Lyonesse 3 - Madouc
jeder Hinsicht beipflichten, Eure Hoheit, hätte ich nicht einen scheußlichen Affront von diesem rattenzahnigen alten Aasgeier erleiden müssen!«
»Was hat sich zugetragen? Beschreibe doch dein Leiden!«
»Nur zu gern! Dieser verkommene Registrator glaubte, mir einen üblen Streich spielen zu müssen! Als ich mich für einen Moment abwandte, steckte er mir seinen stinkenden Strumpf in meinen Becher Pastinakbier.«
König Throbius wandte sich Womin zu. »Und welches war dein Beweggrund?«
»Ich hatte keinen Beweggrund!«
»Keinen?«
»Keinen! Und zwar aus diesem Grund: ich war nicht an der Tat beteiligt! Die Anschuldigung ist ungerechtfertigt! Dort sitzt Falael, der den gesamten Vorgang mit eigenen Augen verfolgte; er wird meine Unschuld bezeugen!«
König Throbius schwang seinen Leib herum. »Nun denn, Falael: laß uns dein Zeugnis hören.«
»Ich flocht just in dem Moment eine Gänseblümchenkette«, sagte Falael. »Meine Konzentration war ganz auf mein Werk gerichtet; ich sah nichts von dem Vorfall.«
»Wie auch immer, ich bin schuldlos«, erklärte Wo-min. »Angesichts meiner Reputation kann nur jemand, der anstelle eines Hirns Kochkäse im Kopfe hat, etwas anderes denken.«
»Von wegen!« zeterte erbost Shemus. »Wenn du unschuldig bist, warum trägst du dann bloß einen Strumpf? Und wie kommt es, daß der Strumpf, den ich in meinem Bier vorfand, von der gleichen dunkelbraunen Farbe ist wie der an deinem Bein?«
»Das ist mir ein Rätsel!« behauptete Womin. »Eure Hoheit, hört mich zu Ende an! Die schuldige Partei ist zweifelsohne diese versoffene alte Kröte, die hier herumwettert, als sei sie von Sinnen! Er versetzte mir mehrere harte Hiebe und tunkte unterdessen meinen Strumpf in sein widerliches Gesöff, in das er zweifellos zuvor hineingeschnieft und -geschneuzt hatte.«
Shemus stampfte zornentbrannt mit dem Fuß auf. »Diese Bemerkung ist eine weitere Provokation, die mindestens noch zwei zusätzliche Hiebe verdient!« Shemus hätte Womin aufs neue gezüchtigt, wäre nicht König Throbius machtvoll dazwischengetreten.
»Hört sofort mit dieser Narretei auf! Offensichtlich ist ein Irrtum geschehen; laßt uns die Sache nicht noch weiter treiben!«
Womin und Shemus drehten einander den Rücken zu, und der Friede war wiederhergestellt. König Throbius kehrte zu Madouc zurück und sprach: »Ich sage dir einstweilen Lebewohl. Wenn du mit deinen drei Herren zurückkehrst, werden wir einen von ihnen gewiß als deinen Vater identifizieren, und du wirst deinen Stammbaum kennenlernen.«
Sir Pom-Pom vermochte seine eigenen drängenden Nöte nicht länger zu bezähmen. »Bitte, Eure Hoheit! Auch ich benötige Instruktionen! Wie soll ich den Heiligen Gral finden?«
König Throbius schaute verdutzt Twisk an. »Was ist denn der ›Heilige Gral‹?«
»Ich habe von dem Gegenstand schon einmal gehört, Eure Hoheit. Vor langer Zeit einmal sprach Sir Pellinore von einem solchen Artikel. Ich glaube, es ist ein Pokal oder etwas in der Art.«
»Es ist ein Kelch, der den Christen heilig ist«, erläuterte Sir Pom-Pom. »Ich bin sehr erpicht darauf, ihn zu finden, auf daß ich mir eine königliche Belohnung verdiene.«
König Throbius zupfte sich am Bart. »Ich weiß nichts von einem solchen Gefäß; du mußt dich anderswo erkundigen.«
Auch Travante erkühnte sich, eine Frage zu stellen. »Vielleicht kann Eure Hoheit mir sagen, wo ich nach meiner verlorenen Jugend suchen könnte.«
Wieder zupfte König Throbius an seinem Bart. »Hast du sie verlegt oder wahrhaftig verloren? Erinnerst du dich an irgendwelche der mit dem Verlust zusammenhängenden Umstände?«
»Zu meinem Leidwesen nicht, Eure Hoheit. Ich hatte sie; ich verlor sie; weg war sie.«
König Throbius schüttelte skeptisch den Kopf. »Nach solch langer Vernachlässigung kann sie fast überall sein. Ich rate dir, halte beim Wandern aufmerksam nach ihr Ausschau. Und ich sage dir ferner: wenn du sie findest, sei flink und ergreife sie hurtig!« König Throbius langte hoch in die Luft und holte einen silbernen Reif von zwei Fuß Durchmesser herunter. »Wenn du findest, was du suchst, fang es mit diesem Reif. Er gehörte einstmals der Nymphe Atalanta und ist schon in sich eine große Besonderheit.«
»Ich danke Eurer Hoheit.« Travante hängte sich den Reif behutsam über die Schulter.
König Throbius und Königin Bossum verabschiedeten sich mit einer würdevollen Verbeugung und schlenderten davon. Noch während sie über die Wiese dahinschritten,
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