MacAllister 6 Die schottische Wildkatze
wichtig, dass wir sie finden und zu ihm zurückbringen.« Er warf Cat einen bedeutungsschwangeren Blick zu, die ihrerseits die unschuldigste Miene aufsetzte, zu der sie fähig war.
»Ach«, sagte Cat mit einer gelungenen Nachahmung von Lochlans schwerem schottischem Akzent. »Ihr denkt doch wohl nicht etwa, ich sei eine französische Prinzessin, oder?« Sie machte einen Schritt zu Lochlan und legte ihm die Arme um die Mitte. ‘‘Es schmeichelt mir natürlich, aber leider sind hier nur ich und mein Gatte.«
Der Soldat runzelte die Stirn. »Aber Ihr Name lautet Catarina?«
»Catriona. Das klingt für französische Ohren sicher zum Verwechseln ähnlich, aber es ist nicht derselbe Name.«
Er nickte, und die Erleichterung war ihm deutlich anzusehen. »Verstehe. Bitte um Verzeihung für die Störung.«
Cat wagte nicht zu atmen, bis der Mann die Tür geschlossen hatte und sie hörte, dass seine Schritte sich entfernten.
Lochlan schaute sie immer noch unter zusammengezogenen Brauen an. »Wo hast du den Akzent her?«
Sie krauste die Nase. »Ich höre dir und deinen Brüdern zu. So etwas fällt mir sehr leicht.«
»Das kann man wohl sagen. Es klang einen Moment lang, als seiest du dort geboren. Catriona - das war sehr geistesgegenwärtig.«
Sie machte einen Knicks. »Ich bemühe mich.«
Sie sah das Feuer in seine Augen zurückkehren, ehe er sich ent- schuldigte und sie im Zimmer allein ließ, damit sie sich ausruhen konnte. Er war so schnell fort, dass sie noch nicht einmal Zeit hatte, etwas zu sagen.
Sein Verhalten hätte sie weit mehr amüsiert, würde sie nicht in seiner Nähe unter derselben Hitze leiden. Er hatte etwas an sich, etwas Beunruhigendes und Begehrenswertes, sodass sie sich nur mit Mühe davon abhalten konnte, ihn zu zwingen, sie zu küssen.
Vergiss nicht, dass du ihn hasst. Er verkörpert alles, was du an einem Mann verabscheust.
Aber er war gut zu einem fremden Bauernjungen, und er beschützte sie. Jeder Mensch hatte seine Fehler. Er hatte nur mehr als die meisten anderen. Aber davon einmal abgesehen, halfen seine positiven Seiten doch sehr, das Gesamtbild aufzuwerten.
Sie schob den Gedanken beiseite und ging zu seinen Satteltaschen, um nachzusehen, ob er darin etwas hatte, mit dem sie sich stärken konnte, bis das bestellte Essen kam. Sie war ihren Wachen vorhin entkommen und hatte den ganzen Tag keine Gelegenheit gehabt, etwas zu sich zu nehmen. Ehrlich gesagt war sie halb verhungert.
Als sie an den Fenstern vorbeikam, wurde ihre Aufmerksamkeit auf die Soldaten draußen gelenkt. Da entdeckte sie einen Mann, den sie kannte, und ihr Herzschlag setzte aus.
Myles D’Anjou.
Sie lief zurück zum Bett, weg vom Fenster. Sie schloss die Augen, sandte ein kurzes Stoßgebet gen Himmel, dass er gehen würde, ehe er sie sah. Warum war er überhaupt hier? Warum sollte ein Adeliger mit gemeinen Soldaten reisen, um sie zu suchen?
Natürlich, um bei ihrem Vater gut dazustehen. Myles’ Familie hatte ihren Vater verärgert, weil sie sich bei irgendeiner Angelegenheit auf die Seite König Henrys geschlagen hatte, seitdem war ihr Vater ihnen gegenüber argwöhnisch.
Am liebsten hätte sie ihr Pech verflucht. Myles war der Erste von den Höflingen ihres Vaters gewesen, der eine Heirat aufs Tapet gebracht hatte. Glücklicherweise hatte ihr Vater seinen Antrag ausgeschlagen. Er traute dem Mann nicht - ebenso wenig wie sie. Myles würde sie ohne zu zögern ausliefern.
Oder schlimmer noch, er würde am Ende gar versuchen, etwas zu tun, das ihren Vater dazu zwang, sie ihm zur Frau zu geben.
Wie gerne hätte sie Lochlan von seiner Anwesenheit hier erzählt, ihn gewarnt. Aber wie sie ihren Highland-Lord kannte, würde er ohnehin nicht mit dem Mann reden.
Du machst dir grundlos Sorgen.
Sie hoffte nur, dass das stimmte. Möge Gott ihr beistehen, wenn Myles Lochlan träfe und von ihrer Gegenwart hier erführe.
"Verzeihung?«
Lochlan blieb stehen, als er den Laden gerade verlassen wollte, und sah einen Mann, der vielleicht einen Kopf kleiner war als er, auf sich zukommen. »Kann ich Euch helfen?«
Er war von vornehmer Herkunft, wenn Lochlan sich nicht völlig irrte,aber nicht reich. Obwohl seine Stiefel aus feinem Leder waren, zeigten sie doch deutliche Spuren von Abnutzung und Alter. Sein dunkelblauer Waffenrock und die Beinkleider zeugten ebenfalls von einem höheren Stand, aber sie besaßen nur einfache Verzierungen, nicht so üppige, wie Leute mit mehr Geld sie bevorzugten. Selbst sein Schwert war alt und
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