LYING GAME - Mein Herz ist rein: Band 3 (German Edition)
saß, verzog keine Miene. Sie musste Emma zur Schule mitnehmen, bis diese Suttons Auto gefunden hatte – es hatte vor Suttons Verschwinden wochenlang wegen unbezahlter Strafzettel im Abschlepphof gestanden, aber angeblich hatte Sutton es am Abend ihres Todes ausgelöst. Seitdem war das Auto spurlos verschwunden.
Emma hatte versucht, auf der Fahrt mit Laurel Smalltalk zu machen – sie darauf anzusprechen, dass sie Ethan und sie gestern Abend im Park belauscht hatte, wagte sie nicht, obwohl sie darauf brannte, herauszufinden, was Suttons Schwester gehört hatte. Aber Laurel hatte nur stur mit zusammengekniffenen Augen und verspanntem Kiefer geradeaus gestarrt und weder über die neue Beyoncé-Single noch über die Vorzüge von DiorShow-Wimperntusche gegenüber der billigen Maybelline-Ware reden wollen.
Seufzend stieg Emma aus dem Auto und wich einer auf dem Gehweg liegenden Gespenstermaske aus. Sie hatte die Nase voll von Laurels Launen. Letzte Woche hatten die beiden sich wunderbar verstanden, und es hatte so ausgesehen, als löse sich die bittere Rivalität, die zwischen Sutton und Laurel herrschte, allmählich in Wohlgefallen auf. Aber Thayers Erscheinen hatte ihr Verhältnis wieder zehn Schritte zurückgeworfen. Emma vermisste es, Laurel beim Frühstück anzulächeln, sich morgens neben ihr im Bad zu schminken und auf der Fahrt zur Schule laut mit dem Radio mitzusingen. Laurel hatte ihr gezeigt, wie schön es sein konnte, eine Schwester zu haben, was für Emma ein ganz neues Gefühl gewesen war.
Als sie auf den Pausenhof der Schule zusteuerte, fiel ihr auf, dass überall eifrig getuschelt wurde. Einen Namen hörte sie wieder und wieder: Thayer Vega.
»Hast du gehört, dass Thayer verhaftet wurde, weil er in das Haus der Mercers eingebrochen ist?«, flüsterte ein Mädchen in Webpelzweste. Emma erstarrte und duckte sich dann hinter eine Säule, um der Unterhaltung folgen zu können.
Der Kumpel des Mädchens, ein Typ mit enormen Geheimratsecken, nickte aufgeregt. »Ich habe gehört, dass Sutton ihn reingelegt hat. Sie wusste genau, dass er kommen würde.«
»Wo er wohl war?«, fragte Webpelz.
»Angeblich hat er in L. A. als Männermodel gearbeitet«, sagte Geheimratsecke achselzuckend.
»So ein Blödsinn.« Eine Elftklässlerin mit sprödem blondem Haar hatte sich zu Webpelz und Geheimratsecke gesellt. »Er hat sich mit einem mexikanischen Drogenkartell eingelassen und wurde ins Bein geschossen. Das erklärt auch, wieso er hinkt.«
»Das klingt logisch«, nickte Geheimratsecke weise. »Wahrscheinlich ist Thayer in Suttons Zimmer eingebrochen, weil er ihren Laptop klauen und damit seine Schulden beim Kartell bezahlen wollte.«
Webpelz verdrehte die Augen. »Ihr habt doch keine Ahnung. Er ist bei Sutton eingebrochen, weil er mit ihr noch eine Rechnung offen hat. Sie war der Grund, warum er abgehauen ist.«
»Sutton?«
Emma wirbelte herum und sah Charlotte auf sich zukommen. Die drei Schüler, die über Sutton geredet hatten, zuckten zusammen, als sie Emma hinter der Säule stehen sahen. Andere Schüler starrten sie im Vorbeigehen neugierig an. Ein paar Jungs kicherten.
Ich hatte das Gefühl, dass ich früher anders behandelt worden war, wenn ich durch die Flure von Hollier schritt. Man hatte sicher über mich getratscht, aber niemand hätte es gewagt, über mich zu lachen.
»Neuigkeiten verbreiten sich schnell, was?«, sagte Emma zu Charlotte, die neben ihr herging. Sie zog am Saum von Suttons grauen Nadelstreifen-Mikroshorts. Wenn sie gewusst hätte, dass sie heute jeder anglotzen würde, hätte sie ein weniger freizügiges Outfit gewählt.
»Nur solche Neuigkeiten.« Charlotte strich sich eine Strähne ihrer roten Mähne hinter das Ohr und reichte Emma einen Starbucks-Milchkaffee. Dann warf sie einem Goth-Mädchen, das Emma mit offenem Mund anstarrte, einen vernichtenden Blick zu. »Hast du ein Problem?«, fragte sie spitz.
Achselzuckend drehte sich das Goth-Mädchen um und ging. Emma warf Charlotte ein dankbares Lächeln zu und die Mädchen machten es sich auf einer Bank bequem. In Augenblicken wie diesem war Emma sehr dankbar dafür, wie eiskalt und arrogant Charlotte sein konnte. Sie war die lauteste und herrschsüchtigste Freundin in ihrer Clique, die Art Mädchen, mit der man sich unbedingt gut stellen und die man auf keinen Fall verärgern wollte. Emma hatte in ihrem früheren Leben eine Menge solcher Mädchen gekannt, allerdings nur aus der Ferne. Die Charlottes dieser Welt hatten Emma nur
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