Lyonesse 3 - Madouc
Anteil zweifellos mitbekommen hast.«
Madouc schüttelte verblüfft den Kopf. »Du mußt mich mit jemand anderem verwechseln.«
Der Wefkin musterte sie scharf. »Bist du nicht Madouc, das schöne und begabte Kind, welches von König Bollerkopf als ›königliche Prinzessin von Lyonesse‹ angenommen ward?«
»Die bin ich«, sagte Madouc bescheiden. »Aber meine Mutter war die Prinzessin Suldrun.«
»Mitnichten! Das ist ein falsches Gerücht! Deine wahre Mutter ist die Elfe Twisk von Thripsey Shee.«
Madouc starrte den Wefkin mit offenem Mund an. »Woher weißt du das?«
»Das ist allgemein bekannt unter den Halblingen. Glaub es oder glaub es nicht, ganz wie du willst.«
»Ich stelle deine Worte nicht in Zweifel«, sagte Madouc hastig. »Aber die Nachricht erfüllt mich mit großem Erstaunen. Was ist geschehen?«
Der Wefkin setzte sich aufrecht auf seinen Stein. Er rieb sich das Kinn mit den langen grünen Fingern, dann legte er den Kopf schief und musterte Madouc. »Ja! Ich werde dir die Fakten des Falls vortragen, aber nur, wenn du mich um diesen Gefallen bittest – da ich dich nicht ohne deine ausdrückliche Erlaubnis bestürzen möchte.« Der Wefkin heftete seine großen grünen Augen auf Madoucs Gesicht. »Ist es dein Wunsch, daß ich dir diesen Gefallen erweise?«
»Ja, bitte!«
»Nun denn! Die Prinzessin Suldrun gebar einen Sohn. Der Vater war Aillas von Troicinet. Der Knabe ist jetzt als Prinz Dhrun bekannt.«
»Prinz Dhrun! Jetzt bin ich wirklich verblüfft! Wie kann das sein? Er ist viel älter als ich!«
»Geduld! Du sollst alles erfahren. Je nun. Aus Gründen der Sicherheit wurde der Säugling an einen Ort im Wald gebracht. Twisk kam zufällig des Weges und tauschte dich gegen den kleinen blonden Säugling aus, und so trug es sich zu. Du bist ein Wechselbalg. Dhrun lebte in Thripsey Shee ein Jahr und einen Tag, gerechnet nach der Zeit der Sterblichen, doch nach Elfenzeit bemessen verstrichen derweil viele Jahre: sieben, acht, vielleicht gar neun; niemand weiß das genau, da niemand Buch führt.«
Madouc starrte ihn in stummer Verwirrung an. Dann fragte sie: »Dann bin ich also von elfischem Blut?«
»Du hast lange Jahre an Menschenorten gelebt, Menschenbrot gegessen und Menschenwein getrunken. Elfenstoff ist fein und delikat; wer weiß, wieviel davon schon durch menschlichen Unrat ersetzt worden ist? So ist das nun mal; gleichwohl, alles in allem genommen, ist es kein so schlechter Zustand. Würdest du es lieber anders haben wollen?«
Madouc überlegte. »Ich würde nicht anders sein wollen als ich bin – was immer das ist. Aber in jedem Fall bin ich dir dankbar für deine Information.«
»Spar dir deinen Dank, meine Teure! Es ist nur eine kleine Gefälligkeit – kaum groß genug, um berechnet zu werden.«
»Wenn das so ist, dann sag mir, wer mein Vater sein mag.«
Der Wefkin kicherte. »Du hüllst den Satz zu Recht in diese Form! Dein Vater mag dieser sein oder jener, oder er mag jemand sein, der weit weg ist und verschwunden. Du mußt Twisk fragen, deine Mutter. Möchtest du sie kennenlernen?«
»O ja, sehr gern!«
»Ich habe ein bißchen Zeit übrig. Wenn du mich darum bittest, werde ich dich lehren, deine Mutter zu rufen.«
»O bitte, lehr es mich!«
»Dann bittest du mich also darum?«
»Natürlich!«
»Ich gehe mit Vergnügen auf deine Bitte ein, und sie wird sich nicht groß auf unserer kleinen Rechnung niederschlagen. Tritt nun zu mir.«
Madouc trat hinter dem Fingerhut hervor und näherte sich dem Wefkin, der einen harzigen Geruch absonderte, wie von zerstoßenen Kräutern und Fichtennadeln, vermengt mit Pollen und Moschus.
»Und nun gib acht!« sagte der Wefkin mit bedeutungsvoller Stimme. »Ich rupfe einen Grashalm aus; ich zwicke einen kleinen Schlitz hier hinein und einen weiteren dort hinein; dann mache ich so, und dann mache ich so. Und nun blase ich ganz behutsam – ganz leicht, ganz sanft, gegen den Halm, und erzeuge so einen Laut. Horch!« Er blies, und der Grashalm gab einen leisen Ton von sich. »So. Du mußt bloß eine ebensolche Pfeife mit deinen eigenen Händen fertigen.«
Madouc schickte sich sogleich an, die Pfeife zu machen, doch dann hielt sie plötzlich inne, beunruhigt von einem Gedanken, der schon die ganze Zeit über in ihrem Hinterkopf rumort hatte. Sie fragte: »Was meinst du damit, wenn du von ›unserer kleinen Rechnung‹ sprichst?«
Der Wefkin machte eine wegwerfende Geste mit seiner langfingrigen Hand. »Nichts von großer Bedeutung:
Weitere Kostenlose Bücher