Lyonesse 3 - Madouc
demonstrieren und seinen Feinden zu denken zu geben. Ich werde erbarmungslos gegen jeden vorgehen, der versucht, seine Herrschaft umzustoßen oder ihren ordnungsgemäßen Übergang zu hintertreiben. Blaloc muß unabhängig bleiben.«
Casmir hatte für den Moment keinen Kommentar parat. Schließlich sagte er: »Derartige Einzelexkursionen könnten mißverstanden werden.«
»Genau aus diesem Grund bin ich besorgt. Deshalb würde ich mich freuen, wenn ich Eure Unterstützung für das Programm gewinnen könnte, in welchem Fall jeder Irrtum ausgeschlossen wäre und König Milos Feinde sich im Handumdrehen geschlagen geben müßten.«
König Casmir lächelte spöttisch. »Sie könnten argumentieren, daß ihre Sache gerecht sei.«
»Wahrscheinlicher ist, daß sie hoffen, sich bei irgendeinem spekulativen neuen Regime einschmeicheln zu können, was nur in Unheil enden könnte. Es gibt weder Grund noch Notwendigkeit für irgend etwas anderes als eine legitime Thronfolge.«
»Unglücklicherweise ist Prinz Brezante so etwas wie ein schwankendes Rohr und nicht überall beliebt. Daher die Unruhe im Innern Blalocs.«
»Prinz Brezante genügt den Erfordernissen Blalocs, die nicht anspruchsvoll sind. Natürlich wäre es uns lieber, wenn König Milo wieder vollends genäse.«
»Seine Aussichten sind schlecht. Er nimmt jetzt nur noch täglich ein einziges in Buttermilch pochiertes Wachtelei zu sich. Aber schweifen wir nicht vom Thema ab? Was ist Euer Vorschlag?«
»Ich weise auf Offenkundiges hin, wenn ich sage, daß unsere beiden Reiche die mächtigsten der Älteren Inseln sind. Ich schlage vor, daß wir ein gemeinsames Protokoll herausgeben, in dem wir die territoriale Integrität aller Reiche auf den Älteren Inseln gewährleisten. Die Auswirkungen einer solchen Doktrin wären tiefgreifend.«
König Casmirs Gesicht war zu einer steinernen Maske erstarrt. »Eure Ziele gereichen Euch zur Ehre, aber bestimmte Voraussetzungen, von denen Ihr ausgeht, könnten unrealistisch sein.«
»Ich mache nur eine Voraussetzung von Bedeutung«, sagte Aillas. »Ich setze voraus, daß Euch der Friede ebenso am Herzen liegt wie mir. Es gibt keine andere Möglichkeit außer der gegenteiligen: daß Ihr nicht für den Frieden seid, was natürlich absurd ist.«
König Casmir lächelte ein dünnes ironisches Lächeln. »Alles schön und gut, aber würde Eure Doktrin nicht als ein wenig vage oder gar naiv betrachtet werden?«
»Das glaube ich nicht«, sagte Aillas. »Der zentrale Gedanke ist ziemlich klar. Ein potentieller Aggressor würde zurückschrecken aus Furcht vor der sicheren Niederlage im Verein mit seiner Bestrafung und dem Ende seiner Dynastie.«
»Ich werde Euren Vorschlag ganz gewiß sorgfältig in Erwägung ziehen«, sagte König Casmir hölzern.
»Mehr erwarte ich nicht«, erwiderte Aillas.
4
Während Aillas König Casmir seine unwahrscheinlichen Pläne erläuterte, gingen Dhrun und Madouc hinaus auf die Terrasse und lehnten sich an die Balustrade. Unter ihnen lag der viereckige Hof, der als ›des Königs Appellplatz‹ bekannt war, und dahinter erstreckte sich die Stadt Lyonesse. Madouc trug heute
– Lady Vosses Mißbilligung zuwider – ihre übliche Kluft: ein knielanges Kleid aus hafermehlfarbenem Grobleinen, an der Hüfte gegürtet. Ein geflochtenes blaues Band hielt ihr Haar; ersteres war mit einer Quaste verziert, die neckisch neben ihrem linken Ohr baumelte. Ihre nackten Füße staken in Sandalen.
Dhrun fand die Quaste faszinierend und sah sich zu der Bemerkung bewegt: »Du trägst jene Quaste mit bemerkenswerter Eleganz.«
Madouc schützte Gleichgültigkeit vor und machte eine schnippische Gebärde. »Es ist nichts Besonderes: eine Laune, mehr nicht.«
»Es ist eine entschieden muntere Laune, mit mehr als nur einer Andeutung von elfischer Prahlerei. Deine Mutter Twisk könnte jene Quaste durchaus mit Stolz tragen.«
Madouc wiegte zweifelnd den Kopf. »Als ich sie sah, trug sie weder Quasten noch Schleifen, und ihr Haar umflorte ihr Haupt wie ein blauer Nebel.« Madouc dachte einen Moment nach. »Natürlich kenne ich die Moden der Elfen nicht gut. Es ist nicht mehr viel Elfenstoff in mir.«
Dhrun musterte sie von Kopf bis Fuß. »Was das betrifft, wäre ich nicht so sicher.«
Madouc zuckte mit den Schultern. »Bedenke: ich habe nie unter den Elfen gelebt; ich habe bisher weder Elfenbrot gegessen noch Elfenwein getrunken. Der Elfenstoff ...«
»Er wird ›Soum‹ geheißen. Es ist wahr: der ›Soum‹
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