Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini
ein paar
Knochen gebrochen. – Hat Seine Eminenz irgendetwas gesagt?«
»Nicht direkt. Aber ich schätze, er wird Sie sprechen wollen, sobald Sie dazu in der Lage sind.«
Das kann ich mir gut vorstellen, dachte Ben. Ganz gleich wie
rücksichtsvoll Ciban ihn im Burgverlies der Villa behandelt hatte, in
diesem Gespräch würde es ganz schön hart zur Sache gehen. Der
Kardinal hatte ihn von dem Fall vorläufig abgezogen, trotzdem hatte er
weiterermittelt. Damit hatte er einen direkten Befehl missachtet. In
gewisser Weise grenzte das fast schon an Hochverrat.
»Sind Sie dazu bereit?«, hakte Rinaldo nach.
Ben räusperte sich. »Wenn Sie mich so fragen: Nein. Andererseits:
Dieser Kelch wird wohl kaum an mir vorübergehen oder?«
»Ich fürchte, nein. Was haben Sie eigentlich in der Villa von Kardinal
Benelli gemacht?«
Ben seufzte. »Nachforschungen.« In seinen überstreckten Muskeln und
überdehnten Bändern tobte der Schmerz. Schwerfällig kämpfte er sich
aus dem Bett und kam sich dabei vor wie ein alter Mann mit
Gelenkrheumatismus. »Ich werde jetzt duschen und mir was Frisches
anziehen. Danach werden wir weitersehen, okay?« Für einen Augenblick
stand er auf wackligen Beinen, dann kippte er auf das Bett zurück. »Oder auch nicht. Ich fürchte, Seine Eminenz muss sich schon hierherbemühen,
wenn er mich verhören will.«
»Kein Problem«, sagte Rinaldo trocken und zückte sein Handy. »Ein
Anruf genügt.«
»Sie wollen ihn anrufen? Jetzt?«
»Spricht etwas dagegen?«, sagte der Jüngere unschuldig. »Es ist nach
siebzehn Uhr.«
Es klingelte an der Tür. Energisch.
Wenn man vom Teufel spricht, dachte Ben und sank in die Kissen
zurück. Der junge Priester eilte zur Tür. Ben hörte, wie Rinaldo mit
jemandem sprach, verstand aber kein Wort. Wie es aussah, erhielt er
noch eine Galgenfrist.
»Sie haben Besuch«, erklärte sein Betreuer und kehrte mit einer überaus
hübschen Frau an seiner Seite zurück.
»Ben!«
Er richtete sich unter Schmerzen auf. Catherine ließ Rinaldo einfach
stehen und eilte zu ihm.
»Mein Gott, was ist passiert? Der Monsignore hat angedeutet, du hättest
einen Unfall gehabt.« Sie nahm seine Hand und hielt sie fest.
Ben und Rinaldo wechselten einen kurzen, unauffälligen Blick. Dann
erklärte er: »Das stimmt. Allerdings nichts Schlimmes. Ich hatte noch
einmal Glück.« Er wandte sich an den Jüngeren. »Rinaldo, würden Sie
bitte …«
Der nickte. Er wusste, dass Ben und Catherine seit ihrer Kindheit wie
Bruder und Schwester waren. Doch aus genau diesem Grund kam er
nicht umhin, Ben mit einem Blick der jungen Frau gegenüber zur
Vorsicht zu mahnen. Kein Wort zu viel! »Ich bin dann mal im
Wohnzimmer und schaue mir das Fernsehprogramm an«, erklärte er.
»Danke.«
Catherine hielt noch immer besorgt Bens Hand. Er fühlte sich nicht
sonderlich wohl bei dem Gedanken, sie anlügen zu müssen.
DER NÄCHSTE SCHRITT
31.
Rom, Vatikan, Apostolischer Palast
Es war nach achtzehn Uhr, als Seine Eminenz Kardinal Gasperetti den
Präfekten der Glaubenskongregation in einem der weniger bevölkerten
Flure des Apostolischen Palastes abfing. Gasperetti wusste, dass Ciban
auf dem Weg von den päpstlichen Gemächern zu seinem Büro im Palast
der Inquisition war, also gerade von seinem letzten Treffen mit dem
Papst kam. Der Zeitpunkt für ein Gespräch konnte für Gasperetti und die
Gruppe von hochrangigen Kardinälen, die er vertrat, kaum günstiger
sein.
»Wir müssen Sie sprechen, Marc«, sagte er unumwunden und blickte mit
seinen klugen Wieselaugen zu dem erheblich größeren Präfekten auf.
»Im Moment sind zu viele Fragen offen, auf die wir dringend eine
Antwort benötigen.«
»Wir? Wer ist wir , Eminenz?«, fragte Ciban neugierig.
Natürlich, dachte Gasperetti, aus dem Wir würde sein Gegenüber sehr
schnell das Warum ableiten können. Der Jüngere hatte ihn während
diverser Kardinalstreffen mehr als einmal verblüfft. So auch im letzten
Konklave. In gewisser Weise schwankte der Vorsitzende der
Kongregation für die Bischöfe im Falle Cibans zwischen Sympathie und
Antipathie, wobei zurzeit – aufgrund der heiklen Aufgabe, die Gasperetti verfolgte – ganz klar die Abneigung im Vordergrund stand. Darüber
hinaus war Ciban nach dem Zwischenfall mit Ben Hawlett auch nicht
gerade gut auf ihn zu sprechen.
»Monti, Bear, Scipio, Delay und ich. Es tut mir leid, wenn ich Sie damit konfrontiere, aber die Angelegenheit ist von zu großer
Weitere Kostenlose Bücher