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Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini

Titel: Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Thomas
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regelrecht verzückt. Noch nie in seinem Leben hatte
    er einen Menschen derart wahrhaftig beten sehen. Doch dann war dieser
    Pater gekommen und hatte sich neben sie gekniet und die ganze heilige
    Szenerie zerstört. Schließlich, nach dem Gebet, hatten Silvia und der
    Pater leise miteinander gesprochen, und deRossi hatte, davon war er
    überzeugt!, sogar ein zaghaftes Lachen in Silvias Gesicht gesehen.
    Dann war der Pater nach einem herzlichen Abschied verschwunden, und
    Silvia und deRossi blieben allein in der Kirche zurück. Das war der
    Moment, auf den er, unbemerkt in seinem Versteck, gewartet hatte. Nur
    die von Kerzen beschienenen Statuen der Heiligen sollten Zeugen seines
    notwendigen Eingreifens sein.
    DeRossi näherte sich leise dem Mittelgang, von wo aus man sowohl den
    Eingang zur Sakristei als auch den Haupteingang sehen konnte. Nicht
    einmal der Hauch eines Geräuschs hallte in der leeren Kirche wider.
    Während der Reise hatte er nicht nur Silvias Biografie studiert, sondern auch den geheimen Untergrund der Kirche, und den einzigen Zugang
    dorthin.
    Silvia war erneut in tiefem Gebet versunken. Er trat vor den Altar und
    bekreuzigte sich, dann kniete auch er sich neben die Nonne, als wollte er Zwiesprache mit Gott halten. Das Tuch, leicht angereichert mit
    Chloroform als Inhalationsbetäubungsmittel, lag schon in seiner Hand.
    Es dauerte nicht einmal eine Minute. Die kleine, zierliche Silvia hatte
    nicht die geringste Chance.
    Eine halbe Stunde später erwachte die Ordensfrau im geheimen
    Untergrund der Kirche wieder. Nicht ein Funken Angst noch Erstaunen
    lag in ihren Augen. Sie schrie auch nicht, vielleicht weil sie wusste, dass sie hier unten ohnehin niemand hören würde.
    »Ganz gleich, was du in deiner Unwissenheit auch tust«, sagte sie völlig ruhig zu ihm, »du wirst das Werk nicht vernichten. Der Triumph ist nicht die Tür, durch die du gehen wirst.«
    Zum ersten Mal in seinem Leben verspürte deRossi so etwas wie echtes
    Unbehagen. Wie ein störendes Kitzeln strömte das Gefühl durch seinen
    Körper. »Ich bin nur das Werkzeug«, erklärte er rasch.
    Silvia schüttelte den Kopf. »Nein, du bist weniger als das.« In ihren
    Augen blitzte es mutig und entschlossen. »Dein Leben ist ein blindes,
    willkürliches Treiben, ohne Sinn und Ziel. Du liebst die Dunkelheit mehr als das Licht. Du hast nie die Flamme des Glaubens in dir verspürt, nie
    auch nur einen einzigen anderen Menschen wie dich selbst geliebt, und
    dennoch trägst du diesen Ring.«
    DeRossi zuckte zusammen, doch dann richtete er sich sofort wieder auf.
    Er hatte seine Kleidung durch indische Gewänder ersetzt. Tatsächlich
    hatte er den Ring dieses Mal jedoch völlig vergessen, vielleicht, weil
    dieser längst ein Teil von ihm geworden war. Von Jugend an war er ein
    Mitglied des Lux. »Was immer meinen Meister gegen Sie aufgebracht
    hat, muss schrecklicher sein als alles, was ich bisher erlebt habe«,
    erwiderte er und begegnete ihrem intensiven Blick. »Ihr Wirken ist nicht mehr länger von Bedeutung.«
    DeRossis gespielte Empörung beeindruckte Silvia nicht im Mindesten.
    Sie saß einfach nur da und wartete, ohne ein weiteres Wort, und so
    schritt er zur Tat, bevor ihn der Mut verlassen konnte. Wie ein Lamm,
    das man zur Schlachtbank führt, fügte Silvia sich in ihr Schicksal, und so bereitete ihr Sterben deRossi noch mehr Beklommenheit.
    Dann hatte er es gefühlt, nein, gesehen, ganz deutlich, just in jener
    Sekunde, als das Leben aus ihren Augen gewichen war. Irgendetwas von
    Silvias Lebenshauch war wie eine Nebelschliere auf ihn zugeströmt und
    hatte ihn an der Stirn berührt.
    Er hatte es genau gespürt. Wie eine geschwisterliche Liebkosung. Wie
    einen zarten Kuss.
    Silvia hatte ihm verziehen!
    DeRossi krallte bei der Erinnerung die Finger in die Armlehnen des
    Sitzes und blickte durch das schmutzige Fenster auf das von Leid und
    Glück durchdrängte Kalkutta. Vor seinem inneren Auge sah er jedoch
    eine ganz andere Szenerie: Kerzen. Ein Meer von Kerzen. Und Silvia
    mittendrin. Mit der Hand tastete er unbewusst nach dem Päckchen
    Zigaretten, das er bei sich trug. Dann fiel ihm ein, dass im Flugzeug das Rauchen verboten war. Während des gesamten Fluges von Kalkutta nach
    Frankfurt versuchte der Monsignore nur eines: dieses Bild mit den
    Kerzen und Schwester Silvia aus seinem Bewusstsein zu verdrängen.

LUKAS

45.

    Ölberg bei Jerusalem, 33. n. Chr.

    Catherine war im Freien. Der Himmel über ihr war voller

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