Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini
sie
gemeinsam saßen, miteinander vertrugen. Dass Leo tolerant war, konnte
kaum angezweifelt werden. Aber Monti und Gasperetti? Ganz zu
schweigen von Ciban.
Die Begrüßung verlief förmlich. Als der Kardinal jedoch der
Kirchenkritikerin die Hand reichte, veränderte sich sein nahezu stoischer Blick. »Ah, hier haben wir also die junge Dame, die die ganze
katholische Kirche herausgefordert hat.«
»Nur den konservativen Teil, Eminenz«, korrigierte Catherine höflich.
Sie wollte den Kardinal keineswegs provozieren, ihn allerdings daran
erinnern, dass es in seinen Kreisen durchaus Männer gab, die hinter ihr
standen.
Gasperetti rang sich so etwas wie ein schiefes Lächeln ab. »Dazu gehört
viel Mut, Schwester, und ganz sicher ein starker Glaube. Seine Heiligkeit hält große Stücke auf Sie, und ich kann mir kaum vorstellen, dass Sie ihn enttäuschen.«
»Ich habe gelobt, mein Leben in den Dienst Seiner Heiligkeit und der
Kirche zu stellen. Ich würde der Kirche einen schlechten Dienst
erweisen, wenn ich schwiege.«
Der Kardinal nickte nachdenklich. »Verstehe. Ich meine es gewiss nicht
unehrerbietig, wenn ich Ihnen sage, seien Sie auf der Hut.«
Catherine glaubte, sich verhört zu haben, beschloss aber, die Worte nicht als Drohung aufzufassen, sondern als wohlmeinenden Rat. »Das werde
ich, Eminenz. Soweit es mir möglich ist.«
Benelli sagte unumwunden: »Wenn Sie etwas wissen, das Schwester
Catherine erfahren sollte, Steffano, dann raus damit.«
»Das ist das Problem, Alberto«, erwiderte Gasperetti mit einem
achselzuckenden Bedauern. »Es ist nichts Konkretes. Es ist nie etwas
Konkretes. Aber wie wir alle wissen: Ewige Wachsamkeit ist der Preis
der Freiheit.«
Nachdem er gegangen war, meinte Thea: »Ich hätte niemals gedacht,
solche Worte einmal aus dem Mund Kardinal Gasperettis zu hören.
Vielleicht färbt das Wesen Seiner Heiligkeit auf ihn ab.«
Benelli schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Seine Worte waren
sowohl Warnung als auch Drohung. Er ist ein Mensch, der das eine will,
ohne bereit zu sein, das andere dafür zu tun.«
»Das klingt sehr unchristlich«, überlegte Catherine.
»Ich denke, Seine Eminenz Kardinal Gasperetti ist in gewissen
Grenzsituationen durchaus in der Lage, den Dingen auch in
unchristlicher Weise ihren Lauf zu lassen, sofern das dem Bild seiner
Kirche dient. Vergessen Sie nie, obwohl er ein konservativer Mann ist,
leitet er das Lux, und das selbst noch zwei Jahre nach dem Ableben von
Papst Innozenz.«
Catherine fühlte sich an das den Jesuiten von ihren Gegnern
zugeschriebene machiavellistische Motto »Der Zweck heiligt die Mittel«
erinnert. Seine Eminenz Steffano Kardinal Gasperetti wäre nicht der
erste Kirchenfürst, der danach lebte und handelte, und er wäre damit
ganz sicher auch nicht der letzte. Viel mehr erstaunte sie jedoch, dass
Benelli so offen darüber sprach, auch wenn Gasperetti zum gegnerischen
Lager gehörte.
»Entschuldige mich für einen Moment, Catherine«, erklärte Ben. »Ich
denke, wir sollten die Andeutung nicht einfach auf sich beruhen lassen.
Ich werde mich ein wenig umhören.«
Catherines Blick verriet ihre Zweifel. »Denkst du, dass das wirklich
nötig ist?« Warnungen und Drohungen hatte sie in den letzten beiden
Jahren nun wahrlich genug erhalten, und sie hatte gelernt, damit zu
leben. Warum sollte es mit Gasperettis Worten anders sein?
Bens Antwort war ebenso knapp wie ernüchternd. »Wolltest du
ursprünglich nicht mit Schwester Thea zu diesem Empfang fahren?«
Er war kaum in der Menschenmenge verschwunden, als Benelli Thea
und Bear bat, die Stellung zu halten, und Catherine unauffällig
beiseitenahm. »Kommen Sie, Schwester. Der Zeitpunkt ist günstig. Ich
muss dringend unter vier Augen mit Ihnen reden.«
15.
Sie ließen die Geräuschkulisse des Empfangssaals, das Stimmengewirr
und den Klang der belebenden barocken Musik hinter sich. Catherine
blickte sich in den hohen, langen Gängen um und war einmal mehr
beeindruckt vom kostbaren Interieur der Villa.
»Wie mir zu Ohren gekommen ist, haben Sie die Villa Kardinal Ciban
abgekauft?«
Benelli lächelte. »Na ja, das stimmt nicht ganz. Die Cibans würden sich
nie endgültig von diesem Anwesen trennen. Sagen wir, es ist eine
Leihgabe. Nach meinem Tod geht das Anwesen wieder an die Familie
zurück und wird vermutlich weitervermietet. So schön es hier auch ist,
nicht einmal Kardinal Ciban möchte hier leben.«
»Das kann ich
Weitere Kostenlose Bücher