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Lycana

Lycana

Titel: Lycana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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sich vor und streckte die Hand aus. Dabei gab sie leise Töne von sich. Der Vogel legte den Kopf schief, dann stieg er vertrauensvoll auf die ihm dargebotene Hand. Ivy hob den Falken hoch. Die Greifendame hatte eine imposante Größe, und als sie die Flügel entfaltete, berührte sie mit ihrer Spannweite von mehr als einem Meter beinahe die Wände auf beiden Seiten des schmalen Gelasses.
    »Rufe sie zu dir«, forderte Ivy Alisa auf. Alisa trat bis zu dem niederen Türsturz zurück. Der Blick des Vogels schien sie zu durchdringen. Sie hielt ihm stand und forschte nach den Strömungen seiner Gedanken. Der messerscharfe Geist, der sie abschätzend taxierte, überraschte Alisa.
    »Ja, es sind eigenwillige Persönlichkeiten, die für sich entscheiden, ob sie uns gehorchen oder nicht. Natürlich könnten die stärkeren der Lycana sie auch zwingen und ihren Willen niederringen, aber das tun wir nicht. Sie sind schneller und gewitzter, wenn sie uns freiwillig dienen. Hat man sie einmal gezwungen, dann bekämpfen sie uns bis an ihr Lebensende. Und sie geben ihre Erfahrungen weiter! So behandeln wir uns lieber mit gegenseitigem Respekt zu unser beider Vorteil. Und nun rufe sie zu dir.«
    Alisa konzentrierte sich auf den Vogel und ihren Lockruf. Die Greifendame entfaltete noch einmal ihre Schwingen und sprang mit einem Satz auf Alisas Hand. Dann legte sie die Flügel sorgsam wieder zusammen, reckte den Hals und musterte die Vampirin.
    Ein Poltern erklang auf der Treppe, dann kam Luciano in Sicht. »Ach, hier seid ihr!« Mit einem Krächzen floh der Vogel zu seinem Nest zurück und richtete sich dann auf, bereit zu Kampf oder Flucht.
    »Nun hast du sie verjagt«, sagte Alisa enttäuscht. Doch ehe sie einen zweiten Versuch wagen konnte, kam noch jemand die  Treppe hoch - allerdings viel leiser als Luciano. Es war Catriona, die bereits von ihrer Jagd zurückgekehrt war.
    »Unsere Freundin ist da. Das ist gut.« Sie trat vor, und der Falke flog auf ihre Schulter, ohne dass sie ihn erkennbar gerufen hätte. »Sie wird eine Nachricht für uns überbringen«, sagte Catriona und trug den Vogel behutsam zu einer Fensternische.
    »Ich weiß nicht, wo sich die Druidin gerade aufhält. Du wirst sie suchen müssen. Fang in den Mooren von Connemara an.«
    Die Greifendame sah sich noch einmal um, öffnete den Schnabel zu einem heiseren Schrei und ließ sich dann in die Nacht hinausfallen. Alisa fühlte fast so etwas wie Bedauern, als ihr Schatten sich in der Dunkelheit auflöste.
    »Kommt mit hinunter«, forderte sie Catriona auf.
    »Gibt es endlich Blut?«, wollte Luciano wissen.
    Ein Lächeln spiegelte sich in dem schönen Gesicht. »Ja, es gibt Blut für die Erben«, sagte sie, und keinen wunderte es, dass Luciano wie ein Blitz die Treppe hinunterverschwand.
    Später, als sie alle ihre Gier gestillt hatten, saßen Ivy, Alisa und Luciano auf der Kaimauer und ließen die Beine baumeln. Sie sahen dem träge in die Bucht zurückweichenden Wasser nach, das immer mehr tang- und algenbedeckte Felsen entblößte. Die anderen jungen Vampire streiften am Ufer entlang oder lagen im Gras, streng bewacht von ihren Schatten und den Lycana, die es hier offensichtlich nicht riskieren wollten, dass sich einer ihrer Schützlinge aus dem Staub machte. Malcolm saß mit seinen beiden Cousinen zusammen, sah aber immer wieder zu ihnen herüber. Vielleicht hätte er sich ihnen angeschlossen, wenn Ireen nicht seinen Arm ergriffen und eindringlich auf ihn eingeredet hätte. Tammo, Joanne und Fernand spielten ein Stück weiter mit Fernands Ratte. Die Dracas waren nicht zu sehen. Wahrscheinlich hatten sie sich bereits in ihre Särge zurückgezogen oder saßen auf der anderen Seite des Turms auf einer der Steinmauern.
    So warteten sie auf den Morgenstern, dem der Ruf in die Särge folgen würde. Die Lycana hatten inzwischen die Kisten von den  Schiffen geholt und in den Turm geschafft. Den heutigen Tag würden sie im Schutz der alten Mauern verbringen.
    »Warum fahren wir nicht weiter?«, fragte Alisa Murrough, als der mit den beiden letzten Kisten unter den Armen auf den Kai herübersprang.
    »Die Winde sind nicht günstig. Wir müssen auf den Einbruch der Nacht warten.«
    »Wird der Wind dann in die richtige Richtung drehen? Woher weißt du das?«
    Murrough schmunzelte. »Ich weiß es nicht nur, ich werde dafür sorgen!« Und mit diesen Worten ging er davon. Die jungen Vampire sahen ihm nach.
    »So wie der redet, könnte man meinen, er könne dem Wind befehlen«,

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