LYING GAME Und raus bist du
Runde. »Hast du das große Keine-Streiche-mehr-Gespräch mit deinen Freundinnen geführt?«
»Nicht ganz.« Emma lachte gezwungen. »Ich arbeite dran.«
»Hältst du sie immer noch für teuflisch?«
»Schon.« Für teuflischer, als du dir vorstellen kannst , hätte sie gerne hinzugesetzt.
Dann fiel ihr Blick auf Ethans Arm. Er hatte etwas darauf geschrieben: Zerbrechlich muss das Herz des Menschen sein, ein Tümpel, hinter Spiegeln die Gedanken.
Sie erkannte die Zeilen sofort. »Du magst Sylvia Plath?«
Ethan wurde knallrot. »Du hast mich erwischt. Ich lese depressive Mädchengedichte.«
»Besser, als depressive Mädchengedichte zu schreiben«, lachte Emma. »Ich habe ein ganzes Notizbuch voll verfasst.« Ein Notizbuch, das in der Tasche ihrer verlorenen Reisetasche steckte. Emma dachte sehnsüchtig daran. Wahrscheinlich würde sie es nie wieder sehen. »Hast du Die Glasglocke gelesen?«, fragte sie.
Er nickte. »Ich fand das Buch großartig.«
»Ich habe es diesen Sommer dreimal gelesen«, gestand Emma.
»Sutton Mercer hat Die Glasglocke gelesen?« Ethan schaute sie überrascht an. »Und hat ein Notizbuch mit depressiver Lyrik vollgeschrieben? Du bist ein sehr vielschichtiges Wesen.«
Mr Garrison blies in seine Trillerpfeife, das Signal, dass Emma zur Turnhalle zurückkehren musste. Sie wandte sich dem Hohlweg zu. »Bis dann.« Sie warf Ethan ein Lächeln zu und spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Schnell drehte sie sich um und eilte mit einem Lächeln im Gesicht zur Turnhalle zurück.
Piep.
Es war ihr iPhone. Emma zog es hervor und las die SMS . Ein Abend im Spa klingt wundervoll , hatte Madeline zurückgeschrieben. Im La Paloma um sieben?
Alles klar , schrieb Emma zurück. Vielleicht würde sie heute Abend endlich ein paar Antworten bekommen.
»Miss Vega und Miss Mercer?« Eine frisch geduschte, sommersprossige Frau in einem Laborkittel stand in der Tür des Wartezimmers von La Paloma. »Ihr Raum ist bereit.«
»Cool.« Madeline minimierte die Klatschseite, die Emma und sie auf ihrem iPhone betrachtet hatten.
Die Kosmetikerin, auf deren Namensschild »Sofia« stand, öffnete eine Glastür und ließ die Mädchen auf einen langen, schmalen Flur hinaustreten. Ein männlicher Spa-Angestellter lief ihnen entgegen und musterte die beiden anerkennend. Madeline hielt seinen Blick und kicherte. Als er an ihnen vorbeiging, gab sie ihm einen Klaps auf den Po. Der Typ wirbelte herum, aber Madeline ging einfach weiter. Ihr langes Haar schwang hinter ihr her.
Sofia öffnete eine zweite Glastüre und enthüllte einen Raum mit einer riesigen Porzellanwanne. Indirektes, goldenes Dämmerlicht erfüllte das Zimmer. Dschungelgeräusche drangen leise aus den Lautsprechern. »Sie dürfen sich bereit machen«, trällerte Sofia und schloss die Tür.
Madeline ließ augenblicklich ihren Bademantel zu Boden fallen, rückte die Träger ihres schwarzen Bikinis zurecht und kletterte über eine kleine Plastikleiter in die Wanne. »Kommst du auch rein?«, rief sie Emma über die Schulter hinweg zu.
Emma löste den Gürtel ihres Bademantels und stieg vorsichtig in die Wanne. Der Schlamm war dickflüssig und körnig. Sie hatte das Gefühl, in einer großen Schüssel mit Haferflocken zu sitzen. Madeline lehnte mit einem entzückten Seufzer ihren Kopf an die Wannenwand. Sofia kam zurück und legte den Mädchen Gurkenscheiben über die Augen. »Entspannen Sie sich«, säuselte sie, dimmte das Licht, drehte die Dschungelmusik auf und schloss die Tür.
Der Schlamm gurgelte. Emma versuchte, den Augenblick zu genießen. Die Gurkenscheiben neben ihrer Nase rochen angenehm frisch, aber die Dschungel- CD dröhnte so laut aus den Boxen, dass sie sich nicht entspannen konnte. Das Geräusch prasselnden Regens wurde von Stammestrommeln und danach von summenden Insekten abgelöst. Vögel zwitscherten und krächzten. Eine afrikanische Flöte ertönte. Als ein Affe ein lautes Kreischen von sich gab, begann Emma zu kichern. Sie hörte ein Schnauben von der anderen Seite der Wanne und zog sich die Gurken von den Augen. Madeline hatte die Lippen fest aufeinandergepresst, als versuche sie nach Kräften, nicht laut loszulachen. Das brachte Emma nur noch mehr aus der Fassung. Dann begannen zwei Affen, gleichzeitig zu kreischen. Emma lachte schallend los und bekam dabei Schlamm ins Gesicht. Eine Gurkenscheibe rutschte von Madelines Augen und plumpste in die braune Brühe.
»Mann«, sagte Madeline zwischen Kicheranfällen. »Ich glaube,
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