Xavier vernichtet worden war. Er hatte die Asche damals unvorsichtigerweise liegen gelassen, um Jason so schnell wie möglich wieder zu erwecken. Ja, genau dieser Tag war es gewesen, der da in Stein gemeißelt auf dem steinernen Gefäß stand. Jetzt konnte er sich auch erinnern, einige der Namen bereits auf der Liste der Seelenlosen des Vatikans gelesen zu haben!
Der Atlanter blickte den Erzbischof fragend an, der hinter ihm stand und ihn nun mit einem triumphierenden Blick bedachte.
„Der gute Hirte lässt keines seiner Schäfchen aus den Augen“, zwinkerte er und grinste zynisch. Mit einer ausladenden Handbewegung deutete er dabei in den Runde.
„Ich sehe es“, murmelte Leander und runzelte die Stirn. Warum wurde ihm all das gezeigt?
„Wir brauchen einen Mann wie Sie, um unser Werk fortzuführen“, sage Di Maggio nun, als hätte er diesen Gedanken erraten. „Es ist heutzutage nicht mehr so einfach, sie aufzuspüren, trotz der modernen Technik.
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