Macabros 092: Mandragoras Zaubergärten
freundlicher, heller. Es schien, als
würde er wie ein Raumfahrer aus dem Orbit in die Lufthülle
einer fremden Welt eindringen.
Das Licht war angenehm… bläulich.
Es war unvorstellbar, daß diese Welt… im Bauch einer
anderen lag.
Macabros ließ sich jetzt einfach fallen, ’sprang’
nicht mehr.
Er sah wie aus dem Cockpit eines langsam und lautlos
dahingleitenden Flugzeuges die unbeschreiblich schöne Landschaft
unter sich.
Ja, das waren Gärten, so weit das Auge reichte…
Blühende Blumenbeete, viele Kilometer lang, farbig und
formvollendet gestaltet, lagen wie ein schön gewebter Teppich
unter ihm.
Das war eine Landschaft, wie man sie sich im Paradies
vorstellte.
Lieblich, friedlich – eine Welt, in der man sich als
Individuum sofort wohl fühlte.
Einige Bereiche erinnerten Macabros an die Insel Marlos.
Aber dieser Vergleich hinkte.
Eines durfte er nie vergessen. Diese Welt hatte etwas mit
Mandragora zu tun. Sie war eine Dämonin. Eine Welt wie diese war
nichts weiter als Kulisse, eine vorgespiegelte Landschaft, die in
Wirklichkeit ganz anders aussah.
Schönheit, Lieblichkeit und Stille - das alles waren Dinge,
die Dämonen nicht ausstehen konnten.
Von allen Seiten führten Wege in die liebliche Landschaft,
nach allen Himmelsrichtungen liefen sie davon.
Macabros blickte aus der Höhe in die Weite.
Er sah große, bunte Schmetterlinge, die sich in der warmen
Luft beschwingt bewegten.
Er hielt Ausschau nach einem Bauwerk, das Ähnlichkeit mit
einer Burg haben könnte.
Weit und breit war nichts zu sehen.
Macabros glitt schwerelos durch die Luft. Auch dies war Hellmarks
Astralleib möglich.
Dann ließ er sich vollends in die Tiefe sinken und gewann
festen Boden unter den Füßen.
Er landete jenseits einer Gruppe dunkelgrüner Büsche, an
denen kopfgroße, zitronengelbe und türkisfarbene
Blüten hingen, die wie unter einem leisen Windhauch sanft
schaukelten.
Dabei war die Luft völlig unbewegt.
Macabros entsann sich der Worte Orkons, der behauptet hatte,
daß alle Wege zum Palast Mandragoras führen
würden.
So ging er den Weg und lief zwischen den blühenden
Büschen und duftenden Beeten entlang. Diese Welt war genau das
Gegenstück von Than. Eine Welt des ewigen Frühlings, eine
Welt der Sonne und des Lichts!
Es gefiel einem hier, man fühlte sich augenblicklich
wohl.
Macabros mußte sich ständig vor Augen halten, daß
sowohl die Umgebung als auch seine Gefühle unmöglich echt
sein konnten. Mandragora täuschte ihre Opfer und wähnte sie
in Sicherheit, um dann um so erbarmungsloser zuzuschlagen.
Die Pflanzenwelt variierte stark. Macabros konnte sich nicht
erinnern, jemals eine so vielseitige Flora gesehen zu haben.
Er kam an Blumen vorbei, die aussahen wie Kerzen und einen
Blütenbogen über sich spannten, der an
Miniatur-Regenbögen erinnerte.
Immer wieder tauchten die großen Schmetterlinge auf, die
eine Flügelspannweite bis zu zwei Metern hatten.
Macabros ging einfach den Weg entlang.
Alle Wege führten zum Palast, hatte Orkon gesagt.
Macabros wollte sich auf die gleiche Weise dorthin versetzen, wie
er in die Welt der Erzdämonin vorgeprescht war, um so wenig Zeit
wie möglich zu investieren.
Das alles war ihm nicht ganz geheuer. Es gab soviel
Widersprüchliches, so viele Dinge, die Fragen aufgeworfen
hatten.
Er wurde das Gefühl nicht los, daß etwas Furchtbares in
der Luft lag. Dieser Frieden, diese Stille gefielen ihm nicht!
Es schien, als hätte es nur dieses Gedankens bedurft.
Im nächsten Moment gellte ein markerschütternder Schrei
auf. Er ließ die Luft erzittern.
Ein Schrei, der sich so gräßlich anhörte,
daß Macabros auf der Stelle herumwirbelte.
Nur eine Steinwurfweite von ihm entfernt, mitten in einem mit
handtellergroßen Blüten übersäten Busch, geschah
etwas.
Die Zweige wurden heftig hin- und hergeschüttelt.
Blätter wurden abgerissen und flogen durch die Luft. Die
Blüten gerieten durcheinander wie eine Herde aufgescheuchter
Hühner.
Sie gaben auch Geräusche von sich. Es hörte sich an wie
das Fauchen junger Raubkatzen…
*
Im nächsten Moment war der Teufel los.
Ein Orkan schien in die Büsche mit den fauchenden
Blättern zu fahren.
Ein Körper wurde zwischen den Blättern sichtbar. Voller
Verzweiflung schlug die Gestalt um sich.
Zahllose Blüten schnappten nach ihr wie die Zähne
blutgieriger Haie.
Macabros zögerte keine Sekunde.
Im nächsten Moment versetzte er sich an die Stelle, wo ein
Mensch um sein Leben kämpfte.
Die
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