Macabros 047: Formonatio - Welt des Unheils
dem
glitschigen Fleischberg stieg, brach auf ihn herab.
Er wurde mitgerissen wie ein Stück Treibholz auf einem
aufgewühlten Ozean.
Die Luft blieb ihm weg, ein ungeheurer Druck wurde auf seinen Leib
ausgeübt, wurde unerträglich, daß er meinte, die
Lungen würden platzen.
Niemand begriff hier, was geschah. Sie waren alle nur Statisten.
Molochos war der große Regisseur dieses unheimlichen Spiels.
Und nur er schien zu wissen, wohin die Handlung trieb.
Chas Morgan alias Björn Hellmark riß den Mund weit auf
wie ein Fisch, der aufs Trockene geraten war.
Die vielen Schichten des Blutsiegels, fieberte es in seinem
aufgewühlten Bewußtsein. Ich werde in eine weitere,
tiefere Schicht gerissen und kann mich nicht dagegen wehen.
Brüllen, Brausen, Rauschen… Dunkelheit, das Gefühl,
mit unfaßbarer Geschwindigkeit in einen tiefschwarzen Stollen
gesogen zu werden.
Er atmete nicht, er konnte nicht mehr denken, und es kam ihm so
vor, als würde nicht mal mehr sein Herz schlagen.
Chas Morgan war nur noch ein Spielball in einer fremden Hand. Er
wurde manipuliert, er konnte keine eigenen Entscheidungen mehr
treffen, nicht die Wege gehen, die er für richtig gehalten
hätte. Es wurde ihm alles abgenommen.
Es kam ihm vor, eine Ewigkeit unterwegs zu sein. Seine
Aufnahmefähigkeit blieb erhalten, und er verlor nicht das
Bewußtsein.
Wie von harter Hand zu Boden geschleudert, landete er
schließlich atemlos in einer stockfinsteren Ecke.
Er prallte ab von der schwammigen Wand, gegen die er flog.
Dann lichtete sich langsam die Dunkelheit…
*
Sheriff Caine kam mit seinem Deputy.
In der bedrückten, ernsten Atmosphäre wurden die
seltsamen Ereignisse zur Sprache gebracht. Es war erstaunlich, mit
welcher Ruhe und Überlegenheit sich gerade Peggy Shaw an den
Gesprächen beteilte.
Die Leichenteile waren von Caine und seinem Deputy inzwischen an
den verschiedenen Orten, wo man sie fand, sicher gestellt worden. Ein
Zinksarg war angefordert. Man wartete auf seine Ankunft.
Den fehlenden rechten Arm fand man am Wegrand entlang der
Bahnlinie. Rund dreihundert Meter von der Stelle entfernt, wo der
Kopf vor die Räder des Fahrzeugs der beiden Parapsychologen
gerollt war.
Astritt und Frank erinnerten sich an den dumpfen Schlag gegen
einen der hinteren Kotflügel. Es schien, als wäre der Arm
sowohl wie der später vom Bahndamm rollende Kopf von
unsichtbarer Hand aus einem unsichtbaren Reich hierher in diese Welt
geschleudert worden.
Sheriff Caine kannte Garry Shaw, der vor fünf Jahren an
Herzversagen verstarb, persönlich. Für ihn gab es keinen
Zweifel, daß es sich um den Farmer handelte.
»Obwohl es eigentlich unmöglich ist«, murmelte er,
nervös eine Zigarette nach der anderen rauchend. »Aber er
ist’s, zum Teufel nochmal… er sieht genauso aus wie vor
fünf Jahren. Aber es kann nicht sein… es kann doch nicht
sein…«
Peggy Shaw ließ sich den Kopf des Toten zeigen.
Sie war ruhig und gefaßt. Zu ruhig, nach Dr. Burgers
Meinung, dem die plötzliche Wende der Dinge überhaupt nicht
gefiel.
Etwas Gespenstisches ging hier vor, und niemand fand die geringste
Erklärung dafür. Frank Holesh und Astritt Reven steckten
manchmal die Köpfe zusammen und flüsterten sich etwas zu.
Manchmal auch warfen sie sich nur einen stummen Blick zu. Das Paar
von der Privaten Parapsychologischen Forschungsgesellschaft schien
seine eigenen Gedanken über die Vorgänge hier zu haben.
Stumm stand Peggy Shaw vor dem entblößten Gesicht. Sie
identifizierte ihren Mann auf Anhieb.
»Wir haben ihn beerdigt. Auf dem Grund und Boden seiner
Väter«, bemerkte sie mit dumpf klingender Stimme.
»Aber er ist zurückgekommen. Er muß ein furchtbares
Schicksal erlitten haben.«
Die Welt stand kopf. Die Gesetze stimmten nicht mehr.
Peggy Shaw, die seit dem plötzlichen Tod ihres Mannes die
Geschicke der Shaw-Farm leitete, bewies, daß sie einiges
vertragen konnte.
»Vielleicht leiden wir alle unter Halluzinationen, vielleicht
ist das, was ich seit einiger Zeit durchmache wie eine Krankheit, die
ansteckt. Oder die Shaw-Farm steht unter einem unheimlichen Fluch,
Sheriff.«
Niemand wußte eigentlich so recht, was er sagen sollte.
Lähmende Bedrückung hemmte sie.
Was hier geschehen war, konnte nicht sein, und doch konnten sechs
Menschen die Ereignisse und die Bilder bestätigen.
War Garry Shaw seinerzeit gar nicht beerdigt worden?
Caine, untersetzt, behäbig, aber keineswegs antriebslos,
richtete eine diesbezügliche Frage an den
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