Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse
Augen schien ein gelbes Licht aufzulodern. »Wie Sir Glide bietet Ihr mir nichts und erwartet alles. Ich kann Euch nicht gefällig sein.«
Sir Glide vollführte die knappste aller Verbeugungen, die das ritterliche Protokoll vorschrieb. »Unseren Dank, daß Ihr uns zumindest Eure Aufmerksamkeit gewährt habt.«
»Wenn Ihr gehofft habt, meinetiefe Antipathie zu erwecken, dann ist Euch das gelungen«, sagte Carfilhiot. »Ansonsten war es verschwendete Zeit. Hier entlang bitte.« Er führte die beiden an dem Vogelhaus vorbei, wo der verrückte König Deuel sogleich mit einer neuen dringenden Beschwerde nach vorn gehüpft kam, und hinunter in die Vorhalle. Dort winkte Carfilhiot seinen Kammerdiener herbei. »Führt diese Herren zu ihren Pferden.« Er wandte sich wieder den beiden zu. »Ich sage euch Lebwohl. Mein Wort geleitet euch sicher bis zum Talausgang. Solltet ihr wiederkommen, werdeicheuchalsfeindlicheEindringlingebetrachten.«
Shimrod sagte: »Ich möchte ein letztes Wort mit Euch reden.«
»Wie Ihr wünscht. Sprecht.«
»Gehen wir nach draußen. Was ich Euch zu sagen habe, klingt matt und dumpf in Eurer Halle.«
Carfilhiot führte Shimrod auf die Terrasse. »Sprecht.« Sie standen im vollen Licht der Nachmittagssonne.
»Ich bin Magier des elften Grades«, sprach Shimrod. »Als Ihr mein Haus Trilda ausraubtet, lenktet Ihr mich von meinen Studien ab. Ich werde sie nun wieder aufnehmen. Wie gedenkt Ihr, Euch vor mir zu schützen.«
»Würdet Ihr es wagen, Euch mit Tamurello anzulegen?«
»Er wird Euch nicht vor mir schützen. Er fürchtet sich vor Murgen.«
»Ich bin sicher.«
»Da irrt Ihr Euch. In Trilda beginget Ihr die Provokation, daher bin ich berechtigt, mich zu rächen. So lautet das Gesetz.«
Carfilhiots Kinn sackte hinunter. »Es hat keine Geltungskraft.«
»Nein? Und wer beschützte Rughalt, als sein Leib von innen her verbrannte? Und wer wird Euch beschützen? Tamurello? Fragt ihn doch. Er wird Euch Beteuerungen abgeben, aber Ihr werdet ihre Falschheit leicht durchschauen können. Zum letzten Mal: Gebt mir mein Eigentum und meine beiden Kinder.«
»Ich beuge mich keines Menschen Befehl.«
Shimrod wandte sich ab. Er ging über die Terrasse und stieg auf sein Pferd. Die zwei Emissionäre ritten den Serpentinenpfad hinunter, vorbei an dem Gerüst mit den vier gestreckten Männern von Burg Femus, und durchs Tal nach Ys.
Eine Gruppe von fünfzehn abgerissenen Bettlern irrte auf dem Ulfpaß nach Süden. Einige gingen gekrümmt, andere humpelten auf lahmen Beinen, wieder andere trugen Verbände, die durchtränkt waren vom Eiter schwärender Wunden. Als sie sich der Festung von Kaul Bocach näherten, sahen sie die Soldaten, die dort Wache hielten, und humpelten laut wehklagend auf sie zu, um sie um Almosen anzubetteln. Die Soldaten wichen angewidert zurück und hießen die Gruppe schleunigst passieren.
Einmal hinter der Festung, genasen die Bettler auf gar wundersame Weise von ihren Leiden. Sie reckten die vormals krummen Leiber, streiften die Verbände ab und setzten in kraftvollem Schritt ihren Weg fort. In einem Wald eine Meile hinter der Festung zogensie Äxte unter ihren Umhängen hervor, hackten Äste und bauten vier lange Leitern.
Der Nachmittag verging. Als die Dämmerung hereinbrach, näherte sich eine weitere Gruppe Kaul Bocach – eine Truppe fahrender Musikanten. Sie schlugen ihr Lager vor der Festung auf, stachen ein Fäßchen Wein an, rösteten Fleisch an einem Spieß, und anschließend huben sie an zu spielen. Zu den Klängen ihrer Instrumente drehten sich sechs hübsche Mädchen im Kreis um das Feuer.
Die Soldaten der Festung kamen herbei, der Lustbarkeit zuzuschauen und den Mädchen Komplimente zuzurufen. In der Zwischenzeit kam die erste Gruppe heimlich zurück. Sie lehnten ihre Leitern an die Mauern und stiegen unbemerkt über die Brüstung.
Rasch und lautlos erstachen sie zwei unglückliche Wachtposten, deren Aufmerksamkeit ganz von dem tanzender Reigen Mädchen beansprucht war, dann stiegen sie hinunter in den Mannschaftsraum und töteten die dort auf ihren Strohmatten schnarchenden Soldaten. Alsdann schlichen sie sich lautlos an die Soldaten heran, die dem Reigen zuschauten, und fielen ihnen in den Rücken. Sofort verstummte die Musik. Die Musikanten sprangen auf, warfen sich mit in das Kampfgetümmel, und keine drei Minuten später war die Festung Kaul Bocach wieder in der Hand der Streitkräfte von Süd-Ulfland.
Der Oberbefehlshaber und vier Überlebende wurden
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