Macabros 117: Amoklauf der Verlorenen
Sekunden später waren sie wieder uralt und schwach, denn
die Lebensenergie, die sie aufnahmen, gaben sie wieder ab – an
den Dämon, der riesig und formlos in der Luft schwebte und ein
Teil der Luft und des Nebels war.
Was durch einen Spalt aus einem jenseitigen Reich in diese Welt
gekommen war, entwickelte sich mehr und mehr.
Die Kraft des Dämons, der gerufen worden war, wuchs mit jedem
neuen Opfer.
Aber all dies war erst das Vorspiel zu Grauenhafterem…
Sekundenlang war Amelie Dupont wie betäubt. Dann wankte sie
um das Fahrzeug herum und hatte nicht mehr das Bedürfnis,
davonzulaufen. Sie gehörte mit zu denen, die den Wunsch nach
Leben in sich trugen.
Sie erkannte ebensowenig wie die anderen ihr Sklavendasein. Sie
war nur noch eine Marionette, erfüllt von der Gier nach Leben,
das sie nicht behalten konnte, sondern weitergeben mußte.
Der Dämon Rha-Ta-N’mys wartete darauf, denn nur wenn das
Feld vorbereitet war, würde es auch Frucht tragen.
Der Fahrer, der von den beiden Frauen angehalten und in die
Todesfalle gelockt worden war, setzte sich ans Steuer.
Die anderen Veränderten nahmen in dem Peugeot Platz.
Dann fuhr der Wagen an und rollte auf der schlecht geteerten
Straße Richtung Hügel.
Blobb-Blobb konnte alles sehen. Er zerdrückte einen Fluch
zwischen den Zähnen.
Er war als einziger Zeuge der unheimlichen Vorgänge
geworden.
Dieser Ort war noch immer ein Dämonenstützpunkt.
Es gingen hier Dinge vor, von denen man auf Marlos unbedingt
erfahren mußte.
Aber er konnte die Botschaft nicht überbringen…
Er war so sehr zusammengepreßt, daß ihm sämtliche
Glieder und Knochen wehtaten. Er war außerstande, in dem engen
Gefängnis einen seiner Fühler auszufahren. Wäre ihm
das gelungen, hätte alles andere auch funktioniert. Es wäre
ihm dann ein Leichtes gewesen, sein ungewöhnliches
Gefängnis platzen zu lassen wie eine Seifenblase.
Wie ein winziger Gnom kauerte er in dem Würfel und
mußte hilflos mitansehen, wie der Wagen in der Dunkelheit
hinter dem Hügel verschwand.
Der Hügel und der Turm standen im Mittelpunkt von
Ereignissen, die er nur in Umrissen erkannte.
Warum folgte ihm niemand aus Marlos?
Er kannte die Wirkung des Geistspiegels und wußte, daß
diese Möglichkeit gegeben und leicht durchführbar war.
Und als dieser Gedanke entstand, kam die Sorge hinzu.
Vielleicht hatte man schon längst die Suche nach ihm
aufgenommen – und war gescheitert.
Durch die gleiche Macht möglicherweise, die Lebensenergie
aufnahm, Menschen blitzschnell altern und zu nach Leben gierenden
Zombies werden ließ.
Der Turm war der Schlüssel. Dort war der Schnittpunkt, in dem
die Linien des Diesseits und des Jenseits zusammenliefen.
Die eigenartige Färbung des Himmels in dieser Region
verhieß nichts Gutes.
Dem Nebel haftete etwas an, was normalerweise nicht unbedingt mit
ihm in direktem Zusammenhang gebracht werden mußte.
Grauen, Tod und Vernichtung…
*
Die steinerne, schimmernde Ebene vor den Kristallfelsen war ein
idealer Landeplatz für die Fliegende Stadt.
Selbst wenn es ihnen jetzt noch gelang, in die Nähe der
Ausläufer der Kristallfelsen zu kommen, war ihre Rettung nicht
gewährleistet.
Sollte ein Wahnsinniger wirklich die Absicht haben, sie mit der
Plattform zu zermalmen, dann würde ihn nichts mehr daran hindern
können. Unter dem Gewicht des fliegenden Giganten würden
mit Sicherheit auch die Randfelsen zerbrechen wie Glas.
Schutz würde es nur innerhalb der Kristallfelsen selbst
geben. Und dieses Gebiet hatten sie aufgrund der Suche nach der
verschwundenen Stadt verlassen.
Es mußte alles blitzschnell gehen. Sie durften keine
unnötige Sekunde verstreichen lassen.
»Hierher!« Hellmarks Ruf hallte durch die Ebene.
Normale Flucht hatte keinen Sinn.
»Faßt euch bei den Händen!«
Sie rannten aufeinander zu.
Im nächsten Moment erschien eine weitere Gestalt unter
ihnen.
Macabros!
Björn löste seinen Zweitkörper in der Lichtstadt
auf, um den einzig möglichen Rettungsversuch in die Tat
umzusetzen.
Wenn alle einander an den Händen faßten und Macabros
unter ihnen war, konnte er sie im selben Augenblick an einen sicheren
Ort teleportieren.
Rani war am weitesten entfernt.
Er hatte sich vorgewagt und rannte wie von Furien gehetzt
über die Ebene.
Auch Arson war weiter abseits und bemühte sich, den Abstand
zwischen sich und denen, die sich bereits an Händen hielten, zu
verringern.
Da stolperte Rani.
Der Inder schlug die Länge nach hin.
Hellmark
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