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Lux perpetua

Titel: Lux perpetua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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dich denn schon wollen? Alt, streitsüchtig und aufsässig, wie du bist, kochen kannst du
     auch nicht, ich wette mit dir, worum du willst, sogar um meinen Tallit. Gib mir deine Hand,
shiksa . Jehe sh’meh raba mewarach l’alam ul’almej almajja!«
    Vor den Augen des verwunderten Reynevan streckten sich Rixas Finger, die Schwellung verschwand sofort und die Blutergüsse
     lösten sich auf. Das Mädchen seufzte und bewegte seine Hand. Reynevan schüttelte den Kopf.
    »Na, na«, sagte er langsam. »Ich bin Medicus, Rabbi Maisl, auch die
artes magicae
sind mir nicht fremd. Aber dass man gebrochene Gelenke einfach so heilen kann
. . .
Ich bin voller Bewunderung. Ich wüsste gern, wo man das lernen kann«
    »Bei mir«, erwiderte der Rabbi gelassen. »Wenn du siebenJahre Zeit hast, dann komm mich besuchen. Aber zuerst musst du dich beschneiden lassen. Lasst uns nun aber, wie König Salomon
     zur Königin von Saba sagte, zur Sache kommen. Ihr wolltet Informationen von mir. Dann lasst mich wissen, worum es geht.«
    Reynevan erklärte es ihm kurz. Maisl Nachman hörte zu und nickte, mit fliegendem Bart.
    »Klar«, sagte er. »Das verstehe ich. Und ich denke, dass ich helfen kann. Ich habe nämlich von einem ähnlichen Fall gehört.«
    Er steckte einen Finger in ein Nasenloch und bohrte lange und nachdenklich darin herum, wobei er so tat, als sähe er nicht,
     wie Reynevan vor Ungeduld fast platzte.
    Schließlich hatte er herausgebohrt, was herauszubohren war, betrachtete es und fuhr fort zu sprechen.
    »Derartige Vorfälle«, erklärte er, »stellen immer ein Geschäft dar; mit nichts verdient man so gut wie mit Informationen.
     Es ist in Liegnitz geschehen. Vor sechs Jahren. Fräulein Wirida Hornig, die Tochter eines Kaufmanns, hat sich mit einem Apotheker
     namens Zweiglein abgegeben. Gegen den Willen des Vaters, der sie jemand anderem versprochen hatte. Dieser hatte angeblich
     Verbindungen zur Inquisition, zum Heiligen Officium. Und Fräulein Wirida verschwand plötzlich.«
    »Der Apotheker Zweiglein«, berichtete der Jude weiter, »wurde denunziert, der Häresie angeklagt und musste aus Schlesien fliehen.
     Nach einem Jahr war Gras darüber gewachsen, und Wirida fand sich plötzlich wieder ein, sehr geknickt und sehr gehorsam, wie
     nach einem Aufenthalt im Kloster. Und gehorsam heiratete sie denn auch den, dem sie versprochen war.«
    »Nu, haben wir uns in der Gemeinde gedacht, es wäre doch nicht schlecht, zu wissen, wer das ist, der so gute Beziehungen zum
     Heiligen Officium hat, dass er ein Mädchen verschwinden lassen kann. Und da stellte sich heraus, dass Moishe Merkelin,der Cousin meiner Schwägerin einen Jochaj ben Izhak kennt; der Cousin dieses Jochaj, ein gewisser Shekel, hatte ein Mündel
     mit Namen Deborah, und die hat von ihrer Bekannten Esther etwas ganz Bestimmtes erfahren, das diese in der Vorhalle von
. . .
verdammt, jetzt habe ich vergessen, von wem, gehört hat. Ist auch nicht so wichtig. Wichtig ist, dass Cousin Moishe, der ein
     geldgieriger und frecher Jude ist, für die Information fünfzehn Gulden verlangt hat. Ich war der Meinung, das ist zu viel.«
    »Ha!«
    »Aber du bist mir zu Hilfe gekommen, das verändert die Relation ein wenig. Die fünfzehn jetzt, das sind nicht die fünfzehn
     von damals, das sind ganz andere fünfzehn, die fünfzehn von damals haben sich so verändert, dass man sie gar nicht wiedererkennen
     kann. Jetzt stimmt der Preis, ganz genau. Und der geldgierige Cousin Moishe wohnt nicht in Palästina. Der wohnt in Oppeln.
     Vom Moishe wirst du die Information in fünf Tagen haben. Und bis dahin wirst du mein Gast sein.«
    »Danke, Rabbi. Was die fünfzehn Gulden anbelangt, so bin ich bereit
. . .
«
    »Beleidige mich nicht, mein Junge.«
     
    »Ich werde nicht hier mit euch warten«, Tybald Raabe räusperte sich verlegen, »es wird Zeit für mich, mich auf den Weg zu
     machen, mich ruft die Pflicht. Aber ich sage mal so
. . .
Wenn ihr das erfahren habt, was ihr erfahren wollt, dann beeilt euch. Beeilt euch sehr. Ich denke
. . .
«
    »Und ich denke, du solltest aufhören, so herumzudrucksen«, Rixa sah ihm in die Augen, »und uns die Wahrheit sagen.«
    »Ich weiß nichts«, antwortete der Goliarde schnell, zu schnell, um glaubwürdig zu sein. Dann wichen seine Augen Reynevans
     Blicken aus.
    »Tybald«, sagte Reynevan bedächtig, »letzte Nacht haben wir Schulter an Schulter gekämpft, wir haben gemeinsam demTod ins Auge gesehen. Und nun verbirgst du etwas vor mir? Du hast

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