Macabros 120: Giftstachel des Skorpion-Dämons
niemand
sah.
Aber es kam doch zu einem Zwischenfall.
Der primitive Verkaufsstand war an der Seite mit einer Plane
verdeckt. Und die beiden Hälften wurden in dem Moment, als
Hellmark intensiv die Aktivitäten seines Doppelkörpers
verfolgte, auseinandergedrückt.
Ein Knirps von etwa zehn Jahren streckte seinen Wuschelkopf vor
– und sah den Mann mit der Dämonenmaske.
Im ersten Moment erfolgte Erschrecken, dann ein breites
Grinsen.
Sowohl die eine wie die andere Reaktion entging dem Herrn von
Marlos nicht.
Da er erkannte, daß die Aktionen seines Zweitkörpers
unten am Fluß auch mit der Dämonenmaske nicht
weiterführten, entschloß er sich, dem Theater hier ein
Ende zu bereiten.
Der Junge mit dem Wuschelkopf jubelte, gab einen Schrei von sich
und winkte nach hinten in den Stand, offenbar, um noch jemand auf den
Mann mit der Maske aufmerksam zu machen.
Björn drehte sich ihm bewußt voll zu, um den kleinen
Burschen und das Mädchen, das auf sein Geschrei hin angerannt
kam, erkennen zu lassen, wie die Sache funktionierte und daß
niemand Angst zu haben brauchte.
Mit der beschwörenden Geste eines Zauberers, der auf offener
Bühne dem staunenden Publikum seine Tricks vorführte,
näherte er seine beiden Hände dem kahlen, bleichen Kopf und
ging in die Hocke, als die beiden Kinder auf ihn zustürmten.
Der Junge rief etwas.
Carminia, die einige Worte Thailändisch verstand,
übersetzte.
»Er will deine Maske anfassen«, teilte sie ihm mit.
»Na, dann kommt. Ich werde euch ein tolles Kunststück
vorführen… Sag’ ihnen das, Schoko.«
Aber dazu war Carminia nicht in der Lage, dazu reichten ihre
Sprachkenntnisse nicht aus. Doch die Zeichensprache, der Hellmark
sich bediente, war leicht verständlich. Und Kinder kamen mit ihr
in der Regel noch besser zurecht als Erwachsene.
Sie hatten erkannt, daß es sich nur um eine Maske handeln
konnte, aber sie waren verblüfft von dem, was Björn
Hellmark damit anstellte.
Er zog die Dämonenmaske mit beiden Fingern in die Höhe,
machte eine schnelle, kreisende Bewegung und hielt den verdutzten
Kindern jenes braune, stumpfe Stück Stoff hin, das keinerlei
Ähnlichkeit mehr mit der Maske hatte.
Die beiden Halbwüchsigen lachten, klatschten in die
Hände, wollten den Stoff sehen und drehten ihn zwischen den
Fingern.
Der Junge sagte etwas.
»Er meint, du könntest hexen«, glaubte Carminia
Brado den Worten entnehmen zu können.
»Nicht hexen…, das ist der falsche Begriff. Ich kann ein
paar Tricks, das ist alles… So sollen sie es auffassen, damit
sie sich vor der Maske nicht zu fürchten brauchen.«
Die beiden wollten, daß er es ihnen nochmal zeigte.
Da tat Hellmark ihnen den Gefallen.
In dem Moment, als er sich die Maske, die aus der Haut eines
abtrünnigen, zu den Menschen übergelaufenen Dämons
gefertigt war, über’s Gesicht zog, veränderte sich
schlagartig wieder ihr Aussehen.
Da alles, was er tat, im gleichen Augenblick von seinem
Zweitkörper registriert wurde, verdoppelte sich auch die Maske
wieder. Das war eine einmalige Besonderheit, für die noch
niemand eine Erklärung gefunden hatte. Nicht mal Al Nafuur, der
Zauberpriester der versunkenen Insel Xantilon, dessen Stimme Hellmark
manchmal aus dem Zwischenreich vernehmen konnte, hatte es ihm jemals
erklärt. Entweder er wußte es selbst nicht oder er hielt
es für so belanglos, daß er sich darüber nicht
äußerte.
Die beiden Halbwüchsigen tanzten vor Freude herum und schrien
immer: »Noch einmal!« konnten sich nicht sattsehen daran,
daß aus dem unscheinbaren Stück Stoff in der Hand des
großen blonden Mannes immer wieder diese
furchteinflößende Maske wurde.
Macabros der den dauernden Wechsel mitmachen mußte,
beschwerte sich aus der Ferne.
»Ich würde sagen, jetzt reicht’s«, schlug er
Hellmark vor. »Wenn du so weitermachst, nehmen sämtliche
Dämonen, falls sich welche in der Nähe aufhalten, die Maske
nicht mehr ernst und halten sie in Zukunft für ein Spiele
zeug…«
Daß es nicht so war, zeigte sich wenige Sekunden
später.
Er hörte hinter der anderen Verkaufsbude, der er bei seiner
›Vorführung‹ kurz den Blick zuwandte, ein dumpfes,
klagendes Stöhnen und fuhr zusammen.
Da stieg im Schatten hinter der Bude eine schwefelgelbe Wolke
auf.
Ein Dämon verging!
Der Nebelstreifen waberte in die Höhe, zog ein verwehendes
Klagen mit sich. Beides erlosch nach wenigen Sekunden, ohne daß
Außenstehende in der Kürze der Zeit in diesem abgelegenen
Winkel zwischen zwei
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