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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Widerschein des Feuers
     blitzte auf den Klingen und blinkte auf den Säbeln.
    »Tod den Juden!«
    Rabbi Maisl Nachman ben Gamaliel stand auf. Er hob den Kopf zum Himmel. Er streckte die Arme empor.
    » Baruch ata hashem eloheinu« ,
rief er, seine Stimme melodisch modulierend.
»Melech ha-olam, bore meori haesh!«
    Die Wand des Hauses barst, sie zerstieß in einer Explosion von Putz, Kalk und Mörtel. Aus der Staubwolke trat etwas hervor,
     das in der Wand gewesen war, eingemauert. Reynevan sog pfeifend die Luft ein. Tybald Raabe hockte sich nieder.
    »Emet , emet , emunah !
Abrakadabra! Abrakaamra!«
    Das aus der Wand hervorgebrochene Etwas, das aussah wie ein Schneemann aus Ton, schien auf den ersten Blick Menschengestalt
     zu besitzen, statt eines Kopfes saß auf den Schultern aber nur eine unbedeutende Wölbung. Kleiner als ein Erwachsener, war
     es jedoch dick und unförmig wie ein Fass und schritt auf kurzen Beinen daher, die wie Säulen aussahen, die dicken Hände bis
     zum Boden reichend. Vor Reynevans Augen ballten sich diese Hände zu Fäusten, riesig wie Bombardenkugeln.
    Ein Golem, dachte er, das ist ein Golem. Ein richtiger Golem, der legendäre Golem aus Ton, der Traum der Magier. Der Traum,
     die Passion und die Obsession von Radim Tvrdik aus Prag. Schade, dass Radim jetzt nicht hier ist
. . .
Dass er das nicht sehen kann
. . .
    Der Golem schrie, oder besser, er juchzte wie eine monströseOkarina. Die am Tor versammelte Magdeburger Inquisitionstruppe überfiel nackter Schrecken, die Angst schien die Schergen zu
     lähmen und ihnen die Kraft aus den Beinen zu ziehen. Sie waren nicht in der Lage, wegzurennen, als der Golem mit wiegenden
     Schritten auf sie zuging. Sie wehrten sich auch nicht, als er über sie kam und sie, den Takt haltend und methodisch vorgehend,
     mit seinen riesigen Pranken erschlug und zermalmte. Geschrei, schreckliches Geschrei zerriss die Nachtluft von Jauer. Es dauerte
     nicht lange. Dann kehrte Stille ein. Nur das brennende Öl in den Pfützen zischte noch.
    Von der Mauer am Tor sickerte dickes, mit Hirnmasse vermischtes Blut.
     
    Die Sonne ging auf. Der tönerne Golem war in das Loch in der Mauer zurückgekehrt, dort stand er, verschmolzen mit dem Hintergrund
     und unsichtbar.
    »Ich war wie tot, aber ich bin lebendig«, sagte Maisl Nachman ben Gamaliel traurig. »Aber Blut ist vergossen worden. Viel
     Blut. Möge es mir vergeben werden, wenn der Tag des Gerichts kommt.«
    »Du hast Unschuldige gerettet.« Rixa Cartaphila de Fonseco wies mit dem Kopf auf eine beleibte Frau, die drei kleine schwarzhaarige
     Mädchen umfangen hielt und an sich drückte. »Du hast das Leben derer verteidigt, die dir am teuersten sind, Rabbi, vor jenen,
     die ihnen Böses wollten. Es spricht der Herr: Denke daran, was dir die Amalekiter angetan haben, als du aus Ägypten auszogst.
     Du wirst die Erinnerung an die Amalekiter unter dem Himmel auslöschen. Du hast ihn ausgelöscht.«
    »Ich habe ihn ausgelöscht
. . .
« Die Augen des Juden blitzten auf, um gleich darauf wieder zu verlöschen. »Und was nun? Wieder alles hinwerfen? Wieder umherziehen?
     Wieder an einer anderen Tür die Mesusa befestigen?«
    »Das ist meine Schuld«, knurrte Tybald Raabe. »Ich habe dich in Gefahr gebracht. Durch mich hast du jetzt
. . .
«
    »Ich habe doch gewusst, wer du bist«, unterbrach ihn MaislNachman, »als ich dir Obdach gewährte. Ich habe deine Sache unterstützt, weil ich davon überzeugt war. Ich war mir bewusst,
     was ich riskiere. Was soll’s, Flucht und Umherziehen sind nicht neu für mich
. . .
«
    »Ich denke nicht, dass das notwendig sein wird«, mischte Reynevan sich ein. »Als sie die Leichen weggeräumt haben, haben die
     Einwohner das Geschehen richtig aufgefasst. Man hat einen Raubüberfall auf dich verübt, und du hast dich verteidigt. In Jauer
     nimmt dir das wohl keiner übel. Und niemand wird etwas dagegen haben, wenn du bleibst.«
    »O heilige Einfalt«, seufzte Maisl Nachman. »Heilig und gut
. . .
Wie ist dein Name? Reynevan?«
    »Ja, er heißt Reynevan«, warf Tybald Raabe ein. »Ich kenne ihn und ich verbürge mich
. . .
«
    »Ei, was verbürgst du dich hier? Er ist dem Juden zu Hilfe gekommen. Brauche ich da bessere Bürgschaft? Holla! Was ist mit
     deiner Hand, Mädchen? Der mit dem Ring von Wunderrabbi Chalafta?«
    »Drei Finger sind gebrochen«, erwiderte Rixa abweisend. »Das ist eine Kleinigkeit. Bis zur Hochzeit ist alles wieder heil.«
    »Bis zu welcher Hochzeit? Wer wird

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