LYING GAME - Weg bist du noch lange nicht
Motorrad und winkte ihnen zu, als sie vors Haus rollten.
»Wieso ist der denn schon zu Hause?«, murmelte Emma. Normalerweise kam Mr Mercer erst am frühen Abend aus dem Krankenhaus zurück – und wenn er Bereitschaftsdienst hatte, manchmal erst spät in der Nacht.
Laurel schaltete den Motor aus und die Mädchen stiegen aus.
»Sutton, ich muss mit dir reden«, sagte Mr Mercer und wischte sich die Hände an einem schmutzigen grünen Handtuch ab.
Emma verspannte sich sofort. Vielleicht hatte Nisha die Mercers ja doch angerufen. »Es tut mir leid«, sagte sie vorsichtshalber.
»Du weißt doch noch gar nicht, was ich sagen will«, schmunzelte Mr Mercer. »Deine Mom hat einen Anruf von Madame Renault bekommen. Sie sagte, du hättest bei deinem Französischtest letzte Woche die volle Punktzahl erzielt. Die beste Note der gesamten Klasse.«
Emma stieg das Blut in die Wangen. Laurel wirbelte herum und starrte sie ungläubig an. »Du?«
Mr Mercer grinste. »Sie sagte, du hättest deine Leistungen dramatisch gesteigert. Ich weiß, dass Französisch dir nicht leichtfällt. Mom und ich sind sehr stolz auf dich.«
Emma fuhr sich durchs Haar. Ehrlich gesagt war der Test ziemlich einfach gewesen, aber sie zwang sich zu einer bescheidenen Miene. »Danke.«
Mr Mercer lehnte sich gegen die hintere Stoßstange von Laurels VW. »Ich habe deine Mom zu einem Deal überredet. Als Belohnung für deine guten Leistungen werden wir deinen Hausarrest für den Schulball aussetzen und dich hingehen lassen. Und du bekommst dein Telefon zurück.« Er reichte ihr Suttons iPhone.
»Ehrlich?« Laurels Augen leuchteten auf. »Dad, das ist ja fantastisch!«
Emma drückte Laurels Arm und quiekte ebenfalls, weil das Sutton getan hätte. Dabei war ihr der Schulball im Moment eigentlich herzlich egal.
Mr Mercer zog eine Augenbraue hoch. »Du darfst gehen, aber am Tag danach gilt der Hausarrest wieder. Kapiert?«
»Und was ist mit unserem Campingausflug nach dem Ball?«, zwitscherte Laurel. »Darf Sutton da auch mitkommen?«
Mr Mercer wirkte plötzlich unsicher. »Na ja, ich glaube schon«, sagte er widerstrebend.
»Jawoll!«, brüllte Laurel. Dann sah sie Emma an. »Zum Dank darfst du mir deine Miu-Miu-Pumps für den Ball leihen.« Sie drehte sich um und hüpfte in Richtung Haus.
Emma wollte ihr nachgehen, aber Mr Mercer räusperte sich. »Sutton, kannst du mir noch kurz helfen?« Er wendete sich seinem Motorrad zu. »Kannst du das Ding halten, während ich die Reifen überprüfe?«
»Natürlich.« Emma folgte ihm in die Garage und packte den Lenker der Maschine.
Mr Mercer beugte sich vor und begutachtete das Profil des Vorderreifens. »Freust du dich auf den Schulball?«
»Auf jeden«, antwortete Emma und versuchte, begeistert zu klingen. »Vielen, vielen Dank. Aber … eigentlich verdiene ich das nicht.« Sie ging im Geiste durch, wie oft sie sich seit Beginn ihres Hausarrests heimlich aus dem Haus geschlichen hatte.
»Du hast es dir verdient, Sutton. Du hast es deinem guten Französischtest zu verdanken – und deiner Schwester, die uns angebettelt hat, dich gehen zu lassen.« Mr Mercer stand auf und verschränkte die Arme vor der Brust. »Du solltest Garrett anrufen und ihm die frohe Botschaft verkünden.«
Emma schnaubte sarkastisch und betrachtete ihr verzerrtes Spiegelbild im glänzenden Rahmen des Bikes. »Ich glaube, dem ist das ziemlich egal.«
Mr Mercer runzelte die Stirn. »Warum?«
Emma betrachtete das Regal, in dem Putzlumpen, Arbeits-T-Shirts, Motoröl und Bremsflüssigkeit lagerten. »Wir haben Schluss gemacht«, gab sie leise zu. »Und ich mag einen anderen«, setzte sie noch hinzu, selbst überrascht von ihren Worten. Sicher würde das Gespräch gleich wieder verklemmt und unangenehm werden, aber im Moment verspürte sie beinahe Erleichterung, weil sie endlich einmal die Wahrheit sagen konnte. Sie war nicht daran gewöhnt, sich Erwachsenen zu öffnen, und Mr Mercers wachsamem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, tat auch Sutton so etwas nicht sehr oft.
»Weiß dieser Jemand von deinen Gefühlen?« Mr Mercer klang interessiert.
»Irgendwie schon.« Emmas Stimme brach, als sie an ihr Date in der Fotoausstellung dachte. Es war alles so … perfekt gewesen. Aber dann erinnerte sie sich an den Ausdruck auf Ethans Gesicht, als er ihr gesagt hatte, was er für sie empfand, und seine schreckliche Enttäuschung, als sie ihm eröffnet hatte, sie wolle keine Beziehung mit ihm eingehen. Der Druck auf ihrer Brust, den sie
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