Macabros Neu 01 - Der Leichenorden von Itaron
geschehen war, dieser – wie hieß sie noch gleich? – Emily, die Wirell begleitet hatte.
Er kicherte. Ri-la’rh hatte ganze Arbeit geleistet, und die geheimnisvolle Magie, die das Schloss bis in den letzten Winkel erfüllte, hatte das Übrige getan.
Der Empfangsraum war völlig leer. Der Dämon hatte die Leiche vollkommen in sich aufgenommen.
Bornier öffnete das Portal. Im ersten Moment war er maßlos enttäuscht. Kein neues Opfer stand vor der Tür. Stattdessen blickte er mitten ins Gesicht des Journalisten Andreas Bottlinger.
»Herr Bornier«, sagte Bottlinger. »Entschuldigen Sie die Störung … Ich weiß, mein regulärer Besuch wäre erst wieder in einigen Wochen fällig. Aber es gibt gute Nachrichten. Darf ich eintreten?«
Bornier nickte beiläufig. »Kommen Sie herein.«
Bottlinger wieselte in den Flur und plapperte unablässig weiter, wie es seine Art war. »Um gleich zur Sache zu kommen – es ist mir gelungen, auch ausländische Zeitungen für unsere Artikelserie zu interessieren. Außerdem will ein renommiertes Künstlerblatt über Sie berichten! Das nenne ich einen großartigen Erfolg. Innerhalb so kurzer Zeit so viele Anfragen zu bekommen, ist schon etwas Besonderes. Es wird Ihnen zusätzliches Publikum für Ihre hervorragenden Bilder bringen …«
»Und Ihnen einen Haufen Geld, Herr Bottlinger«, knurrte der Maler verächtlich.
Der Journalist nickte beleidigt, ging jedoch nicht auf die Provokation ein. »Selbstverständlich beteilige ich Sie weiterhin am finanziellen Erlös. Sie erhalten die vereinbarten zehn Prozent dafür, dass ich weiterhin exklusiv über Sie und Ihre fantastischen Bilder berichten darf.«
Borniers Augen funkelten. »Sie reden von Dingen, von denen Sie nichts verstehen, Bottlinger. Meine Bilder sind nicht – fantastisch.«
»Ich wollte doch nur sagen …«
»Behalten Sie Ihre zehn Prozent. Ich brauche das Geld nicht.«
Der Journalist starrte Bornier an. »Aber das verstehe ich nicht. Wir hatten doch eine Abmachung …«
»Sie haben mich falsch verstanden. Sie dürfen sehr wohl weiter über mich berichten. Aber Sie dürfen das volle Honorar für sich behalten.«
Bottlinger schluckte. Gier trat in seine Augen. Dieser Bornier hatte eindeutig den Verstand verloren. Aber ihm sollte es recht sein. Dann würde er eben umso mehr verdienen.
»Ich will mehr Berichte«, stieß Bornier hervor, »vor allem im Ausland. Wir müssen unsere Zusammenarbeit ausweiten. Organisieren Sie Besuchstouren für die Leute, die sich wirklich für meine Motive interessieren.«
Der Journalist stand wie vom Donner gerührt. »Besuchstouren? Aber Sie wollten doch bisher nicht gestört werden.«
»Das hat sich geändert. Sie, Bottlinger, werden derjenige sein, der einmal im Monat alle Leute zu mir führt, die sich für meine Kunst interessieren. Ein exklusiver Besuch in Michael Borniers Schloss … Das müsste doch ziehen. Knöpfen Sie den Leuten eine Menge Geld dafür ab. Ich werde ihnen mein Atelier zeigen und kostenlose Übernachtungen von Freitag bis Sonntag spendieren. Ich richte die Gästezimmer im Schloss her.«
»Das klingt wunderbar!«, stammelte Bottlinger. »Noch besser, als ich annahm.«
Bornier schlug ihm auf die Schulter. Die Geste wirkte seltsam unecht. Dass dabei kleine Nebelschwaden aus den Fingerkuppen drangen, nahm Bottlinger nicht wahr, aber er spürte, dass mit Bornier etwas nicht in Ordnung war.
»Sind Sie wirklich sicher, dass ich diese Besuchstouren organisieren soll?«
»Auf jeden Fall! Und ich will, dass Sie noch heute damit anfangen!« Bornier drängte den Journalisten zur Tür. Dabei quoll ein dünner Streifen Nebel aus seinem Ohr und kroch unter Bottlingers Jacke. »Verschwenden Sie keine Zeit, Bottlinger. Sie müssen jetzt sowieso gehen, da ich weiter an meinen Bildern arbeiten muss.«
Bornier schob den verdatterten Journalisten hinaus und warf die Tür hinter ihm ins Schloss. Die Zungenspitze huschte über Borniers schmale Lippen, und er bleckte die gelben Zähne zu einem hämischen Grinsen.
Bottlinger trug jetzt einen Teil von Ri-la’rh in sich. Er würde tun, was Bornier ihm befohlen hatte.
Besuchstouren … Opferfeste … Rha-Ta-N’my würde zufrieden sein, und Ri-la’rh blieb nichts anderes übrig, als sich Borniers Willen zu beugen. Mehr Menschen mussten den Weg durch die Bilder antreten! Viel mehr!
Und das Unheil würde seinen Lauf nehmen …
»Itaron«, sagte Al Nafuur in Björns Gedanken, »trägt seinen Beinamen aus einem ganz bestimmten
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