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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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schweigend seine Rühreier, dann sagte er: »Dass sie nicht einmal versucht hat, mich zu beißen, kommt mir auch ein wenig seltsam vor. Es war eine gute Gelegenheit. Sie waren zu zweit. Ich hätte ihnen nicht entkommen können. Ja, es war mir, als würde allein ihr Blick mich lähmen und mich meines Willens und meiner Kraft berauben.«
    »Sie hat von Weitem gerochen, dass dein Blut ihr nicht munden würde«, spottete Oscar. »Wir müssen uns Gedanken darüber machen, warum! Vielleicht stimmt mit dir etwas nicht, mein Freund. Du solltest dich vom Arzt deines Vertrauens untersuchen lassen.«
    Bram runzelte die Stirn. »In vielen Ländern werden Vampire  mit Weihwasser, Kreuzen und Hostien gejagt. Vielleicht haben die Kirchenmauern mich geschützt, obwohl sie nur noch eine Ruine sind. Denke daran, wie begehrt die Begräbnisplätze gerade in den Überresten von Klöstern und Kirchen sind. Die Grabplatten drängen sich dicht an dicht. Die Menschen glauben daran, dass dieser Boden geheiligt ist, egal ob das Kirchenschiff ein Dach trägt oder am Altar noch Messen gelesen werden.«
    »Vermutlich wissen die Menschen, dass sie nicht zum Wiedergänger werden können, wenn sie sich innerhalb dieser Mauern begraben lassen. Oder auch, dass ihre Gräber nicht von Untoten geschändet werden können«, schlug Oscar vor.
    »Ein kluger Gedanke«, stimmte ihm Bram zu, obwohl er wusste, dass sein Freund noch immer seinen Spott mit ihm trieb.
    »Was ist ein kluger Gedanke?«, verlangte Lady Wilde zu wissen, die gerade die Gaststube betrat. »Einen guten Morgen wünsche ich«, fügte sie etwas verspätet hinzu.
    »Sich in der Ruine eines Klosters begraben zu lassen, um nicht als blutsaugender Wiedergänger auf die Erde zurückkehren zu müssen«, gab Oscar gut gelaunt Auskunft. »Du solltest darüber nachdenken, Mutter.«
    »Das halte ich für Unsinn.«
    »Bram ist fest davon überzeugt, heute Nacht einer Vampirin begegnet zu sein. Nur sein taktisch guter Standpunkt hinter den Mauern einer Kirche haben ihm die Seele und sein Leben gerettet.« Oscar grinste breit und weidete sich an der Verlegenheit seines Freundes, der unter dem strengen Blick Lady Wildes ein wenig zu schrumpfen schien.
    »Bram hat eine unerklärliche Vorliebe für nächtliche Friedhofsbesuche, und wenn ich mir seine Erlebnisse so anhöre, komme ich direkt in Versuchung, ihn einmal wieder zu begleiten. Die Nacht in Rom auf dem Friedhof der Fremden habe ich noch deutlich in Erinnerung. Ich habe am Grab von Percy Shelley ein Gedicht geschrieben. Ich kann nicht leugnen, dass mich die Atmosphäre inspiriert hat. Soll ich dir das Gedicht vortragen, Mutter?«
    Lady Wildes Gesichtsausdruck wurde noch strenger. »Oscar, hör mit diesem kindischen Gerede auf. Wir haben Wichtigeres zu besprechen. Karen wird uns am Gasthof abholen und zu dem Treffen der Gruppe bringen.«
    »Wer ist Karen?«, wollte Bram wissen.
    »Eine kluge Frau, der es nicht genug ist, am Herd zu stehen und die Kinder ihres Mannes zu gebären, während er allein die politischen Geschicke des Landes beeinflussen kann.«
    »Herr im Himmel, sie gehört doch nicht etwa zu diesen verdrehten Frauenrechtlerinnen?«, rief Oscar.
    »Hier geht es um die Befreiung Irlands, nicht die der Frauen! Und wenn du etwas gegen Frauen hast, die für ihr Land kämpfen, dann sage es frei heraus, mein Sohn. Dann würde mich nur interessieren, warum du mich hierherbegleitet hast?«
    Sie konnte durchaus eine bedrohliche Erscheinung sein, wenn sie sich zur vollen Größe aufrichtete und diese Miene aufsetzte. Oscar widmete sich hastig seinem geräucherten Fisch und stopfte sich den Mund so voll, dass er unmöglich hätte antworten können, ohne die Regeln des Anstands mit Füßen zu treten. Die Lady sah ihn noch einige Augenblicke scharf an, dann orderte sie mit herrischer Stimme Tee und Toast, was ihr ein herbeigeeilter Kellner mit zahlreichen Verbeugungen sofort zu bringen versprach.
     
    »Und was machen wir jetzt?«, fragte Luciano mit vor Langeweile träger Stimme. Er war gesättigt, Franz Leopolds Wunden verbunden, und es schien noch zu früh, sich in die Särge zurückzuziehen. Die Freunde schlenderten in der Halle umher und stiegen dann hinauf in den Saal, in dem ihre Särge standen. Für einige Augenblicke fesselte sie die Entdeckung einer geheimen Kammer. Schräg gegenüber der Wendeltreppe war eine Falltür im Boden eingelassen. Sie war so geschickt in die Bohlen eingefügt, dass sie sie erst jetzt ausmachen konnten. Franz

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