Lynne Graham
Schwächeanfall endete. „Gleich geht es mir wieder besser.“
„Ich werde etwas zu essen bringen lassen.“ Sergio telefonierte kurz und begann sich dann anzuziehen.
Kathy sah ihn nicht an. „Ich will nur noch nach Hause.“
„Sobald du etwas gegessen hast und du dich besser fühlst.“ Er klang höflich und besorgt.
Kathy wurde von einer überwältigenden Müdigkeit gepackt, die ebenso ungewöhnlich für sie war wie plötzliche Schwindelanfälle. Sie wusste, dass sie sich nicht so schnell wieder besser fühlen würde. Er hatte ihren Frieden gestört und ihren Stolz mit Füßen getreten. Und was, wenn ihre größte Angst wahr wurde? Wenn sie ein Kind von einem Mann bekam, den sie bis aufs Blut hasste?
5. KAPITEL
Als Kathy am nächsten Morgen erwachte, war ihr schon wieder schlecht.
Obwohl es noch ziemlich früh war, hielt sie es nicht länger aus und machte den Schwangerschaftstest, den sie zuvor besorgt hatte. Ein paar Minuten später hatte sie das Ergebnis, vor dem sie sich so fürchtete: Sie erwartete ein Kind. Ihr Magen rebellierte und trieb sie erneut ins Badezimmer. Anschließend brachte sie noch nicht einmal ein paar Happen Toast herunter.
Auch Sergio hatte keinen sonderlich erfreulichen Start in den Tag. Er war gerade im Büro angekommen, da baten Renzo Catallone und seine Chefsekretärin Paola, ihn in einer dringenden Angelegenheit sprechen zu können.
Paola legte die vermisste Uhr vor ihm auf den Tisch. „Es tut mir wirklich leid, Sir. Ich bin an jenem Morgen sehr früh ins Büro gekommen, weil ich vor meinem Urlaub noch überprüfen wollte, ob alles in Ordnung ist. Ich sah Ihre Uhr auf dem Fußboden liegen und schloss sie zur Sicherheit in meiner Schreibtischschublade ein …“
„ Sie haben meine Uhr gefunden?“, unterbrach Sergio sie ungläubig. „Und haben nichts gesagt?“
„Ich musste los, und es war noch kein Kollege da. Meine E-Mail ist offensichtlich übersehen worden“, erklärte Paola Brünette unglücklich. „Erst als ich heute Morgen wieder zur Arbeit kam und von dem Diebstahl erfuhr, begriff ich, dass niemand wusste, was ich getan hatte.“
An diesem Morgen fiel Kathy auf ihrem Weg zur Arbeit jede schwangere Frau auf, und sie war erstaunt, wie viele es waren. Obwohl die Lage, in der sie sich befand, noch nicht ganz in ihr Bewusstsein gedrungen war, spürte sie bereits eine leichte Panik in sich aufsteigen. Andere Frauen werden auch mit ungeplanten Schwangerschaften fertig, ermahnte sie sich streng. Dann würde sie es auch schaffen. Sie musste ruhig bleiben und sich genau überlegen, was jetzt zu tun war. Als alleinerziehende Mutter würde sie finanzielle Hilfe brauchen – seine Hilfe. Bei dieser Aussicht schüttelte es Kathy vor Abscheu. Sie hatte Sergio Torrentes Stimme noch im Ohr: „Leichter lässt sich Geld kaum verdienen.“
Als sie die Agentur betrat, hielt ihr die Kollegin an der Rezeption gleich das Telefon entgegen. „Ein Anruf für dich.“ Kathy nahm es und meldete sich.
„Warum gehst du nicht an dein Handy?“, wollte Sergio wissen. Seine tiefe Stimme hallte in ihren Ohren und ließ sie vor Schreck erstarren.
„Ich darf hier keine Privatgespräche führen. Es tut mir leid, ich kann nicht mit dir sprechen“, teilte Kathy ihm kurz angebunden mit und legte auf. Sie nahm es ihm übel, dass er es überhaupt wagte, sie anzurufen. Kannte seine Arroganz denn gar keine Grenzen? Konnte er nicht akzeptieren, dass sie nichts mit ihm zu tun haben wollte? Widerwillig gestand sie sich ein, dass sie früher oder später mit ihm reden musste, aber wenn es nach ihr ginge, konnte das noch gern eine Weile warten.
Kurz nach dem Anruf wurde ein spektakulärer Blumenstrauß für sie abgegeben. Kathy öffnete die Karte, die nur mit Sergios Initialen unterschrieben war. Warum rief er sie an und schickte ihr Blumen? Unbehaglich stellte sie fest, dass die exotischen Tigerlilien jede Menge Aufmerksamkeit auf sie lenkten. Sie versuchte, dem Boten das Bouquet zurückzugeben. „Es tut mir leid, aber ich will das nicht haben …“
„Das ist nicht mein Problem“, antwortete er und verschwand.
Eine Stunde später bekam sie einen weiteren Anruf von Sergio, aber sie weigerte sich, ihn anzunehmen. Zur Mittagszeit kam ihre Vorgesetzte auf sie zu, nahm sie zur Seite und sagte mit leiser Stimme zu ihr: „Du kannst heute etwas länger zum Lunch bleiben. Um genau zu sein, soll ich dir ausrichten, dass du dir ruhig den Nachmittag freinehmen kannst.“
Kathy sah sie verwirrt an.
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