Macabros 114: Kaphoons Grab
Situationen hätte er sich ersparen
können, wäre sein Doppelkörper für ihn
bewußt aktivier- und lenkbar gewesen.
Der Weg durch die Vergangenheit Xantilons war bisher ein einziger
Kampf, einziges Entsetzen gewesen. Die Tage friedlichen
Zusammenlebens, die Zeit eines großen Glücks, in der es zu
einem bedeutenden kulturellen Aufschwung gekommen war – er hatte
sie bisher nirgends auch nur andeutungsweise gesehen.
Der Zeitfluch des Tschonn… und nun der Bann Menats…
Immer wieder war es die Zeit, die in seinem Leben eine so
bedeutende Rolle spielte und ihm schließlich einen Strich durch
die Rechnung machte.
Er lief der Zeit nach und voran… die Zeit lief von ihm
weg… weil nur in der kriegerischen Zeit die Möglichkeit
bestand, seinem Leben ein Ende zu setzen.
Macabros… wo hielt sich sein Doppelkörper in diesem
Moment wohl auf?
Carminia Brado, die Frau, die er liebte… welches Schicksal
mußte sie erdulden? Hielt Molochos sie noch immer im Jenseits
fest – oder hatte er sich längst etwas anderes einfallen
lassen?
Der Eingang in das Totenland… der Fluß Skorokka, der
dorthin führte… er mußte ihn suchen, das war seine
Aufgabe…
Gigantopolis, die Stadt, die er Molochos abspenstig gemacht hatte
und die nun seinem Willen unterstand… warum war sie nicht am
alten Standort?
Die Gedanken überschwemmten ihn wie Bilder und Eindrücke
einen Opiumraucher, der mit offenen Augen träumte und
schlief.
Alles in ihm befand sich in Aufruhr, er wußte, daß er
etwas tun mußte, um aus dieser Inaktivität herauszukommen.
Nur Gedanken allein waren nicht die Lösung…
Er mußte handeln! Aber diese seltsame Betäubung, die
seine Glieder schwer werden ließ, dauerte an.
Er warf alles durcheinander… Vergangenheit…
Gegenwart… Zukunft… und wußte nicht mehr, wie die
Dinge zusammenhingen, jede Logik fehlte ihnen…
Hingen diese Gedanken mit dem Auftauchen des Schwarzen Manja
zusammen?
Die Augen des Schwarzen Manja wurden zu Stein, faustgroße,
rubinrote Gebilde… sieben von ihnen hatte er besessen…
Nein, nur sechs… die Existenz des einen war ihm vorgegaukelt
worden, um die Dämonenfalle zuschnappen zu lassen.
Der Vorrat an Manja-Augen war zusammengeschrumpft – ein
böses Omen?
Du hast das ›Schwert des Toten Gottes‹ verloren…
fieberten andere Gedanken durch sein betäubtes
Bewußtsein… aber der Armreif. Du besitzt noch Velenas
Armreif… er ist mit neuer magischer Energie geladen und
funktioniert wieder. Das bedeutet, du kannst dich unsichtbar
machen… dreh’ den Armreif nach links – und man wird
dich nicht mehr sehen… Die Dämonenechse wird dich nicht
mehr finden, wenn sie siegreich aus diesem Kampf hervorgehen
sollte.
Ich muß weg hier… etwas geschieht mit mir…
Zwischendurch war er zu einem klaren Gedanken fähig und
fragte sich verwirrt, was die ganzen Eindrücke sollten, die ihn
überfluteten.
Fieber… du wirst krank…
Die Wunden… sie schmerzten und brannten wie Feuer. Und er
richtete sich auf, betrachtete seine zerschundenen Hände, die
Stellen oberhalb seiner Hüften und seiner Brust, wo die Krallen
ihn am stärksten erwischt hatten.
Sein Blick wurde klar, als er sich darauf konzentrierte, und was
er sah, bewies ihm, daß sein Verdacht stimmte.
Die Wunden hatten sich verfärbt.
Rund um das verkrustete Blut hatte sich ein grünlicher Hof
gebildet, ein kristallhartes Sekret, das an Grünspan-Ansatz bei
Kupfer erinnerte.
Gift!
Es war durch die Krallen der Dämonenechse an seine Haut, in
seine Wunden gekommen und begann nun in seinem Blut und Gehirn zu
wirken!
Er konnte nichts mehr sehen und hören, wußte nicht, wie
der Kampf zwischen Manja und Dämonenechse ausging, und sank
zurück auf das weiche, feuchte Moos. Dann legte er seinen
müden Kopf auf die Seite, als wollte er nie mehr
erwachen…
*
Soho…
London der Gegenwart.
Nacht, Leuchtreklamen, Menschen, Verkehr… In diesem Stadtteil
lebte das Vergnügen vierundzwanzig Stunden am Tag.
Samstag-Nacht.
Die Vergnügungs-Süchtigen füllten die
Striptease-Lokale, die Nachtbars und Discos.
Chromblitzende Wagen fuhren betont langsam in
Straßenrandnähe. Mondäne Damen saßen am Steuer.
Oft nur in Pelz gehüllt, sonst nichts darunter. Nackte Haut war
zu sehen. Die Halbwelt hatte ihren großen Auftritt.
Die meisten Menschen, die zu den ›Aktiven‹ dieser Welt
gehörten und auch die Passanten, die mehr oder weniger
zufällig in die verrufensten Ecken und Winkel kamen, riskierten
einiges bei
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