Macabros Neu 02 - Athkrala - Seuchengezuecht des Molochos
lernen …
Doch dazu sollte es nach dem Willen seiner Feinde nicht kommen. Ein ohrenbetäubendes Brüllen gellte durch den Dschungel. Björn versteifte sich, riss das Schwert des Toten Gottes hervor. Er machte sich für einen Kampf bereit.
Der kreatürliche Schrei kam ihm bekannt vor. Er war sicher, dass er nicht nur aus einer Kehle drang. Der letzte Gedanke weckte die Erinnerung – dies war das Brüllen des dreiköpfigen, löwenartigen Monstrums, das ihn schon einmal attackiert hatte. Der Hundertste hatte vor den Grenzen des Landes eingegriffen und ihn gerettet.
Aber diesmal würde es nicht so einfach werden. Denn der infernalische Laut wurde beantwortet … und im nächsten Moment brachen drei dieser Bestien durch das Unterholz und jagten auf Björn und den Torrax zu!
Anna Huber fror.
Noch immer spürte sie am ganzen Körper nichts, von jener Stelle im Bein abgesehen, und dieses fühlte sich mittlerweile so an, als wäre es in Eis gebettet worden – vielleicht von einem verrückten Wissenschaftler, um ein bizarres Experiment am lebenden Menschen durchzuführen …?
Zuerst hatte es gepocht, dann war der dumpfe Schmerz einer Taubheit gewichen – inzwischen glaubte Anna manchmal, das Bein würde in lodernden Flammen stehen. Sie hatte schon davon gehört, dass man ab einer gewissen Intensität Hitze und extreme Kälte nicht mehr voneinander unterscheiden könnte, aber sie hatte es nicht für möglich gehalten.
Nun wurde sie auf entsetzliche Art und Weise eines Besseren belehrt.
Das Verrückte daran war, dass sie außer ihrem Bein keinen Teil ihres Körpers wahrnehmen konnte. Zwar sah sie ihn inzwischen, weil sich ihre Augen hinlänglich an das wenige fahle Licht gewöhnt hatten, das vom pulsierenden Strang des Seuchengezüchts ausging, aber die Tatsache, dass sie ihn sah, genügte ihr nicht als Beweis dafür, dass er wirklich existierte. Oder dass sie noch mit ihm verbunden war.
Vielleicht war sie ja gestorben? War dies etwa – der Tod?
Schwebte ihre Seele über der vergangenen fleischlichen Hülle? Und glaubte sie nur, ihr Bein zu spüren, weil sie sich noch immer an ihr Leben klammerte?
Sie hatte in Zeitschriften viele Berichte von Menschen gelesen, die für kurze Zeit klinisch tot gewesen waren. Männer und Frauen, deren Aussagen wissenschaftlich überprüft worden waren, hatten erzählt, wie sie eine Situation durchlitten hatten, die der von Anna zumindest ähnelte. Sie hatten über ihren Körpern geschwebt und in einem gänzlich anderen Blickwinkel auf die Personen geschaut, die sich mit ihnen im selben Raum befanden. Ärzte, Angehörige … Sie hatten sie quasi von oben gesehen, hatten beobachtet, wie Ehefrauen weinten oder Mediziner den Todeszeitpunkt bekannt gaben. Und hatten einige nicht davon geredet, dass sie mit einer Art Nabelschnur, einem ektoplasmatischen Etwas, das für niemanden sichtbar gewesen war, noch mit diesem Körper verbunden gewesen waren? Ein letzter Halt gewissermaßen, über den die Seele dann doch noch einmal den Weg zurück in den Leib gefunden und alle Wissenschaftler vor ein Rätsel gestellt hatte?
Solche Berichte wurden ins Reich der Phantasie abgetan, man hielt es für Halluzinationen von mit Sauerstoff unterversorgten Gehirnen. Dass dennoch Rätsel blieben, die niemand zu lösen vermochte, stand dabei auf einem anderen Blatt. Wissenschaftlich wurden solche Mysterien leicht totgeschwiegen, und doch fanden Betroffene oft einen Weg, ihre Erfahrungen einer interessierten Öffentlichkeit weiterzugeben.
Anna Huber, das hübsche, voll im Leben stehenden Model, hatte das belächelt, wenn sie davon gelesen hatte, beim Frisör oder im Beauty-Salon. Inzwischen sah sie das anders, denn was sie erlebte, seit im Schloss des verrückten Malers Michael Bornier ihre Odyssee begonnen hatte, hatte ihr Leben auf den Kopf gestellt. Es erschien ihr widersinnig, dass sie je so viel Wert auf ihr Äußeres gelegt, dass ihr etwa eine Hautunreinheit so viel Sorge bereitet hatte …
Inzwischen wusste sie, was wirklich zählte. Sie wollte einfach nur leben. Leben und auf die Erde zurückkehren, in ihre wirkliche Existenz. Ob sie sich dort wieder zurechtfinden konnte nach allem, was sie inzwischen über die Dinge wusste, die jenseits der scheinbaren Wirklichkeit lauerten, darüber dachte sie nicht nach.
Vor ihren ungläubig starrenden Augen begann das Seuchengezücht stärker als zuvor zu pulsieren. Von irgendwo in der Dunkelheit trieben weitere Fäden der schleimigen Masse heran, vereinigten
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