Macabros 035: Mirakel, Mann der Geheimnisse
Enttäuschung. Das
Medium war nicht in Form und weigerte sich einfach, auf gut
Glück ein paar Andeutungen zu machen. Das mag für die
Amerikanerin sprechen. Aber uns hilft es nicht weiter. Wir haben eine
weitere Leiche und wissen, was hier passiert ist – und doch
nehmen unsere Fragen nicht ab, eher zu.
Entweder bin ich verrückt – oder die Welt ist es, oder
ich trample in einem Alptraum herum, aus dem ich nicht erwachen kann.
Und wenn der ganze Schnee verbrennt, Wittert: Ich werde umgehend mit
Margarete Tessner Kontakt aufnehmen und dafür sorgen, daß
diese Frau sich nach Möglichkeit in den nächsten Tagen auf
keinen Fall allein in ihrer Wohnung aufhält und auf Schritt und
Tritt beobachtet wird. Das fällt zwar nicht mehr in meinen
Zuständigkeitsbereich. Frau Tessner wohnt in Langen. Aber hier
geht es um mehr als um Zuständigkeiten…«
*
Die Burg hatte gewaltige Ausdehnungen.
Es gab Hallen, die waren so groß, daß ein Kirchturm
hineingepaßt hätte.
Hellmark, und Rani Mahay hatten sich an die riesigen
Maßstäbe gewöhnt.
Sie überquerten eine Brücke, die durch eine Halle
führte. Diese Halle war mindestens sechs Stockwerke hoch, und
wer in die Tiefe blickte, wurde schwindlig.
Sie wurden von Amana und ihren beiden Begleitern in einen Turm
geführt, der der anderen Seite des Meeres zugewandt war.
Amana geleitete sie in eine Halle, die mit Rundbögen und
bunten Glasscheiben versehen war.
Björn Hellmark glaubte, eine geheimnisvolle Kapelle zu
betreten.
»Das ist der Raum, den Cavhs einst bewohnte, und der noch
heute von unseren Weisen aufgesucht wird, um in den Schriften unserer
großen Ahnen zu lesen und sie zu studieren«, erklärte
die hübsche Kaythen-Prinzessin, die nicht von seiner Seite wich.
»Ich habe dieses Refugium, in dem die Weisen auch ihre
Meditationen durchführen, in der letzten Zeit seit der
Wiedererstehung der alten Insel kaum verlassen. Du hast mir das Leben
gerettet, Lavan-Björn…« Sie nannte ihn noch immer mit
dem Namen des Abenteuers, unter dem sie ihn kennengelernt hatte.
»Ich stehe tief in deiner Schuld.«
»Ich habe getan, was ich, tun mußte. Es ging auch um
mein eigenes Leben«, erwiderte Björn einfach.
»Nein, nicht nur. Du hast mehr getan. Du hast einem Volk die
Freiheit zurückgegeben, das durch falschen Geist in die Irre
geleitet worden war. Die alte Zeit ist für einen Teil dieser
Welt wieder angebrochen. Wie es weitergeht, vermag noch niemand zu
sagen. Die Insel der Kaythen ist eine Art Heiligtum. Die Götter
berührten einst diese Erde, und das ist jetzt wieder zu
spüren.
In den letzten Tagen habe ich unablässig mit den Weisesten
meines Volkes beraten. Antor hat etwas entdeckt, das auf Cavhs, den
Auserwählten, zurückgeht. Ich will euch helfen, wir alle
wollen es. Ihr seid unsere Freunde. Wir würden euch hier ein
Leben bereiten wie im Paradies. Aber das wollt ihr nicht. Ihr wollt
zurück, zu jenen Menschen, die ihr liebt, und die euch lieben.
Wir verstehen das. Ich bedaure, daß ich bisher so wenig
für euch tun konnte.«
Es gab schon lange eine bestimmte Frage, die Björn Hellmark
am Herzen lag. »Als wir uns begegneten, Amana, als ich die
schicksalsschwere Rolle des Lavan ausüben mußte, konnte
ich feststellen, daß du über die Fähigkeit der Magie
verfügst.«
»Im bescheidenen Rahmen und nur mit Hilfe von Pflanzen und
Kräutern, deren Wirkung mir in durch Götter geschenkten
Träumen übermittelt wurde.«
Björn leckte sich über die Lippen, während er an
den marmornen Regalen entlang ging, in denen uralte Folianten
standen. Die Bücher waren mit schimmernden Einbänden
versehen als wäre ein spinnwebfeines Netz über sie
gelegt.
Man sah dem blonden Mann an, daß er noch etwas sagen wollte.
Er unterließ es aber.
Amana war der Ausdruck auf Hellmarks Miene nicht entgangen.
»Ich glaube, ich weiß, was du noch sagen wolltest,
Lavan-Björn«, erriet sie seine Gedanken. »Du denkst,
daß es vielleicht mit Hilfe meiner magischen Künste
möglich ist, eure Heimkehr über die Häupter der uns
umgebenden Geister und Dämonen hinweg
durchzuführen.«
Hellmark war ehrlich. Er nickte. »Ja, ich hatte daran
gedacht.«
Sie blieb stehen und blickte zu ihm auf. Sie reichte ihm knapp bis
an die Schultern. Damit war sie eine der größten ihres
Volkes. Die meisten Kaythen-Frauen und -Männer, die die beiden
Freunde seit ihrem notgedrungenen Aufenthalt hier gesehen hatten,
waren nicht größer als ein Meter sechzig.
»Auch ich habe schon daran
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