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Luzifers Hammer

Luzifers Hammer

Titel: Luzifers Hammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Niven & Jerry Pournelle
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Brücke, die sie soeben verlassen hatten. Der Flußarm verlief nach Norden bis hin zu den Resten des Lake Success, wo er in den Tule mündete.
    Ein Grat trennte die Arme des Tule, jener Grat, der die Festung schützte. Von ihrem Ausguck aus konnten Harvey und Marie die Verteidigungslinie von Polizeichef Hartmans Truppen erblicken – Schützengräben, Unterstände und Holzbunker. Weniger komplizierte Verteidigungsanlagen zogen sich bis hinab in die südliche Talgabelung, und sie sahen nicht besonders widerstandsfähig aus. Nur die hohen Kammlinien schienen ausreichend gesichert, eine fast klassische Verteidigungslinie, dachte Harvey, aber dünn wie eine Kruste. Der Feind brauchte sie nur durchzustechen, und nichts konnte ihn aufhalten, die ganze Festung zu überrennen.
    Bei Dämmerung war es ziemlich klar, was der Feind vorhatte.
    Er sammelte seine Laster, ließ seine Truppen sich eingraben und entzündete direkt im Blickfeld der Festung große Lagerfeuer.
    Der Feind wirkte gelassen und zuversichtlich, und Harvey wußte, daß sie während der Nacht an Brücken arbeiten würden.
    Schließlich senkte sich die Dunkelheit hernieder, und in den Bergen wurde es still. »So, nun können wir wirklich nichts mehr sehen«, sagte Harvey. »Jetzt haben wir wirklich nichts mehr zu tun.«
    Marie, die hinter ihm saß, schien keine Ruhe zu finden. In der Dunkelheit spürte er wenig mehr als ihre Gegenwart, ihre wahre Gestalt war nicht auszumachen. Doch Harvey wurde sich immer eindringlicher der Tatsache bewußt, daß Marie Vance in nächster Nähe war, und daß sie beide bis zum Sonnenaufgang von der übrigen Welt abgeschnitten waren. Seine Erinnerung spielte ihm einen üblen Streich. Er sah Marie Vance vor sich, ein paar Wochen vor dem Hammerfall, als sie Harvey und Loretta vor der Haustür begegnete. Sie trug hochhackige Schuhe und ein giftgrünes Abendkleid, das bis zur Bewußtlosigkeit ausgeschnitten war. Ihr Haar war in phantastischen Locken gelegt, sie lächelte freundlich, nahm ihn am Arm und begrüßte sie. In Gedanken übertrug er dieses Bild auf den Schatten in seiner Nähe, und das Schweigen wurde allmählich ungemütlich.
    »Ich könnte mir was denken«, sagte sie weich.
    Harvey fand seine Stimme wieder. »Wenn es nicht Sex ist, sagen Sie’s mir lieber gleich.«
    Sie sagte nichts. Er glitt auf sie zu und zog sie an sich. Es krachte und knisterte, denn keine Tasche an ihrer Jacke war leer.
    Sie kicherte und zog die Jacke aus, während er seinerseits die Jacke mit den vollgestopften Taschen abstreifte.
    Dann endlich war die Angst des Tages und die Gefahr von morgen, das langsame, qualvolle Sterben einer Welt und das herannahende Ende der Festung in jener leidenschaftlichen Bedeutung vergessen, die sie sich gegenseitig zumaßen. Der Fußraum im Wagen füllte sich mit Kleidungsstücken, bis sich Harvey aufraffte und den ganzen Krempel unters Steuer stopfte. Die Sitze waren nicht für diesen Zweck gedacht, aber ihre Umarmung war zärtlich und erfindungsreich, und so verharrten sie auch hinterher: Er halb auf dem Sitz zurückgelehnt, während sie über ihm kniete, das Gesicht über dem seinen. Ihr heftiger Atem streifte seine Wangen.
    »Ich bin froh, daß du an etwas gedacht hast«, sagte er. (Er konnte nicht sagen, daß er sie liebte.)
    »Hast du so was schon einmal im Auto gemacht?«
    Er versuchte sich zu erinnern. »Natürlich. Damals war ich aber noch etwas biegsamer.«
    »Ich nicht.«
    »Nun ja, gewöhnlich nimmt man den Rücksitz, aber …«
    »Der Rücksitz ist von Glassplittern übersät«, meinte Marie kichernd, und sie spürten beide die gegenseitige Spannung in der Erinnerung an jenes 50er Geschoß, an das splitternde Glas, und wie Marie die Glassplitter von ihm klaubte, während er weiterfuhr. Doch es gab eine Möglichkeit, zu vergessen.
    Und später wieder, da gab es wieder eine Möglichkeit des Vergessens, die gleiche Möglichkeit als Wiederholung, mit der gleichen zwingenden Notwendigkeit. Sie fühlten sich nicht etwa zueinander hingezogen, dachten sie, nein, sie flogen einander zu in ihrer Angst vor dem, was um sie herum vor sich ging. Sie liebten sich und spitzten die Ohren, um auf Gewehrfeuer zu lauschen, aber sie liebten sich, begierig, hektisch. Selbst wenn es schlimm ist, ist es gut.
    Harvey erwachte vor der Morgendämmerung. Die Decke vom Rücksitz war über ihn ausgebreitet, obwohl er sich nicht daran erinnern konnte, sich die Decke geholt zu haben. Er lag da, wach, unbeweglich und voll wirrer

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