Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini
lange genug. Du weißt, dass ich nicht verrückt
bin und dass ich mir so etwas niemals ausdenken würde. Ich kann es ja
selbst kaum glauben, und ich verstehe es auch nicht, aber ich schwöre
dir, wenn wir nicht bald zu Seiner Heiligkeit aufbrechen und ich tun
kann, was Benelli mir aufgetragen hat, ist es womöglich zu spät.«
Jetzt war es an Ben zu seufzen. »Wir können nicht so einfach in den
Apostolischen Palast spazieren und kurz mal beim Papst vorbeischauen,
Catherine. Sie würden uns nicht einmal in die Nähe des Aufzuges zu den
päpstlichen Privatgemächern lassen, geschweige denn, dass wir eine
Privataudienz bei ihm erhielten.«
»Es muss aber eine Möglichkeit geben. Jemanden, der uns den Weg frei
macht. Was ist mit Monsignore Massini?«
»Massini? Vergiss es. Der lässt bestenfalls den Kardinalstaatssekretär
unangemeldet vor. Aber ganz sicher nicht uns. Schon gar nicht mit dieser Geschichte!«
»Es brennt, Ben. Lichterloh. Denk an die beiden Morde, die dem
Verbrechen an Darius vorausgegangen sind. Es wird weitere Morde
geben. Dessen ist Benelli sich sicher.«
»Von welchen anderen Morden sprichst du?« Ben starrte sie aus den
Kissen heraus wie hypnotisiert an.
»Schwester Isabella und Pater Sylvester. Die beiden getöteten
Ordensleute in der Schweiz und in Frankreich. Hast du etwa nichts
davon gewusst?«
Um sich nicht die Blöße zu geben, dass Ciban ihn nicht informiert hatte, erklärte er rasch: »Mich interessiert viel mehr, woher du davon weißt.«
»Auch wenn ich mich wiederhole und mir inzwischen ziemlich idiotisch
vorkomme: von Seiner Eminenz Kardinal Benelli!«
Benelli, Benelli, Benelli, wirbelte es durch Bens Kopf. Immer wieder
Benelli! Egal wie er es auch drehte und wendete, alle Fäden schienen
von diesem Kardinal auszugehen und bei ihm auch wieder
zusammenzulaufen. Einen kurzen Augenblick spielte er mit dem
Gedanken, Catherine zu fragen, ob Benelli ihr womöglich etwas über ein
Projekt mit dem Namen »LUKAS« gesagt hatte, doch dann entschied er
sich vorsichtshalber dagegen.
»Ich wüsste da vielleicht jemanden, der uns helfen könnte.«
»Du meinst, um noch heute Abend zum Papst vorgelassen zu werden?«
Ben nickte. »Ja. Aber du wirst die ganze Geschichte noch einmal
erzählen müssen, und es wird dir nicht gefallen. Mir übrigens auch
nicht.« Er setzte ein schiefes Lächeln auf. »Vielleicht lässt du den Teil mit Golgatha am besten ganz weg.«
»Von wem sprichst du?«
»Kardinal Ciban.«
»Himmelherrgott noch mal, nein!«, entfuhr es Catherine wie aus der
Pistole geschossen. Sie ließ seine Hand los und setzte sich auf ihrem
Stuhl zurück. »Es muss einen anderen Weg geben.«
Ben beugte sich leicht vor. »Wenn es so eilig ist, wie du sagst, bleibt uns nur dieser Weg.«
»Was macht dich so sicher, dass ausgerechnet er uns helfen wird?«
Ben räusperte sich. »Ein Gerücht.«
»Ein Gerücht?« Catherine traute ihren Ohren nicht. Seit wann setzte ihr
Freund auf so etwas? »Was wäre das für ein Klatsch, dem du da unser
Leben anvertrauen willst?«
»Benelli und Ciban sollen während des letzten Konklaves
zusammengearbeitet haben.«
Catherine starrte ihren Freund an. »Das ist ein Witz, oder?«
»Ganz und gar nicht. Ich weiß, du denkst jetzt, wer immer dieses
Gerücht in Umlauf gebracht hat, tickt entweder nicht richtig oder will
damit Verwirrung stiften.«
»Du aber willst mir klarmachen, dieser jemand war ein Zeuge der
Papstwahl.«
»Für mich ergibt das Sinn.«
Sie seufzte tief.
Ben konnte ihr Seufzen nur allzu gut nachempfinden. Catherine verfügte
weder über entsprechende Informationen aus der Kongregation noch aus
dem Archiv. Doch wenn Papst Leos Leben davon abhing, dass Ciban so
schnell wie möglich von ihrer Mission erfuhr, dann brachten sie die
Sache am besten gleich hinter sich.
»Und?«, hakte er nach. »Was ist jetzt?«
Es schien eine kleine Ewigkeit zu dauern, ehe Catherine sagte: »Also
gut.«
Er richtete sich halb auf, drehte sich, um aufstehen zu können, schob die Beine aus dem Bett und stöhnte. Catherine war längst aufgesprungen, um
ihn zu stützen, doch er winkte ab.
»Himmel, nein. Das fehlte uns gerade noch, dass du dir einen Bruch
hebst. Bitte Monsignore Rinaldo herein. Er hat mehr Muskeln als du. Er
kann mir beim Ankleiden helfen und den Wagen fahren.«
Eine Viertelstunde später und nachdem Rinaldo noch einmal mit Cibans
Sekretär telefoniert hatte, waren sie auf dem Weg zum Palast
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