Macabros 108: Haus der grausamen Druiden
Fingern.
Maureen Teary wollte noch etwas sagen, aber kein Laut kam mehr aus
ihrer Kehle. Die Stimmbänder waren wie gelähmt, ebenso ihr
Denken und Fühlen.
Sie kippte nach vorn. McCloud fing sie geistesgegenwärtig
lauf und warf sich den schlaffen, reglosen Körper wie einen Sack
über die rechte Schulter.
So trug er die Tochter Tim Tearys in die Nacht hinaus.
Es regnete, Maureens dünnes Nachthemd klebte im Nu wie eine
zweit Haut an ihrem Körper und ließ die makellos glatte,
braune Haut durchschimmern.
Maureen Teary merkte weder von Regen und Wind etwas, noch von der
nächtlichen Entführung…
*
Sie endete im neugegrabenen Keller in McClouds Haus.
Der Fischer, der sich innerhalb weniger Stunden zu einem
völlig fremden Menschen entwickelt hatte, als hätte ein
bisher verschütteter Geist Besitz von ihm ergriffen, stellte
eine Holzleiter in das Loch, schleppte dann Maureen Teary nach unten
und legte sie auf den fleckigen Altar.
Kaum merkliche Atemzüge hoben und senkten die Brust der
schönen Rothaarigen.
Ihr langes Haar fiel über das obere Ende der harten,
steinernen Unterlage.
Maureen hatte die Augen noch geschlossen und sah nicht, wie
McCloud das purpurfarbene Gewand anzog.
Erst als er den Mistelkranz auf sein Haupt drückte, wurde sie
schlagartig wach.
Die Wirkung des Banns war vorüber, und Maureen sah ihn vor
sich.
»Wo bin ich – was ist los?« hörte sie sich
flüstern und glaubte im ersten Moment zu träumen.
Sie wollte sich erheben.
Aber sie kam nicht in die Höhe. Wie ein Brett lag sie auf dem
kalten Opferstein.
Sie sah ihren Entführer vor sich.
»McCloud?« wisperte sie verwirrt.
Noch sah der Mann aus wie der Fischer, aber wie ein Lycanthrop
sein Aussehen unter bestimmten Einflüssen verändert, so
veränderte sich das Äußere McClouds.
Die Kraft, die seit Jahrhunderten in diesem Haus verborgen lag und
auf ihre Stunde wartete, ergriff völlig Besitz von ihm.
Wenn ein Mensch in einer Vollmondnacht zum mordgierigen Wolf wird,
so wurde McCloud unter den Kräften in der Atmosphäre und in
dem purpurfarbenen Gewand des Druiden zu einem Vollstrecker des
Bösen.
Seine Nase nahm jenen kühnen Schwung an, der das Gesicht des
Druiden prägte, der einst in dieser Kutte lebte. Haare sprossen
aus seinem Kinn, seinen Wangen. Weiße Haare, die einen Vollbart
schufen.
Maureen Teary betrachtete diese Ereignisse mit Unbehagen und
Schaudern.
»McCloud«, flüsterte sie erregt. »Was geht
hier vor? Was geschieht mit Ihnen?«
»Nur das, was sein muß«, antwortete er mit
völlig veränderter Stimme und einem eigenartigen,
fremdartigen Tonfall. »Dies ist die Stunde der Wiederkehr, auf
die ich Jahrhunderte warten mußte… wie ein Vampir in
seinem Sarg sehnsuchtsvoll auf die Stunden der Nacht wartet, in denen
er sich erheben und frei bewegen kann, so habe ich in diesem dumpfem
Verlies auf den Augenblick gewartet, der mich aus meiner
Gefangenschaft befreite. Dieser Augenblick war gekettet an eine
Person, die irgendwann mal mit den Kräften der Menhire von
Stonehenge zu tun hatte.
Zwei Druiden kämpften auf diesem Boden einst um die
Vorherrschaft. Sie waren fast gleich stark. Sie verfügten
über große magische Fähigkeiten, die sich
gegeneinander aufhoben, wenn sie einander bekämpften.
Dennoch ging jeder für sich das Risiko ein.
Der eine fand den Tod – der andere den ewigen Fluch, so lange
nicht mehr existieren zu können, bis einer käme, der den
Kräften Stonehenge auf irgendeine Weise mal ausgesetzt war. Die
Wahrscheinlichkeit, daß ein solcher Mensch jemals den Boden
berührte, in dem das Blut der beiden Druiden versickert und ihre
magische Kraft vergangen war, war äußerst gering, war
gleichbedeutend mit dem Tod.
Und doch ist das Unwahrscheinliche gestern nacht eingetreten. Mein
Geist, meine Kraft wurden frei. Beides ist geschwächt und
muß gestärkt werden durch das Ritual des Todes. Auf diesem
Stein starben die Opfer. Tod und neues Leben halten sich die Waage,
wechseln einander ab…«
Er streckte die Rechte aus und hielt sie über Maureen, die
wie unter einem Peitschenschlag zusammenzuckte.
»McCloud!« stieß sie angsterfüllt hervor.
»Tun Sie es nicht… Töten Sie mich nicht!«
Das Dunkel ringsum wurde flammend rot. Scharf und schwarz wie
Scherenschnitte ragten die Menhire hinter dem Druiden auf, die
markante, unverwechselbare Silhouette der rätselhaften Steine
von Stonehenge.
»Ich bin nicht McCloud… ich bin Cophai, der
Druide«, erhielt sie als
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