Lyonesse 3 - Madouc
du dich von mir zurückzögest und alle deine Komplimente zurücknähmest.«
»Schlafende Hunde sollte man besser nicht wekken«, sagte Dhrun. »Gleichwohl vermute ich, daß das, was hier vor mir steht, voll und ganz du bist.«
»Trotzdem will ich mir ein für allemal Gewißheit verschaffen. Das gebietet mir schon meine Redlichkeit. Paßt du auf?«
»Sehr genau.«
»Sei auf das Schlimmste gefaßt!« Mit den Fingern der linken Hand zog sich Madouc kräftig am rechten Ohr. »Kannst du eine Veränderung feststellen?«
»Nicht die Spur einer solchen.«
»Das erleichtert mich. Laß uns nach dort drüben gehen und uns auf das Sofa setzen, und ich werde dir von meinen Abenteuern im Wald von Tantrevalles erzählen.«
3
Die Nacht verging ohne Zwischenfall. Die Sonne ging mandarinenrot im Osten auf, und der Tag begann. Madouc wachte früh auf und blieb noch eine Weile im Bett, um nachzudenken. Dann schwang sie sich unvermittelt aus den Federn, rief ihre Zofe, badete in dem Zuber aus rosafarbenem Porphyr und kleidete sich in ein blaues Leinenkleid mit weißem Kragen. Die Zofe bürstete ihr das Haar, bis die kupferfarbenen Ringellöckchen gebändigt waren und in seidig schimmernden Wellen fielen, welche sie raffte und mit einem blauen Band schnürte.
Es klopfte an der Tür. Madouc legte den Kopf schief, um zu lauschen, dann gab sie der Zofe rasch Anweisungen. Jetzt klopfte es erneut, hart und gebieterisch. Die Zofe öffnete die Tür einen Spaltbreit und fand sich von zwei schwarzen Augen angestarrt, die aus einem fahlen Gesicht mit einer langen Nase auf sie herabloderten. Die Zofe rief: »Habt Ihr keinen Respekt vor Ihrer Hoheit? Die Prinzessin empfängt niemanden zu solch früher Stunde! Geht weg!« Sie schloß die Tür, woraufhin durch diese unverzüglich Proteste hallten: »Ich bin es das Fräulein Kylas! Ich bin eine Standesperson! Öffnet die Tür, auf daß ich eintreten kann!«
Als sie keinen Widerhall fand, stapfte Kylas ergrimmt in ihr eigenes Quartier, wo sie ihr Glück an der Tür versuchte, die zu Madoucs Salon führte, doch nur um festzustellen, daß sie verschlossen war.
Kylas pochte erneut und rief: »So öffnet doch! Ich bin's, Kylas!«
Statt der Forderung nachzukommen, machte Madouc sich hurtig aus dem Staub. Sie schlüpfte durch die andere Tür nach draußen und rannte zum Ende des Gartenhofs und von dort aus in die Ostgalerie.
Abermals klopfte Kylas. »Öffnet sofort! Ich bringe eine Botschaft von Königin Sollace!«
Endlich entriegelte die Zofe die Tür; Kylas stürmte in den Salon. »Madouc? Prinzessin Madouc!« Sie lief ins Schlafgemach, spähte nach links und nach rechts, fand es leer und hastete in den Ankleideraum. Als sie auch hier keine Spur von ihrer Beute entdeckte, rief sie zum Badezimmer hin: »Prinzessin Madouc! Seid Ihr dort drinnen? Ihre Majestät besteht darauf, daß Ihr sie unverzüglich aufsucht, damit sie Euch Instruktionen für den Tag erteilen kann, Prinzessin Madouc?« Kylas spähte ins Badezimmer, dann wandte sie sich wütend der Zofe zu. »Wo ist die Prinzessin?«
»Sie ist bereits ausgegangen, gnädiges Fräulein.«
»Das sehe ich selbst. Aber wohin ist sie gegangen?«
»Das vermag ich nicht zu sagen.«
Kylas gab ein Krächzen der Entrüstung von sich und stürmte davon.
Madouc hatte sich in den Morgensalon begeben, wie am Abend zuvor von Prinz Jaswyn empfohlen. Dies war ein großer Raum, angenehm und luftig, durch dessen hohe Glasfenster eitel Sonnenlicht hereinflutete. Auf einem Kredenztisch, der eine gesamte Seite des Raumes ausfüllte, standen hundert Schüsseln, Teller, Näpfe und Tranchierbretter mit Speisen aller Art.
König Audry und Prinz Jaswyn saßen bereits beim Frühstück, als Madouc hereinkam. Prinz Jaswyn sprang galant auf und führte Madouc zu einem Platz an seinem Tisch.
»Beim Frühstück geht es zwanglos zu«, sagte König Audry. »Ihr könnt Euch selbst auftragen oder Euch von den Mundschenken bedienen lassen, ganz, wie Ihr wollt. Ganz besonders empfehlen kann ich Euch heute die Fettammern und die Waldschnepfe; beide sind vorzüglich. Ich hatte auch Hase und Eber bestellt, aber meine Jäger waren glücklos, und so müssen wir heute darauf verzichten – wie leider auch auf Wildbret, das allerdings auch zum Frühstück ein wenig mächtig ist, besonders in einem Ragout. Denkt jedoch bitte nicht geringer von mir ob meiner dürftigen Tafel; auf Haidion bekommt Ihr gewiß größere Auswahl und Fülle geboten.«
»Gewöhnlich finde ich genug zu
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