Macabros Neu 01 - Der Leichenorden von Itaron
Kutte, auf der mysteriöse Zeichen in blutigem Rot abgebildet waren.
»Lass ihn frei!«, befahl der Knochenmann. Das elefantengroße Knochenmonstrum stampfte beiseite, als sei es ein Haustier, das seinem Herrn gehorchte. »Wie heißt du?«, knarrte die hohle Stimme des menschlichen Gerippes.
Der Mann schob sich auf allen Vieren einen Meter beiseite, brach dann zusammen.
Das Skelett in der Kutte beugte sich herab, packte den Menschen und riss ihn brutal in die Höhe. »Dein Name!«
»A…Alexander Wirell«, ächzte der Mann. »Wo – wo bin ich?«
»Dann bist du der Richtige!«
Der Knöcherne lachte hohl, wandte sich um und schleifte den Menschen mit sich, als wäre dieser leicht wie eine Feder.
Anna kauerte sich an den Stamm und sah den beiden Monstern nach, wie sie sich mit dem Gefangenen entfernten. Sie konnte kaum fassen, dass sie nicht entdeckt worden war, aber sie verspürte keine Erleichterung deswegen, nur panische Angst. Sie musste weg von hier, aus diesem Albtraum irgendwie entkommen, dies alles hinter sich lassen!
Andererseits dachte sie an den fremden Mann, der sich jetzt in der Hand der Knochenbestien befand. Er würde sterben, wenn sie ihm nicht zu Hilfe kam.
Anna traf eine Entscheidung, von der sie wusste, dass sie nicht aus der Vernunft geboren war. Sie verließ ihre Deckung und hetzte zwischen den Knochenbäumen entlang hinaus in die menschenfeindliche Steinwüste – allein in einer unheimlichen Welt, in der nur eins auf sie lauerte.
Der Tod!
Michael Bornier tat das, wozu er geboren worden war – er malte. Malte für die große Dämonengöttin Rha-Ta-N’my, um das gewaltige Werk zu vollenden. Er konnte kaum glauben, dass ausgerechnet er auserwählt worden war.
Während er mit beschwingten und doch abgehackten Bewegungen die Konturen des Hintergrunds verfeinerte, quoll Ri-la’rh aus seinem Schädel. Der Nebeldämon umwölkte ihn. Der Maler ließ sich nicht abhalten und arbeitete wie besessen weiter.
»Bornier«, sagte Ri-la’rh. Die Stimme quoll wie feiner Sirup durch den Nebel. Es gab keinen speziellen Ort, an dem sie entstand.
»Verschwinde«, zischte der Maler. »Deine Arbeit ist fürs Erste getan!«
»Es geht zu schnell«, tröpfelte die Stimme von überall her. »Wir dürfen unsere Feinde nicht auf uns aufmerksam machen. Noch müssen wir im Verborgenen handeln!«
»Sei still«, grollte Bornier und tauchte den Pinsel in hell leuchtendes Gelb. Damit setzte grelles Licht hinter eines der Fenster. Er würde eine Frau andeuten, die dahinter ins Freie sah, mit ängstlichem Gesichtsausdruck … so war es richtig!
»Du wirst mir gehorchen!«, verlangte der Dämon. »Sei klug, Sklave, so wie Rha-Ta-N’my stets klug war!«
»Sklave.« Michael Bornier lachte. »So hast du mich nicht zu nennen. Was willst du tun? Mich … töten? Und wer dient dir dann als Wirt?«
»Der Plan darf nicht außer Kontrolle geraten!«, erwiderte Ri-la’rh, ohne auf Borniers Antwort einzugehen. »Wir verlieren den Überblick, wenn du nicht langsamer vorgehst!«
»Endlich läuft es«, murmelte Bornier abwesend, »und die herrliche Göttin der Finsternis jubiliert.«
»Du hast den Verstand verloren!«, zischte der Dämon.
Bornier kicherte, als das harte, durchdringende Pochen vom Eingangsportal her durch das Schloss gellte. Offenbar war schon wieder jemand angereist, den die verborgene Erinnerung gelockt hatte. Es war wunderbar. Seit es Andreas Bottlinger, dem Journalisten, gelungen war, seine Berichte über den »sonderbaren und verkannten Künstler Michael Bornier« an zahlreiche Zeitungen zu verkaufen, kamen immer mehr Menschen ins Schloss. Manche eigneten sich für den grausamen Zweck, dem Bornier sich verschrieben hatte, andere nicht. Sie alle rannten jedoch genau in ihr Verderben und ahnten es nicht einmal.
Diese Narren!
Der Maler eilte, so schnell es seine alten Beine zuließen, die Treppe hinab. »Ich komme«, rief er seinem unbekannten Gast entgegen, »ich komme!« Er rieb sich die Hände in gieriger Vorfreude auf ein neues Opfer.
Ri-la’rh hingegen zog sich zurück. Dem Nebeldämon blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten. Bornier verhielt sich nicht so, wie er es verlangte – aber der Maler hatte recht. Der Dämon benötigte einen Wirt, um in dieser Welt aktiv werden zu können, und so konnte er Bornier für seinen Ungehorsam nicht angemessen bestrafen.
Im Vorbeilaufen warf Michael Bornier einen Blick in den Empfangsraum. Er wollte sich vergewissern, was mit der Leiche des Mädchens
Weitere Kostenlose Bücher