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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Cassander.«
    Ihre Zweige formten ein Laubdach über dem Kind. »Möge das Licht Lugs deinen Körper wärmen. Möge die Dunkelheit Ogmas deinen Blick schärfen. Möge Lir deine Schiffe tragen. Möge Dagda dich auf immer in ihrer Gunst halten.«
    Sie wandten sich ab und schlurften auf ihren nackten Füßen langsam hinaus.
    Pagen in scharlachroten Puffhosen hoben ihre Trompeten und bliesen
Ehre sei der Königin
. Die Gesellschaft erhob sich und stand in murmelndem Halb-Schweigen, als Königin Sollace sich, gestützt auf den Arm Lady Lenores, zurückzog, während Lady Desdea über das Hinaustragen der Wiege wachte.
    Jetzt erschienen Musikanten auf der Galerie, mit Hackbrett, Pfeifen, Laute und Cadwal (einer einsaitigen Fiedel, die sich zum Spielen von Giguen eignet). Die Mitte des Saales wurde freigemacht. Die Pagen bliesen eine zweite Fanfare:
Sehet! Der fröhliche König!
    König Casmir hielt bei Lady Arresme, der Herzogin von Slahan, um den Tanz an. Die Musikanten spielten eine prächtige Harmonie, und König Casmir führte Lady Arresme voran zur Pavane, gefolgt von den vornehmen Damen und Herren des Reiches. Es war ein großartiges Schauspiel mit prunkvollen Kostümen in allen erdenklichen Farben, bei dem jede Geste, jeder Schritt, jede Verbeugung, ja sogar die Haltung des Kopfes, der Hand und des Handgelenks exakt von der Etikette diktiert waren. Suldrun schaute gebannt zu: Schritt, Pause, eine kleine Verneigung mit einem exakt bemessenen, eleganten Schwung der Arme, dann ein erneuter Schritt, begleitet vom Schimmern der Seide und dem Rascheln von Unterröcken, sorgsam abgestimmt zu den bedächtigen Wohlklängen der Musik. Wie streng und würdevoll ihr Vater schien, wie ernst, selbst bei einer so heiteren Nichtigkeit wie dem Tanzen der Pavane!
    Die Pavane endete, und die Gesellschaft begab sich zum Clod an Dach Nair, wo jeder seinen Platz an der Festtafel fand. Hier galt strikteste Rangabstufung. Der Hauptherold und ein Ordinator hatten die Tischordnung aufs peinlichste genau ausgearbeitet, galt es doch, auch die feinsten Rangunterschiede zu berücksichtigen. Suldrun erhielt den Platz direkt zur Rechten des Königs, auf jenem Stuhl, der für gewöhnlich der Königin vorbehalten war. An diesem Abend jedoch fühlte sich die Königin unpäßlich. Sie hatte sich zu Bett begeben und aß sich dort an süßen Quarktörtchen satt, während Suldrun zum erstenmal an einem Tisch mit ihrem Vater, dem König, speiste.
     
    Drei Monate nach der Geburt von Prinz Cassander veränderten sich Suldruns Lebensumstände. Ehirme, die bereits Mutter zweier Söhne war, gebar Zwillinge. Ihre Schwester, die den Haushalt geführt hatte, wenn Ehirme im Palast war, heiratete einen Fischer, und Ehirme konnte Suldrun fortan nicht mehr dienen.
    Fast gleichzeitig kündete Dame Boudetta an, der König wünsche, daß Suldrun sich einer Ausbildung in Benehmen, Tanz und allen anderen Fertigkeiten und Zierden zu unterziehen hätte, die einer königlichen Prinzessin geziemten.
    Suldrun schickte sich in das Ausbildungsprogramm, das von verschiedenen Damen des Hofes erteilt wurde. Wie bisher pflegte sie die schläfrigen Stunden des frühen Nachmittags dazu zu nutzen, draußen umherzuwandern: in die Orangerie, in die Bibliothek oder ins Ehrenhaus. Von der Orangerie führte der Weg entlang einer Arkade hinauf zu Zoltras Mauer und durch einen bogenförmigen Tunnel hinaus auf den Urquial. Suldrun wagte sich bis zu dem Tunnel. Dort blieb sie dann im Schatten stehen und schaute den Reitern zu, wie sie mit Pike und Schwert übten. Sie bieten ein prächtiges Schauspiel, dachte Suldrun, mit ihrem Stampfen, Brüllen, Stoßen ... Zur Rechten flankierte eine bröcklige Mauer den Urquial. Fast versteckt hinter einer breit auswuchernden alten Lärche war eine schwere Holztür, vom Alter verwittert, die durch die Mauer führte. Suldrun huschte aus dem Tunnel und in den Schatten der Lärche. Sie spähte durch den Ritz in der Tür, dann zog sie an einem Riegel, der die krummen Holzbohlen im Mauerwerk festhielt. Sie setzte ihre ganze Kraft ein, doch ohne Erfolg. Sie hob einen Steinbrocken auf und benutzte ihn als Hammer. Die Nieten zerbrachen, der Riegel fiel herunter. Suldrun drückte gegen die Tür. Sie knarrte und bebte. Suldrun drehte sich herum und stieß mit ihrem runden kleinen Hinterteil gegen die Bohlen. Die Tür protestierte mit einem Laut, der fast wie eine menschliche Stimme klang, und öffnete sich einen Spalt.
    Suldrun zwängte sich hindurch und fand sich am

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