Macabros 055: Mysterion, der Seelenfänger
zu sagen vermocht, was mit dem Menschen
geschehen war, den die Sanitäter gerade aufgenommen hatten.
Ghosters machte sich auch keine weiteren Gedanken darüber. Seine
und die Aufgabe seiner Kollegen war es, ihn zu fassen – und
gefaßt hatten sie ihn!
Er warf noch einen letzten Blick auf das gigantische
Bürohaus, vor dem Estrelle zusammengebrochen war. Dann wischte
er sich mit der Rechten über die Stirn und verließ den Ort
seiner Pflichterfüllung.
Wie hätte er auch ahnen können, daß er die
Lösung des Rätsels um den plötzlichen Zusammenbruch
des Flüchtigen im wahrsten Sinn des Wortes vor Augen hätte.
Es war kein Zufall, daß es hier geschehen war.
Am Fuß des Bürohauses verlief sich die Menge langsam
wieder. Sie hatte ihre Sensation gehabt. Sie hatten einen Menschen
zusammenbrechen sehen… am Fuß des Computer-Zentrums!
*
Sergeant Hölting knüllte das Papier zusammen, auf das er
geschrieben hatte und warf es in den Papierkorb, der neben ihm
stand.
Ein junger Mann mit aschblondem Haar trat ein.
»Der Neue soll zur Vernehmung geführt werden!«
meldete er.
»Vernehmung, Vernehmung – eine Schreibmaschine brauchen
wir!«
»Tut mir leid, Sir, aber das…«
Hölting winkte ab.
»Ist ja gut«, sagte er. »Ich werde mich selbst
darum kümmern. Jeworrek und ich werden das erledigen.«
»Ja, Sir.« Der Aschblonde wirkte verwirrt. »Man hat
mir keine weitergehenden Instruktionen mitgegeben.«
Sergeant Hölting atmete tief durch und informierte seinen
Kollegen Jeworrek.
Seine Worte sollten heiter klingen, aber deutlich war die
unterschwellige Furcht herauszuhören, die Hölting
hatte.
Jeworrek verstand ihn. Noch nie hatten sie solch einen Gefangenen
gehabt. Er fragte sich, warum die Sanitäter den Mann nicht im
Krankenhaus behielten. Sicher, weil er seinen tiefen
Erschöpfungsschlaf ebensogut in einer Polizeizelle hinter sich
bringen konnte, da er ohnehin ein Fall für die Polizei war.
Aber da war noch etwas, das in Jeworrek eine ungewisse Scheu dem
Gefangenen gegenüber aufkommen ließ. Etwas Sonderbares.
Ein Fluidum, das er bis dahin nie gekannt hatte…
»Estrelle heißt er, nicht wahr?«
»In der Tat«, beantwortete Hölting die Frage des
Aschblonden. »Dann wollen wir mal schauen, ob der Kerl
inzwischen ausgeschlafen hat. Acht Stunden sollten eigentlich
ausreichend sein.«
Mit diesen Worten steckte er einen der Schlüssel, die er am
Hosenbund trug, in das Schloß der gesicherten Tür und
öffnete sie. Nicht mal Quietschen war zu hören.
»Das war Maßarbeit, was?«
Weder Jeworrek noch der Blonde antworteten ihm. Geschlossen
marschierten sie in den Raum, den Hölting aufgesperrt hatte.
Ihre Schritte klangen hohl von den Wänden wider. Der gesamte
Gang war in eintönigem Hellgelb ausgekleidet. In
regelmäßigen Abständen befanden sich zu beiden Seiten
Türen für die Zellen der Eingekerkerten.
»Hier müßte es sein, oder?«
Hölting betrachtete den Zellenschlüssel in seinen
Fingern und verglich die darauf eingestanzte Nummer mit der an der
Zellentür. Sie stimmten überein.
»Auf denn!« sagte er. »Tun wir unserer Pflicht
genüge.«
Er steckte den Schlüssel ins Schloß und legte seine
Hand um ihn, um jederzeit öffnen zu können. Bevor er die
Tür aufschloß, schob er die Platte von dem kleinen
Sichtloch und blickte hindurch.
Schreckensbleich taumelte er zurück.
»Das… das gibt es nicht!« hauchte er.
Ungläubig betrachtete er seine Begleiter.
»Was hast du denn?« fragte Jeworrek.
Er trat zwei Schritte auf seinen Kollegen zu und legte ihm die
Hand auf die Schulter. Unsicher wechselte sein Blick von ihm zur
Tür, durch die dieser gesehen hatte.
»Das gibt es doch nicht!« wiederholte Hölting.
Sergeant Jeworrek ließ von ihm ab und ging seinerseits zur
Zelle des Neuen. Zögernd schob er den Deckel der Sichtluke zur
Seite und blickte in den dahinter liegenden Raum.
Er reagierte kaum anders als sein Kollege. Langsam ließ er
den Deckel wieder vor das Loch gleiten und drehte sich um. Sein
Gesicht hatte eine ähnlich ungesunde Farbe angenommen wie das
Höltings.
»Was gibt es denn dort so Furchtbares?« fragte der
Aschblonde, der die beiden zur Zelle begleitet hatte. Er setzte sich
in Bewegung und wollte ebenfalls einen Blick in das Innere werfen,
als ihm Hölting den Weg vertrat.
»Laß, Junge!« sagte er. »Das ist was für
Männer!«
Er drängte seinen Kollegen Jeworrek zur Seite und drehte den
Schlüssel im Schloß. Ein Schnappen kündete von der
Beseitigung
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