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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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uns einen freundlichen Dienst erweisen, um dir unsere Segnungen und unsere Wohltaten zu erwirken.« Auf dem Tisch sah Suldrun eine grüne Glasflasche von etwa einer Gallone Inhalt. Der Hals dieser Flasche umschloß fest den Hals eines zweiköpfigen Homunkulus, so daß nur seine zwei kleinen Köpfe aus dem Spund hervorschauten. Diese waren gedrungen, nicht größer als der einer Katze, mit runzligen, kahlen Schädeln, auf-und zuschnappenden schwarzen Augen und einem Nasen- und Mundwerkzeug aus hartem braunem Horn. Der Körper verschwamm hinter dem Glas und einer dunklen Flüssigkeit, die aussah wie starkes Bier. Die Köpfe reckten sich Suldrun zu und sprachen zueinander: »Ah, was für ein hübsches Mädchen!«
    »Und gutherzig dazu!« »Ja, das ist die Prinzessin Suldrun. Sie ist schon für gute Werke bekannt.«
    »Hast du davon gehört, wie sie den kleinen Sperling wieder gesund gepflegt hat?« »Komm ein wenig näher, liebes Kind, damit wir uns an deiner Schönheit ergötzen können.«
    Suldrun blieb, wo sie war. Andere Dinge beanspruchten ihre Aufmerksamkeit, und es waren allesamt Gegenstände, die eher dazu angetan schienen, Erstaunen zu erregen als einem nützlichen Zweck zu dienen. Einer Urne entströmte das farbige Licht, das entweder, einer Flüssigkeit gleich, nach unten floß, oder aber wie ein Nebel nach oben stieg. An der Wand hing ein achteckiger Spiegel in einem Rahmen aus mattiertem Holz. Weiter weg stand, auf Pflöcke gestützt, ein menschenähnliches Skelett aus schwarzen, gertendünnen Knochen. Aus den Schulterblättern ragten zwei geschwungene Flügel. Sie waren mit Dutzenden kleiner Löcher gesprenkelt, aus denen einst Federn, vielleicht auch Schuppen gewachsen sein mochten. Das Skelett eines Dämonen? Als Suldrun in die leeren Augenhöhlen schaute, beschlich sie die unheimliche Gewißheit, daß diese Kreatur niemals durch die Lüfte der Erde geflogen war.
    Die beiden Köpfe des Flaschenteufelchens riefen aufmunternd: »Suldrun, schöne Prinzessin! Tritt näher!«
    »Erfreue uns mit deiner Anwesenheit!«
    Suldrun trat einen Schritt weiter in den Raum. Sie bückte sich und betrachtete neugierig ein Senkblei, das über einer Schüssel voll Quecksilber hing. Darüber hing an der Wand eine Bleitafel, beschriftet mit einer Reihe verzwickter schwarzer Zeichen, die sich beim Daraufschauen fortwährend veränderten: In der Tat ein bemerkenswerter Gegenstand! Suldrun fragte sich, was die Zeichen wohl bedeuten mochten. Sie wiesen keinerlei Ähnlichkeit mit den ihr bekannten Lettern auf.
    Eine Stimme erscholl aus dem Spiegel, und Suldrun sah, daß der untere Teil des Rahmens so geformt war, daß er wie ein weit geöffneter Mund aussah, dessen Winkel an den Enden nach oben gekringelt war. »Die Zeichen bedeuten: ›Suldrun, süße Suldrun, verlasse diesen Raum, bevor dir etwas Schlimmes zustößt!‹«
    Suldrun schaute sich um. »Was könnte mir Böses zustoßen?«
    »Laß den Flaschenteufel dein Haar oder deine Finger zu fassen kriegen, und du weißt, was Leid bedeutet.«
    Die zwei Köpfe meldeten sich zu Wort: »Was für eine boshafte Unterstellung! Wir sind so treu und sanft wie Tauben.«
    »Oh! Es ist bitter, verleumdet zu werden, wenn man sich nicht wehren kann!«
    Suldrun wich vor ihnen zurück, wandte sich wieder dem Spiegel zu. »Wer bist du, der aus dem Spiegel spricht?«
    »Persilian.«
    »Es ist nett von dir, mich zu warnen.«
    »Vielleicht. Der Spaß am Widersinn packt mich gelegentlich.« Suldrun trat vorsichtig näher an den Spiegel heran. »Darf ich einen Blick in den Spiegel werfen?«
    »Ja. Aber sei gewarnt: Was du siehst, könnte dir mißfallen!« Suldrun dachte nach. Was mochte sie sehen, das ihr mißfallen könnte? Die Vorstellung erregte ihre Neugier. Sie zog einen dreibeinigen Schemel quer durch den Raum und stieg auf ihn, um in den Spiegel schauen zu können. »Persilian, ich sehe nichts. Es ist genauso, als ob ich in den Himmel schaute.«
    Die Oberfläche des Spiegels geriet in Bewegung. Einen kurzen Augenblick lang schaute Suldrun in ein Gesicht: das Gesicht eines Mannes. Es war von makelloser Ebenmäßigkeit. Dunkle Locken rahmten es ein. Feingeschwungene Brauen wölbten sich über leuchtenden dunklen Augen; eine gerade Nase ergänzte den vollen, geschmeidigen Mund ... Das magische Bild verblaßte. Suldrun starrte erneut in einen leeren Spiegel. Ihre Stimme klang nachdenklich, als sie fragte: »Wer war das?«
    »Solltest du ihm jemals begegnen, dann wird er seinen Namen sagen.

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