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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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aus der großen Halle entzündet hatte. Aus der Höhle, in der sich die Gesuchten eingeschlossen hatten, drang kein Laut mehr. Sicher lagen sie nun alle in ihren Särgen und schlummerten dem nächsten Abend entgegen. Er sah zu Danilo, der ebenfalls zu seiner menschlichen Gestalt zurückgekehrt war und gehässig grinste. Es würde für die Lycana ein böses Erwachen geben!
    »Die Höhle hatte zwei Zugänge«, sagte Tonka ein wenig schleppend. Sie hielt sich noch erstaunlich gut. »Für den größeren hier haben sie schwere Blöcke verwendet. Das dauert zu lange. Dafür haben wir keine Zeit. Aber dort drüben können wir sicher durchbrechen. Jovan, Vesna, macht euch an die Arbeit! Und dann …« Sie beendete den Satz nicht und klopfte stattdessen an das Heft ihres Schwertes, das an ihrer Seite hing. Alle vier trugen solche Klingen. Nur Piero nicht. Er hatte nie gelernt, mit einem Schwert zu kämpfen.
    Tonka ging ungewöhnlich langsam in den schmalen Spalt, in dem es noch vor wenigen Stunden einen Zugang zu der Höhle dahinter gegeben haben musste. Piero trat als Letzter ein. Angestrengt blinzelnd betrachtete er den dunklen Strich an der Decke. Was war das? Er lehnte sich zurück, um besser sehen zu können.
    »Tonka, bring die Lampe hierher. Das solltet ihr euch ansehen.«
    »Was ist? Du könntest uns lieber helfen!«, herrschte ihn Danilo an, doch seine Worte gingen in einem Prasseln herabfallender Steine unter. Die fünf warfen sich zu Boden, die Arme schützend über den Kopf gelegt. Als endlich wieder Ruhe einkehrte und sich der Staub ein wenig lichtete, rappelten sie sich auf. Ein paar Felsbrocken hatten sie getroffen und blutige Wunden gerissen, doch es war nichts, was nicht in ein paar ruhigen Nächten wieder heilen konnte. Diese würden ihnen allerdings nicht vergönnt sein. Sie waren gefangen!
    Danilo sprach als Erster. Er fluchte und schimpfte in einer Sprache, die Piero nicht verstand, aber er musste die Worte nicht kennen, um zu wissen, was sie ausdrückten. Sie hatten sich in ihrer Müdigkeit nicht genug konzentriert und waren in die Falle der Lycana getappt. Nun würden sie bald in ihre Todesstarre verfallen. Ein kleiner Aufschub, bis die irischen Vampire sie am Abend in Empfang nahmen.
    Danilo ließ seine Wut an den Servienten aus, die seiner Meinung nach die Schuld für dieses Debakel trugen.
    »Hör auf zu fluchen«, sagte Tonka barsch, und zu Pieros Überraschung verstummte Danilo. »Lass uns lieber sehen, ob wir nicht eine Lücke finden, durch die wir hinauskriechen können.«
    Piero ging die wenigen Schritte durch ihr Gefängnis und schüttelte den Kopf. »Da gibt es nichts. Wir können höchstens versuchen, die Steine wegzuräumen.« Er konnte sich nicht vorstellen, wie er es zustande bringen sollte, auch nur einen dieser Blöcke anzuheben. Er hatte kaum mehr die Kraft, die Augen offen zu halten und Worte zu formulieren! Wie gnädig wäre es, sich einfach in die Finsternis fallen zu lassen. Die Vorstellung, was ihn am anderen Ende erwartete, berührte ihn in diesem Moment nicht.
    »Du wirst kein Loch finden, groß genug für dich! Wir könnten für uns vielleicht schon etwas finden«, sagte Tonka, und obwohl sie aus einer klaffenden Kopfwunde blutete, rief sie den Nebel und wandelte sich in eine Maus. Die beiden Servienten halfen ihr. Die Tiere bewegten sich ein wenig träge, doch schließlich fand Jovan einen winzigen Durchlass ins Freie, wo sich zwei Felsen gegeneinander verkantet hatten. Noch einmal wechselten sie ihre Gestalt.
    »Das Loch führt nicht in die Höhle zurück, aus der wir gekommen sind, sondern in den schmalen Spalt. Ich habe jedoch einen Luftzug gespürt. Es muss eine Öffnung nach draußen geben. Wir können uns dort oben als Fledermäuse den Tag über verbergen und hinausfliegen, sobald es dunkel wird«, gab Jovan Auskunft.
    »Und unser Plan ist wieder gescheitert«, knurrte Danilo.
    »Aufgeschoben«, korrigierte Tonka. »Was ist? Hast du noch genug Kraft für den Übergang?«
    »Muss ich ja wohl«, gab er undeutlich zurück.
    »Moment, und was wird aus mir? Wollt ihr mich hier den Lycana und ihrem Zorn überlassen?«, meldete sich Piero zu Wort.
    »Nein, wir überlassen dich nicht den Lycana«, sagte Tonka, doch ehe er Erleichterung fühlen konnte, hatte sie ihr Schwert mit der silbernen Klinge aus der Scheide gezogen und stieß sie ihm ins Herz. In seinem vor Erschöpfung fast starren Zustand fiel es ihm gar nicht ein, sich zu wehren. Piero fiel auf die Knie. Er wusste nicht,

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