Lyonesse 3 - Madouc
zu ihr herunter spähte.
Mit zorniger Stimme fuhr sie ihn an: »Was gibt es da zu glotzen, Sir Pom-Pom? Hast du noch nie ein nacktes Mädchen gesehen?«
»Jedenfalls noch nie eine nackte Prinzessin«, erwiderte Sir Pom-Pom grinsend.
»Das ist schierer Unsinn«, rief Madouc entrüstet. »Wir sind alle gleich, ob Prinzessin oder nicht. Es gibt wahrlich nichts Bemerkenswertes zu sehen.«
»Trotzdem finde ich es immer noch interessanter, als das Hinterteil von Juno zu betrachten.«
»Gaff, soviel du willst«, sagte Madouc. »Was schert mich deine Torheit?«
»Das ist ganz und gar keine Torheit«, sagte Sir Pom-Pom. »Ich habe schließlich einen triftigen Grund für meine Inspektion.«
»Und der wäre?«
»Sollte ich mit dem Heiligen Gral zurückkommen, hätte ich damit das Recht erworben, um die Hand der königlichen Prinzessin anzuhalten. Deshalb hielt ich es für vernünftig, mich durch Augenschein zu vergewissern, welche Vorteile eine solche Wahl mit sich bringen würde. Ich muß jedoch feststellen, daß ich nichts sehe, was große Begeisterung in mir entfachen könnte.«
Madouc rang nach Worten. Schließlich sagte sie: »Da du ganz offenbar unbeschäftigt bist, schlage ich vor, daß du Feuer machst und eine Suppe für unser Mittagsmahl kochst.«
Sir Pom-Poms Gesicht verschwand hinter dem Blattwerk. Madouc entstieg dem Wasser, kleidete sich an und kehrte zum Pfad zurück.
Während die zwei im Schatten einer großen Ulme ihre Suppe aßen, bemerkten sie drei Personen, die sich zu Fuß näherten: einen kleinen dicken Mann, eine Frau von ähnlichen Proportionen und einen mickrigen Bengel mit kränklich grauer Haut, der nur aus Kopf und Beinen zu bestehen schien. Als die drei näher kamen, erkannte Madouc in ihnen die drei Spaßmacher wieder, die auf dem Jahrmarkt in Abatty Dell ihre Kunststücke vorgeführt hatten.
Die drei traten zu ihnen und blieben stehen. »Einen guten Tag euch zweien«, sagte der Mann, der ein rundes Gesicht, zottiges schwarzes Haar, eine Knollennase und leuchtende schwarze Glotzaugen hatte.
»Ich schließe mich diesem Gruße an«, erklärte die Frau, die wie der Mann ein rundes, weiches Gesicht, schwarzes Haar, runde schwarze Augen und eine rosige Stupsnase besaß.
»Auch euch einen guten Tag«, sagte Madouc.
Der Mann spähte in den Topf, in dem die Suppe wallte. »Dürfen wir uns zu euch in den Schatten setzen und uns einen kurzen Moment von unserem beschwerlichen Fußmarsch erholen?«
»Der Schatten ist frei«, sagte Sir Pom-Pom. »Rastet, wo es euch gefällt.«
»Eure Worte klingen freundlich im Ohr!« sagte die Frau dankbar. »Der Weg ist lang, und aufgrund meines Leidens fällt mir das Gehen schwer, und bisweilen bereitet es mir auch Schmerzen.«
Die drei ließen sich mit übereinandergeschlagenen Beinen im Schatten der Ulme nieder. »Gestattet, daß wir uns vorzustellen«, sagte der Mann. »Ich bin Filemon, Meister des Frohsinns. Hier sitzt Dame Corcas, die nicht minder bewandert ist in fröhlichen Possen. Und hier, kurz aber wacker, ist unser kleiner Mike-laus. Er ist nicht allzu fröhlich und womöglich gar ein wenig unpäßlich, da er heute kein Frühstück hatte. Hab ich recht, armer Mikelaus, du trauriger kleiner Wicht?«
»Arum. Boskatch. Gaspa confaga.«
Sir Pom-Pom blinzelte verwirrt. »Was hat er denn gesagt?«
Filemon schmunzelte. »Mikelaus hat eine seltsame Art zu sprechen, die nicht jedem verständlich ist.«
Dame Corcas übersetzte die Worte des Bengels: »Er fragt: ›Was brodelt da in dem Topf?‹«
»Das ist unser Mittagsmahl«, erklärte Sir Pom-Pom. »Ich habe eine Suppe aus Schinken, Zwiebeln und Bohnen bereitet.«
Wieder ließ sich Mikelaus vernehmen. »Vogenard. Fistilla.«
Filemon sagte mißbilligend: »Unmöglich, Mike-laus! Das ist nicht unsere Speise, ganz gleich, wie sehr du auch nach Nahrung lechzt.«
Dame Corcas sagte: »Vielleicht können diese guten Leute ja einen kleinen Happen für ihn erübrigen, auf daß der Lebensfunken in seiner armen kleinen Seele nicht gänzlich erlischt.«
Madouc antwortete: »Ich denke, das läßt sich ermöglichen. Sir Pom-Pom, gib der armen Kreatur eine Portion von der Suppe.«
Sir Pom-Pom tat mürrisch wie geheißen. Dame Corcas nahm den Napf entgegen. »Ich muß prüfen, ob sie nicht zu heiß ist; sonst verbrennt sich Mikelaus den Mund.« Sie tunkte den Löffel tief in die dampfende Suppe, wobei sie es geschickt verstand, auch ein ordentliches Stück Schinken mit herauszufischen, und kostete. »Sie ist
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