Lux perpetua
Strašnicky von Krawař auf Zábřeh noch auf die Herren von Kunštát in Loštice. Noch weniger auf die Katholiken,
die zu Albrecht hielten: die Wallensteins von Šumperk, die Herren auf Zvole und die zahlreichen Anhänger des Bischofs von
Olmütz, die die Gegend durch häufige Überfälle unsicher machten.
Plötzlich begann es zu schneien, der Schnee, anfangs fein und pulvrig, verwandelte sich in große, nasse Flocken, die sofort
die Augen verklebten. Das Pferd schnaubte unwillig und schüttelte den Kopf, aber Reynevan ritt trotzdem weiter. Er betete
nur im Stillen, dass das, was er für den Weg hielt, es auch wirklich sein möge.
Zum Glück hörte das Schneegestöber so plötzlich auf, wie es begonnen hatte. Zwar hatte der Schnee die Felder weiß eingestäubt,
aber den Weg nicht unsichtbar gemacht, immer noch lag dieser klar und deutlich vor ihm. Und er belebte sich sogar. Blöken
und Klingeln von Glöckchen erscholl, und eine Herde Schafe ergoss sich trippelnd auf den Weg. Reynevan trieb sein Pferd an.
»Gott mit Euch.«
»Und mit Euch, kch, kch«, der Hirte bezwang seine Angst, »mit Euch, junger Herr.«
»Woher kommst du? Was ist das für ein Dorf dort hinter dem Hügel?«
»Da? Nu ja, ein Dorf halt.«
»Wie heißt es?«
»Nu ja, Keperov halt.«
»Und wem gehört dieses Keperov?«
»Nu ja, dem Kloster halt.«
»Stehen da irgendwelche Bewaffnete?«
»Ach, wozu sollten die da stehen?«
Der Hirte gab zu, dass hinter Keperov Hynčice an der March lag, und noch weiter Hanušovice. Reynevan atmete erleichtert auf,
es zeigte sich, dass er immer noch auf dem richtigen Weg war und sich nicht verirrt hatte. Er verabschiedetesich von dem Hirten und setzte seinen Ritt fort. Der Weg führte ihn kurz darauf direkt zu einer Furt durch die nebelverhangene
March und setzte sich dann an ihrem rechten Ufer fort. Kurz darauf passierte er das erwähnte Hynčice, das nur aus ein paar
Hütten bestand und sich von Weitem durch den Geruch von Rauch und durch Hundegebell bemerkbar gemacht hatte. Kurz darauf hörte
er in der Nähe eine Glocke, in Hanušovice gab es eine Pfarrkirche, die nicht niedergebrannt worden war. Es musste dort auch
einen Pfarrer oder wenigstens einen Vikar geben, wer sonst hätte wohl den Glockenstrang betätigen wollen, noch dazu so früh
am Morgen. Reynevan beschloss, dem Geistlichen einen Besuch abzustatten, ihn nach dem weiteren Weg, nach Soldaten und bewaffneten
Trupps zu befragen – und sich vielleicht sogar zum Frühstück einzuladen.
Aber es war ihm nicht vergönnt, zu frühstücken.
Gleich hinter der Kirche stieß er auf eine bewaffnete Gruppe, fünf im Sattel, die Pferde der anderen am Zügel haltend, fünf
Mann zu Fuß in der Vorhalle. Sie waren in eine Debatte mit dem ihnen offensichtlich den Eintritt verwehrenden kleinen, dicken
Pfarrer verwickelt. Bei Reynevans Anblick schwiegen alle, auch der Pfarrer, und sahen ihn feindselig an. Reynevan verfluchte
insgeheim sein Pech, er verfluchte es sehr hässlich, mit Worten, die man vor Kindern und Frauenzimmern keinesfalls gebrauchen
durfte. Aber er musste halt mitspielen, wie auch immer die Karten verteilt worden waren. Er beruhigte sich wieder, indem er
tief durchatmete, richtete sich stolz im Sattel auf, deutete einen Gruß an und hielt im Schritt weiter auf die Hütten und
Einzäunungen zu, wobei er sich innerlich schon darauf vorbereitete anzugaloppieren, sobald sie ihn nicht mehr sehen konnten.
Aber daraus wurde nichts.
»Holla! Wartet doch mal, junger Herr!«
»Ich?«
»Ihr.«
Sie verstellten ihm den Weg und umringten ihn. Einer mit Augenbrauen wie Strohwische packte sein Pferd an der Trense, bei
dieser Bewegung gab sein Mantel einen großen roten Kelch auf dem Brustpanzer über der Tunika frei. Ein schneller Blick erfasste
das Hussitenwappen auch bei den anderen. Reynevan seufzte still, er wusste, dass sich seine Situation dadurch nicht gerade
verbesserte. Der Hussit mit den buschigen Brauen sah ihm aufmerksam ins Gesicht, sein Gesichtsausdruck veränderte sich dabei,
sehr zu Reynevans Erstaunen. Er wechselte von Misstrauen zu Verblüffung. Von Verblüffung zu Freude, wie es schien. Dann umwölkte
er sich wieder.
»Ihr seid Reynevan von Bielau, der Schlesier«, stellte er in einem Ton fest, der keine Widerrede gestattete. »Ein Arzt und
Heilkundler.«
»Aha, und weiter?«
»Ich kenne Euch. Ihr könnt es nicht leugnen.«
»Ich leugne es ja gar nicht. Ich frage nur, und
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